

Zusammenfassung
Einleitung: In den letzten 20 Jahren wurden zahlreiche minimalinvasive Behandlungsalternativen zur transurethralen Resektion der Prostata (TUR-P) entwickelt. Unterschieden werden primär ablative und sekundär ablative Verfahren. Primär ablative Verfahren verwenden Hitze zur direkten Vaporisation oder Resektion. Sekundär ablative Verfahren erzeugen eine Koagulationsnekrose, die später abgebaut wird. Diese Übersicht bewertet die unterschiedlichen Verfahren. Methoden: Selektive Literaturrecherche in PubMed der Jahre 1986 bis 2006, ergänzt durch Handrecherchen von Übersichtsartikeln und Empfehlungen nationaler und internationaler Leitlinien. Ergebnisse: Die Symptomlinderung ist das primäre Ziel jeder Therapie beim benignen Prostatasyndrom (BPS) und ist bei allen Verfahren vergleichbar mit der TUR-P. Mit Ausnahme der hochenergetischen transurethralen Mikrowellen-Thermotherapie (Hochenergie-TUMT) sind die Behandlungsergebnisse bei allen Verfahren von den Fähigkeiten des Anwenders abhängig. Besonders sekundär ablative Verfahren, mit Ausnahme der Hochenergie-TUMT mit Temperaturfeedback, erfordern im Vergleich zur TUR-P in der Langzeitbeobachtung häufiger medikamentöse oder operative Re-Interventionen und gelten daher als weniger effektiv. Schlussfolgerung: Minimalinvasive Behandlungsalternativen zur TUR-P können für einen breiten Indikationsbereich empfohlen werden. Ein klarer Vorteil besteht bei Hochrisikogruppen. Eine Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen soll bei der Entscheidung über künftige Kostenerstattung helfen.
Dtsch Arztebl 2007; 104(37): A 2501–10
Schlüsselwörter: Prostatahyperplasie, Therapiekonzept, chirurgische Therapie, minimalinvasive Therapie, Lasertherapie
Summary
Alternative, Minimally Invasive Treatment of Benign Prostatic Hyperplasia
Introduction: Over the past 20 years, a variety of minimally invasive methods of transurethral resection of the prostate (TURP) have been developed. In general, primary ablative procedures can be distinguished that use heat to either vaporate or resect prostatic tissue directly, from secondary ablative procedures, that induce a coagulating necrosis, which later will be resorbed. Methods: Selective literature review of PubMed from 1986 to 2006 and hand searching of review articles and national and international guidelines. Results: The main aim of benign prostatic hyperplasia (BPS) treatment is symptom control, and all available procedures are equivalent in efficacy to TURP. With the exception of high energy transurethral microwave thermotherapy of the prostate (TUMT), the outcome of all procedures are user dependent as they are with TURP. Secondary ablative procedures, in particular, have been shown in studies with long-term follow up to require more frequent re-interventions than TURP, and are therefore considered less effective. However, this does not account for high energy TUMT with temperature feedback. Conclusion: Minimally invasive treatment may be considered as an alternative to TURP across a wide range of indications. These methods have obvious advantages in patients with high operative risk. Their efficacy is currently being evaluated by the German Institute for Quality and Efficiency in Healthcare, and the outcomes of this evaluation may influence future reimbursement in Germany.
Dtsch Arztebl 2007; 104(37): A 2501–10
Key words: prostatic hyperplasia, therapy, surgery, minimally invasive therapy, laser therapy
Transurethrale operative Techniken beim benignen Prostatasyndrom (BPS) beseitigen oder reduzieren eine prostatabedingte Obstruktion, indem hyperplastische periurethrale Drüsenanteile entfernt werden. Die Tabelle 1 a, b informiert über die verfügbaren Techniken. Die transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P) gilt als Referenzmethode, die technisch stetig verbessert wurde. Trotz dieser Verbesserungen bleibt die TUR-P ein Verfahren mit langer Lernkurve, das stark von den Fähigkeiten des Operateurs abhängt.
Häufigste Fehlerquellen sind die unzureichende sofortige Blutstillung während der Resektion, wodurch die Sicht beeinträchtigt wird, gegebenenfalls Resektionsgrenzen nach distal überschritten werden und der Schließmuskel verletzt werden kann. Durch ein zu tiefes Resezieren werden größere Venensinus eröffnet. Hierdurch kann es zur Einschwemmung mit der Folge einer hyponatriämischen Hypervolämie (TUR-Syndrom) und der Verletzung der Nervenbündel mit resultierender erektiler Dysfunktion kommen. Weitere Fehler sind ein zu hoher Einspüldruck (TUR-Syndrom) und ein zu langsames Resezieren, wodurch es zur Schädigung der Harnröhre und zu Strikturen kommen kann. Postoperativ können zum Teil transfusionspflichtige Blutungen auftreten. Bei Patienten mit relevanter Begleitmorbidität, hohem Anästhesierisiko oder Antikoagulationstherapie muss von der Durchführung der TUR-P abgesehen werden. (Höfner et al. Dtsch Arztebl 2007; 104[36]: A2424–9).
Aus diesen Gründen, und um die anwenderseitige Sicherheit der transurethralen Gewebeablation zu erhöhen, wurden in den letzten 20 Jahren zahlreiche minimalinvasive Behandlungsalternativen entwickelt. Alle erheben den Anspruch, die Symptomatik und Lebensqualität sowie die Blasenentleerungsparameter Harnstrahl, Restharn und Miktionsdruck genauso gut zu verbessern wie die TUR-P, allerdings bei geringerer Invasivität und reduzierter Morbidität. Dazu wurden unterschiedliche thermische Verfahren zu Gewebeablation entwickelt (
1). Grundsätzlich werden Operationsverfahren, bei denen Gewebe direkt entfernt wird – die primär ablativen Verfahren (
Tabelle 1a) – von solchen unterschieden, bei denen eine Hitzenekrose erzeugt wird, die langsam vom Körper abgebaut wird. Hierbei handelt es sich um sekundär ablative Verfahren (
Tabelle 1b). Dieser Artikel fasst die bis heute publizierten Ergebnisse dieser unterschiedlichen Therapieverfahren zusammen (
2) .
Methoden
Grundlage für diese Übersichtsarbeit war eine selektive Literaturrecherche in PubMed von 1986 bis 2006, die durch Handrecherchen von Übersichtsartikeln ergänzt wurde. Die Suchbegriffe beinhalteten alle üblichen Termini der einzelnen minimalinvasiven Techniken sowie allgemeinere Suchbegriffe für operative Verfahren bei benignem Prostatasyndrom. Für die Bewertung wurden ausschließlich publizierte Studien aus Peer-Review-Zeitschriften herangezogen. Verfahren wurden berücksichtigt, wenn es publizierte randomisierte Vergleichsstudien zur TUR-P gab. Diese Daten wurden durch Publikationen aus nicht randomisierten Studien ergänzt. Weiterhin wurden die Empfehlungen der Leitlinien der Deutschen Urologen in der Fassung von 2003 sowie der Leitlinien der European Association of Urology, der American Urology Association und die „International Consultation on Prostatic Diseases 2006“ berücksichtigt.
Transurethrale Laserverfahren
Moderne Laseranwendungen nutzen prinzipiell die Technik der TUR-P (
Tabelle 2). Statt einer Resektionsschlinge wird über ein modifiziertes Resektoskop eine Laserfaser bewegt, die in Abhängigkeit vom verwendeten Laser bei primär ablativen Verfahren zur Vaporisation beziehungsweise zur Resektion des Gewebes, oder bei sekundär ablativen Verfahren zur Koagulation benutzt wird. Über die einzelnen Techniken informiert die Tabelle 1 a, b (
1). Je nach Laserart, den gewählten Laserparametern und dem Bestrahlungsmuster, das durch das Führen der Laserfaser in der Prostata bestimmt wird, ist der Therapieeffekt qualitativ und quantitativ unterschiedlich und in erster Linie abhängig vom Anwender.
Zahlreiche randomisierte und offene Studien zur interstitiellen und transurethralen Laserkoagulation und zur thermischen Vaporisation, zum Beispiel zur Kontaktlaser-Vaporisation, an über 3 500 Patienten belegen eine Wirkungsäquivalenz zur TUR-P bei geringerer Morbidität und akzeptablen Re-Therapieraten auch in den Langzeitbeobachtungen (
1,
3,
5,
6). Dennoch wird diese Form der Laseranwendung kaum genutzt. Dies liegt vornehmlich an langen Operationszeiten, den hohen Kosten und der deutlichen Abhängigkeit der Ergebnisse vom Anwender (
1,
6), was zu inkonsistenten Ergebnissen führt. Wie bei allen sekundär ablativen Verfahren ist der Heilungsverlauf auch bei der interstitiellen und transurethralen Laserkoagulation – bedingt durch das erzeugte Hitzeödem und die koagulationsbedingte Verhärtung – verzögert und macht eine temporäre postoperative Katheterableitung notwendig. Wegen dieser Nachteile wurde versucht, das Prostatagewebe durch technische oder methodische Modifikationen der Laserapplikation unmittelbar zu vaporisieren, zum Beispiel durch Erhöhung der Laserleistung oder durch Gewebekontakt. Hiermit konnten die Katheterverweilzeiten erheblich reduziert werden. Anfang der 1990er-Jahre wurde mit dem Ho:YAG-Laser ein neues Lasersystem, und mit der Entdeckung der nahezu blutungsfreien Schneideeigenschaften dieses Lasers bei urologischen Anwendungen eine neue Resektionstechnik in die BPS-Therapie eingeführt – die Holmiumlaser-Enukleation der Prostata (Ho-LEP) (
8,
9) (Tabelle 1a,
Grafik 1).
Die Holmiumlaser-Enukleation erwies sich in zahlreichen offenen Studien bei mehr als 3 000 Patienten sowie in 8 randomisierten Vergleichsstudien gegen die TUR-P und gegen die offene Adenomenukleation, bei sehr großvolumigen Prostatae bezüglich der Symptomverbesserung und allen objektiven Miktionsparametern als ebenbürtig oder überlegen (
9). Ein zusätzlicher Vorteil war die erheblich geringere Morbidität bei deutlich geringerer Katheterverweilzeit, Krankenhausverweildauer und geringeren Kosten in den USA und Neuseeland. Als wesentliche Nachteile werden die anfangs längere Operationsdauer und die lange Lernkurve beschrieben, die dadurch zustande kommt, dass sich die Technik erheblich von der herkömmlichen TUR-P unterscheidet. Eine weitere Neuerung ist die „fotoselektive“ Laservaporisation der Prostata („Greenlight“-Laser). Hierbei nutzt man das Wirkungsprinzip der Vaporisation, und die Technik ähnelt der Elektrovaporisation.
Obwohl bisher relativ wenig Studiendaten vorliegen, Langzeitergebnisse fehlen und die Investitionskosten und die Kosten für die Verbrauchsmaterialien vergleichsweise hoch sind, fand dieser Lasertyp im Gegensatz zu seinen Vorgängern relativ schnell hohe Akzeptanz (
7). Es ist dabei nicht erkennbar, inwiefern die Vaporisation mit grünem Laserlicht schneller vonstatten gehen soll als mit infrarotem Laserlicht oder anderen Laserquellen (Diodenlaser) oder der erheblich kostengünstigeren Anwendung von Hochfrequenzstrom (Elektrovaporisation), denn die für die Vaporisation benötigte Energiemenge ist von der Leistung und der Applikationszeit und nicht von anderen Parametern, insbesondere nicht der Art der Energie, abhängig.
Transurethrale Nadelablation
Bei der transurethralen Nadelablation (TUNA) wird eine Radiofrequenznadel transurethral unter Sicht an definierten Positionen in die Prostataseitenlappen eingebracht und erzeugt dort einen konischen Nekrosehof (Tabelle 1b). Die Zahl der Nadelapplikationen, die vom Prostatavolumen abhängig ist, und die korrekte Nadelpositionierung sind entscheidend für die Größe des erzielten Koagulationsvolumens (
Grafik 2). Überlappende Applikationszonen oder ausgesparte Behandlungsgebiete verschlechtern die Behandlungsergebnisse. Große Prostatavolumina und Mittellappen sind ungeeignet für die TUNA. Die Behandlungsevidenz für TUNA stützt sich auf 3 publizierte prospektive randomisierte multizentrische Vergleichsstudien zur TUR-P (
Tabelle 3) mit einem Follow-up von bis zu 5 Jahren, überwiegend aber aus offenen prospektiven Studien mit circa 600 behandelten Patienten mit einem Follow-up, das in einer Untersuchung 5 Jahre erreicht, sowie einer Metaanalyse (
10). Die Behandlungsergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden: TUNA erzielt eine signifikante und anhaltende Reduktion sowohl objektiver Behandlungsparameter wie Restharnbildung, Harnstrahlverbesserung und Desobstruktion und verbessert die Symptome. Direkte Vergleichsstudien zeigen, dass der Effekt hinsichtlich Harnstrahlverbesserung, urodynamisch gemessener Desobstruktion und Restharnvolumenreduktion kleiner ist als nach TUR-P. Eine Reduktion des Prostatavolumens ist kaum zu beobachten. Komplikationen nach TUNA sind selten. Sowohl die Erektion als auch die Ejakulation bleiben – bedingt durch die eher moderaten ablativen Effekte – in der Regel unbeeinträchtigt. Eine permanente Inkontinenz wurde bislang nicht beschrieben. In den randomisierten Vergleichsuntersuchungen war die TUR-P mit einer erheblich höheren Morbidität assoziiert (
11).
In den randomisierten Vergleichsstudien mit Langzeitbeobachtung mussten innerhalb der Beobachtungszeit von 5 Jahren nach TUNA 14 % der Patienten nachoperiert werden, aber nur 2 % nach TUR-P (
12). Die einzige offene prospektive Untersuchung mit einem Follow-up von 5 Jahren zeigte, dass von 176 primär mit TUNA behandelten Patienten 23 % (
41) nachbehandelt werden mussten, davon 16 % (
29) operativ (
13).
Transurethrale Mikrowellen-Thermotherapie
Nur die hochenergetische transurethrale Mikrowellen-Thermotherapie (TUMT) zählt zu den ablativen Operationsverfahren (
Tabelle 4). Sie erzeugt bei Temperaturen > 55 °C eine periurethrale Koagulationsnekrose, die in der Folge abgebaut wird (
14). Die Behandlung kann in Sedoanalgesie oder lokaler Betäubung und ambulant erfolgen. Das postoperativ auftretende Hitzeödem macht wie bei allen sekundär ablativen Verfahren eine temporäre Harnableitung erforderlich. Es gibt über 15 verschiedene Hochenergie-TUMT-Systeme, von denen nur für 4 Geräte Behandlungsdaten publiziert wurden.
Publizierte Evidenz aus randomisierten Vergleichsstudien zur TUR-P – durchgeführt mit herkömmlicher TUMT (ohne Temperaturfeedback) – stammt aus 6 Studien mit insgesamt 254 behandelten Patienten und einer Nachbeobachtungszeit von bis zu 4 Jahren, sowie mehreren offenen prospektiven Multicenterstudien mit einem Follow-up von bis zu 5 Jahren (Tabelle 3). Diese Behandlungsdaten zeigen, dass sich alle typischen BPS-Parameter auch im Langzeitvergleich signifikant verbessern. Deutlich geringer als nach TUR-P sind die Ergebnisse hinsichtlich Harnstrahlverbesserung und Prostatavolumenreduktion. Allerdings war in allen Vergleichsuntersuchungen auch die Behandlungsmorbidität, vornehmlich Erektions- und Ejakulationsstörungen, nach TUMT signifikant geringer als nach TUR-P (
15).
Bei der herkömmlichen Hochenergie-TUMT kann während der Behandlung nicht abgeschätzt werden wie hoch der Hitzeabstrom durch den intraprostatischen Blutfluss ausfällt. Dadurch ist es möglich, dass die Temperatur nicht ausreicht, um eine Hitzenekrose in ausreichend großen Arealen auszubilden. Die Folge sind große Variationen im Behandlungsergebnis. In einer Vergleichsstudie musste bei 22 % der TUMT- und bei 11 % der TUR-P-Patienten erneut interveniert werden; in einer offenen prospektiven Untersuchung bei 22 %, in beiden Behandlungsarmen bereits nach 3 Jahren. 5-Jahres-Daten aus einer Prospektivuntersuchung zeigten, dass inzwischen 18 % der Patienten operativ und weitere 14 % medikamentös nachbehandelt wurden (
15). Die Hochenergie-TUMT mit intraprostatischem Temperaturfeedback (
Abbildung) erlaubt eine kontrollierte individuelle Anpassung der Mikrowellenleistung und Behandlungsdauer während der Therapie zur Kompensation des durchblutungsbedingten Hitzeabtransports (
16,
17). Die mit herkömmlicher TUMT zu beobachtenden großen Variationen im Behandlungsergebnis konnten so minimiert werden.
Dieses Verfahren zeigt im direkten Vergleich zur TUR-P in prospektiven multizentrischen Untersuchungen mit einer Langzeitbeobachtung > 5 Jahre bei über 100 TUMT-behandelten Patienten äquivalente Ergebnisse in allen Behandlungsparametern – abgesehen vom Prostatavolumen – einschließlich der Re-Interventionsraten, bei gleichzeitig signifikant geringerer Behandlungsmorbidität (
16).
Schlussfolgerung
Minimalinvasive Techniken zur BPS-Therapie haben eine gewisse Bedeutung erlangt. Die genannten Verfahren sowie die TUR-P überlappen sich weitgehend in ihren Indikationsbereichen. Der Indikationsbereich einzelner Verfahren, zum Beispiel HoLEP für sehr großvolumige Prostatae, geht über denjenigen der TUR-P hinaus und entspricht auch demjenigen der offenen Enukleation. Für die meisten der angeführten Verfahren wurde in Studien kein individueller Indikationsbereich definiert, sie unterliegen in der Regel technisch bedingten Anwendungseinschränkungen, zum Beispiel hinsichtlich der Behandlung von Mittellappenadenomen oder bei limitiertem Prostatavolumen. Daher ist neben der Anschaffung der jeweiligen Geräte mit Ausnahme der HoLEP die Vorhaltung eines konventionellen Resektionssystems erforderlich, auch, weil für die Therapie etwaiger Therapieversager bisher kein anderer Standard definiert wurde.
Primär ablative Verfahren erzielen einen Gewebeabtrag vergleichbar mit dem der TUR-P. Bei den sekundär ablativen Verfahren ist der Gewebeabtrag geringer. Die erzielbare Linderung der subjektiv empfundenen Symptome – primäres Ziel jeder BPS-Therapie – ist allerdings bei allen Verfahren vergleichbar. Der Arbeitskreis BPH der Akademie der Deutschen Urologen hat, basierend auf den derzeit geltenden Leitlinien zur Therapie des benignen Prostatasyndroms aus dem Jahre 2003 (
2), eine Aktualisierung der Leitlinien vorbereitet, die zurzeit diskutiert wird und einen neuen Therapiealgorithmus vorschlägt, der die hier dargestellte Evidenz berücksichtigt. In diesem Behandlungsalgorithmus werden den unterschiedlichen Therapieansätzen, also der primären oder sekundären Ablation von Prostatagewebe, unterschiedliche Indikationsbereiche zugeordnet. Bei absoluten Operationsindikationen (Tabelle 1a) aufgrund des notwendigen größeren Gewebeabtrags wird den primär ablativen OP-Verfahren der Vorrang gegeben, es sei denn, Begleitumstände lassen dies nicht zu (
Grafik 3).
Mit Abnahme des Gewebeabtrags und somit der Invasivität der Operation sinkt die Behandlungsmorbidität. Besonders sekundär ablative Verfahren mit Ausnahme der Hochenergie-TUMT mit Temperaturfeedback erfordern im Vergleich zur TUR-P in der Langzeitbeobachtung häufiger medikamentöse oder operative Re-Interventionen und gelten daher als weniger effektiv. Eine Effektivitätsanalyse, die Morbidität, Re-Interventionsraten, Vorhaltungskosten mit Gerätekosten und Liegetagen sowie Nachsorgekosten mit der TUR-P vergleicht, fehlt aber in Deutschland bisher.
Die Laservaporisation, zum Beispiel Greenlight, ähnelt in der Technik der TUR-P oder der Elektrovaporisation, daher ist das Beherrschen der TUR-P Vorraussetzung zum Einsatz dieser Technik. Wesentlicher Vorteil ist ein geringeres intraoperatives Blutungsrisiko. Technikbedingt verlängert sich die Operationszeit, die Obergrenze des operablen Prostatavolumens ist im Vergleich zur TUR-P kleiner. Werden nur geringe Gewebemengen abgetragen, ist auch eine ambulante Durchführung denkbar und wird vornehmlich in den USA praktiziert. Zweifelhaft ist, ob künftig der Vorteil der Laservaporisation gegenüber der herkömmlichen Elektrovaporisation ausreicht, die wesentlich höheren Kosten zu rechtfertigen. Die Laserenukleation hat trotz erkennbarer Vorteile, inbesondere in der Therapie sehr großer Prostatae, eine lange Lernkurve, selbst wenn die TUR-P beherrscht wird. Daher haben bis heute in Deutschland nur wenige Operateure die Umstellung gewagt und größere Fallzahlen behandelt. Für beide Verfahren gilt: Wie bei der TUR-P muss die Behandlung stationär und in Narkose erfolgen, für den Patienten ergibt sich diesbezüglich kaum ein Vorteil zur TUR-P.
Interstitielle Laserkoagulation, TUNA und TUMT sind ambulant durchführbare Verfahren, mit geringerem Gewebeabtrag als nach TUR-P. Der Behandlungseffekt tritt erst nach passagerer Miktionsverschlechterung ein. Eine postoperative Harnableitung ist somit erforderlich. Dieser methodische Nachteil kann durch innovative Ableitungstechniken, wie kostengünstige temporäre Prostatastents, gemildert werden. Bei interstitiellem Laser und TUNA gilt, dass das Volumen der Koagulationsnekrose, gesteuert durch die Applikationstiefe und Zahl der Applikationen von Lasersonde oder TUNA-Nadel sowie deren genaue Platzierung, für die Qualität der Behandlungsergebnisse entscheidend ist. Damit sind diese Verfahren anwenderabhängig, was an inkonsistenten Behandlungsergebnissen abzulesen ist.
Dagegen ist die Hochenergie-TUMT weitgehend anwenderunabhängig. Die Behandlungsergebnisse stehen jedoch in engem Zusammenhang mit der tatsächlich generierten Hitze. Diese wiederum variiert durchblutungsbedingt in hohem Maße. Die Weiterentwicklung zur Hochenergie-TUMT mit Temperaturfeedback, die eine kontinuierliche intraprostatische Temperaturmessung über den Behandlungskatheter erlaubt, gleicht die methodisch bedingte Varianz der Therapieeffekte durch gezielte individuelle Anpassung der Mikrowellenleistung oder der Behandlungszeit aus und ist der TUR-P äquivalent, und zwar ohne Narkose und ohne stationären Aufenthalt. Gegenüber der TUR-P besteht nach Daten aus Schweden (
18) und den Niederlanden (
19) ein Kostenvorteil. Ob sich dieser auch in Deutschland realisieren lässt, wurde bisher nicht untersucht.
Die Erstattungsfähigkeit der alternativen Therapieverfahren ist in Deutschland trotz ausreichender Evidenz beziehungsweise eindeutiger Empfehlungen in Leitlinien (
2) noch immer ungeklärt. Derzeit liegt vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zur Nutzenbewertung dieser Verfahren ein Vorbericht vor, der nach Auffassung der Autoren erhebliche methodische Mängel aufweist. Die Autoren dieser Übersicht haben diesen Vorbericht ad extenso kommentiert und unterstützen das IQWiG bei der Erstellung eines neuen Vorberichts. Es bleibt damit weiterhin offen, inwieweit geeignete Patienten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen mit diesen Verfahren behandelt werden können.
Interessenkonflikt
Prof. Muschter erhält Zuwendungen von Argomed,GlaxoSmithKline, Wavelight, AstraZeneca, Takeda, ProstaLund, AMS, Medtronic, Bayer, Galil Medical, Misonix und Indigo-Medical. Prof. Höfner und Dr. Berges erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 1. 8. 2006, revidierte Fassung angenommen: 19. 7. 2007
Anschrift für die Verfasser
Dr. med. Richard Berges
Urologische Abteilung, PAN-Klinik Köln
Zeppelinstraße 1
50667 Köln
E-Mail: r.berges@pan-klinik.org
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt.de/english
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
www.aerzteblatt.de/lit3707
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