Politik
Herzschrittmacher und Defibrillator: G-BA beschließt Anspruch auf Zweitmeinung
Donnerstag, 19. Mai 2022
Berlin – Gesetzlich Krankenversicherte haben künftig auch vor dem planbaren Einsatz eines Herzschrittmachers oder Defibrillators Anspruch auf eine zweite ärztliche Meinung. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute beschlossen.
Auf Wunsch der Patienten können die sogenannten Zweitmeiner prüfen, ob der empfohlene Eingriff auch aus ihrer Sicht medizinisch wirklich notwendig ist. Außerdem beraten sie die Versicherten zu möglichen Behandlungsalternativen.
Nach Inkrafttreten des Beschlusses können ambulant oder stationär tätige Ärztinnen und Ärzte eine Genehmigung bei den Kassenärztlichen Vereinigungen beantragen, Zweitmeinungen abgeben und dann gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen.
Der G-BA hat sich aufgrund statistischer Auffälligkeiten zu dem Schritt entschlossen: Die Eingriffszahlen zum Einsetzen von Herzschrittmachern und Defibrillatoren sind zwischen 2008 und 2015 um 15 Prozent gestiegen – allerdings nicht gleichmäßig. Regional seien deutliche Unterschiede zu sehen, die sich medizinisch nicht erklären lassen.
„Der G-BA sieht deshalb im Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung eine geeignete Möglichkeit für Patientinnen und Patienten, sich über die medizinische Notwendigkeit sowie zu medikamentösen und körperlich weniger eingreifenden Behandlungsalternativen beraten zu lassen“, teilt das Gremium mit.
Ärzte, die für den Einsatz von Herzschrittmachern und Defibrillatoren als Zweitmeiner tätig sein wollen, müssen in der Fachrichtung Innere Medizin und Kardiologie, Innere Medizin mit Schwerpunkt Kardiologie, Herzchirurgie, Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kinderkardiologie oder Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendkardiologie qualifiziert sein.
Außerdem gelten die generellen Anforderungen des G-BA, die zweitmeinungsgebende Ärztinnen und Ärzte hinsichtlich ihrer Qualifikation und Unabhängigkeit erfüllen müssen.
Hat das Bundesministerium für Gesundheit keine rechtlichen Einwände gegen den Beschluss, tritt er mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Versicherte sollen zweitmeinungsberechtigte Fachärzte dann über die Website des ärztlichen Bereitschaftsdienstes finden können.
Kürzlich erst hatte der G-BA den Zweitmeinungsanspruch bei einer Herzkatheteruntersuchung oder einer Verödung von Herzgewebe (Ablation) beschlossen. Der entsprechende werde in Kürze in Kraft treten.
Bei planbaren Operationen haben gesetzlich Versicherte gemäß Paragraf 27b Sozialgesetzbuch V einen Rechtsanspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung. In der Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren legt der G-BA den genauen Leistungsumfang eines Zweitmeinungsverfahrens fest. Zudem wählt er aus, für welche Eingriffe dieser Anspruch besteht.
Ein rechtlicher Zweitmeinungsanspruch besteht aktuell bei den folgenden planbaren Eingriffen: Amputation beim diabetischen Fußsyndrom, Eingriff an Gaumen- oder Rachenmandeln, Eingriff an der Wirbelsäule, Gebärmutterentfernung, Gelenkspiegelungen an der Schulter, Implantation einer Knieendoprothese. © lau/aerzteblatt.de

Leserkommentare
Um Artikel, Nachrichten oder Blogs kommentieren zu können, müssen Sie registriert sein. Sind sie bereits für den Newsletter oder den Stellenmarkt registriert, können Sie sich hier direkt anmelden.