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Medizin

Neue Erkenntnisse zu Kopfbällen bei Fußballern

Freitag, 17. März 2023

/picture alliance, Joaquim Ferreira

Stockholm – Männliche Profifußballer haben einer schwedischen Studie zufolge ein rund anderthalb mal so hohes Risiko für Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen wie der Durchschnitt der Bevölke­rung. Als Ursache seien Kopfbälle anzunehmen, schreiben die Forscher im Fachmagazin Lancet Public Health (2023; DOI: 10.1016/S2468-2667(23)00027-0).

Sie hatten Gesundheitsdaten von gut 6.000 Spielern aus der schwedischen Topliga der vergangenen Jahr­zehnte ausgewertet und mit denen einer großen Vergleichsgruppe aus der Normalbevölkerung verglichen.

Von den Topspielern, die zwischen 1924 und 2019 in der höchsten Liga spielten, entwickelten demnach 9 % im Verlauf ihres bisherigen Lebens neurodegenerative Krankheiten und damit eineinhalb Mal so viele wie in der Vergleichsgruppe, wo es 6 % waren. Dieses erhöhte Risiko konnte dabei nur für Feldspieler festgestellt werden, bei Torwarten nicht.

„Im Gegensatz zu Feldspielern köpfen Torhüter den Ball nur selten, sind aber während ihrer Fußballkarriere und vielleicht auch danach ähnlichen Umgebungen und Lebensgewohnheiten ausgesetzt“, erklärte der be­teiligte Forscher Peter Ueda vom Karolinska Institutet.

Angenommen werde, dass wiederholte leichte Hirnverletzungen, wie sie durch das Köpfen des Balls verur­sacht werden können, die Ursache für das erhöhte Risiko von Fußballspielern sind. Diese Hypothese werde durch den nun festgestellten Unterschied zwischen Feldspielern und Torwarten gestützt.

Da die meisten Teilnehmer zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch lebten, liege das Lebenszeitrisiko ins­gesamt wahrscheinlich jeweils noch höher, erläutern die Wissenschaftler. Aufgeschlüsselt nach einzelnen Krankheiten entdeckten sie deutliche Unterschiede:

Während sie bei Alzheimer und anderen Demenzkrankheiten sogar ein 1,6-fach höheres Risiko (8 % versus 5 %) für die Topspieler feststellten, lag das Risiko bei Erkrankungen des motorischen Nervensystems – darunter für die Nervenkrankheit ALS – bei den Fußballern nicht höher als beim Rest der Bevölkerung. Bei Parkinson fiel es sogar niedriger aus.

„Körperliche Aktivität wird mit einem niedrigen Risiko für Demenz in Verbindung gebracht. Man könnte also vermuten, dass die potenziellen Risiken von Kopfstößen durch eine gute körperliche Fitness etwas ausgegli­chen werden“, erklärte einer der federführenden Autoren der Studie am schwedischen Karolinska Institutet, Björn Pasternak. Dies könne auch den Befund bei Parkinson erklären.

Für ihre Auswertung nutzten die Forscher das nationale schwedische Gesundheitsregister. Bei den betrachte­ten Topligaspielern waren neben Profis auch Amateure dabei, da schwedische Fußballclubs den Angaben nach erst im Laufe der 1960er-Jahre Gehälter zahlen durften.

In den vergangenen Jahren ist rund um Hirnverletzungen im Fußball eine Debatte über langfristige Schäden entbrannt. Eine Studie aus Schottland hatte sogar ein dreieinhalb mal höheres Risiko für neurodegenerative Erkrankungen bei Profifußballspielern festgestellt.

„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass Profifußballer ein höheres Risiko für diese Krankheiten im Verlauf ihres Lebens haben, auch wenn wir ein nicht ganz so hohes Risiko festgestellt haben wie die Studie aus Schott­land“, sagte Ueda.

Die schwedischen Forscher geben zu bedenken, dass ihre Ergebnisse nur begrenzt auf den heutigen Profifuß­ball übertragbar sind, weil sich der Sport verändert hat. Auf der einen Seite stehe dabei etwa ein auf weniger Kopftrauma abzielender Spiel- und Trainingsstil, etwa durch das Vermeiden von Kopfbällen nach langen Päs­sen – auf der anderen Seite könne das Risiko aber auch höher sein, da heutzutage von klein auf intensiver trainiert werde.

Auch in Deutschland ist der richtige Umgang mit Kopfbällen insbesondere bei der Ausbildung junger Spieler ein vieldiskutiertes Thema. Vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) heißt es unter anderem, dass bei Kopfbällen auf ein Schwerpunkttraining mit vielen Wiederholungen verzichtet werden solle. Zudem werde auf leichte Bälle beim Training und angepasste Spielformen gesetzt. Gänzlich verzichten wolle man auf Kopfbälle beim Jugendtraining nicht, da bei Spielen nach wie vor geköpft werde. © dpa/aerzteblatt.de

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