Politik
Mehrheit der Krankenkassen unterstützt Homöopathie
Montag, 14. Januar 2019
Berlin – Knapp 70 Prozent der Krankenkassen bieten zuzahlungsfreie Sondertarife „Homöopathie“ für ihre Versicherten an. Das berichtet der „Bundesverband Patienten für Homöopathie“ auf der Basis von Zahlen des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ). Danach haben von 110 Krankenkassen 66 Verträge mit dem Verband abgeschlossen (Stand Dezember 2018), darunter auch die Techniker Krankenkasse und die Barmer. 55 Kassen übernähmen auch die Kosten für homöopathische Arzneimittel – allerdings in unterschiedlicher Höhe.
Wollen Patienten homöopathische Leistungen in Anspruch nehmen, müssen sie zum einen bei einer teilnehmenden Krankenkasse versichert sein. Zum anderen muss ein Vertragsarzt, der über das Homöopathie-Diplom des DZVhÄ verfügt und an den Verträgen teilnimmt, die Therapie vornehmen.
Die Barmer erklärte gegenüber dem Bundesverband Patienten für Homöopathie auf Nachfrage: „Es gibt derzeit keine Pläne, unseren Versicherten homöopathische Leistungen nicht mehr wie bisher zu erstatten.“ Die Begründung: „Wir leben in einer zunehmend pluralen und selbstbestimmten Gesellschaft, in der die Vorstellungen von Gesundheit, Gesunderhaltung und Therapie nicht einheitlich gestaltet und vorgegeben werden sollten.“
Die Kasse verweist zur Absicherung ihres Homöopathieangebots auf das Sozialgesetzbuch, in dem der Gesetzgeber Leistungen wie alternative Behandlungsmethoden ausdrücklich nicht ausschließe.
Problematisch bleibt aus Sicht des Patientenverbandes das sogenannte Pausenjahr. Danach wird die Homöopathieerstattung jeweils nach zwei Jahren für ein Jahr ausgesetzt, „das heißt, die Therapie läuft weiter und die Patienten zahlen selber – oder setzen die Therapie aus“, erläutert der Verband.
Laut Barmer sei das Pausenjahr aber „für unsere Versicherten überhaupt kein Problem“. Denn da ohnehin ausschließlich Vertragsärzte die homöopathische Behandlung leiteten, stehe ihnen der Arzt weiterhin im Rahmen der Regelversorgung zur Verfügung. © hil/aerzteblatt.de

Interessant aber selektiv einseitig
Interessant an dem Artikel ist allerdings, dass er ausschließlich vom DZVhÄ erstellt wurde. Natürlich wird auch der Bundesverband Patienten für Homöopathie erwähnt, ein Verband, der bis vor einiger Zeit nicht groß zur Kenntnis genommen wurde, vielleicht auf Grund der geringen Mitgliederzahl, der aber seit kurzer Zeit wieder verstärkt in der Öffentlichkeit aktiv ist. Es mag ein großer Zufall sein, dass die plötzliche Aktivität des Verbandes just in dem Moment begann, als der ehemalige Leiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des DZVhÄ, Christoph Trapp, zum Sprecher des BPH wurde. Da ist die Nähe zum DZVhÄ natürlich naheliegend.
Ein Homöopathie-Diplom ist natürlich nur Augenwischerei, denn ein Diplom setzt einen Abschluss an einer Universitäts- bzw. Fachhochschule voraus, und da Homöopathie ein widerlegtes pseudowissenschaftliches Konstrukt ist hat dieses an Universitäten tatsächlich nichts verloren, geschweige denn sollte es mit einem akademischen Abschluss geadelt werden, da diese den Anschein erwecken könnte, es hätte irgendetwas mit Wissenschaft zu tun.
Doch das wirklich interessante ist folgende Aussage:
„Wir leben in einer zunehmend pluralen und selbstbestimmten Gesellschaft, in der die Vorstellungen von Gesundheit, Gesunderhaltung und Therapie nicht einheitlich gestaltet und vorgegeben werden sollten.“ Klingt toll. Tatsächlich sollte Gesundheit nicht einer Vorstellung unterliegen, sondern auf eindeutigen Nachweisen beruhen bzw erhalten werden, wenn man nicht auch Sonderleistungen für Voodoo demnächst übernehmen möchte. Wissenschaftliche Nachweise unterliegen keiner Mehrheitsentscheidung oder einem Zeitgeist und sind alles andere als pluralistisch, auch wenn das einige Homöopathieanhänger gerne so sehen würden.
Der weltweite Trend, die Homöopathie aus dem Gesundheitssystem zu nehmen und der Medizin gleichzustellen, indem auf eindeutigen Nachweisen bestanden wird, ist in vollem Gange, zuletzt in Spanien, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich evidenzbasiertes Denken auch in Deutschland wieder durchsetzt und Pseudomedizin aus dem Gesundheitssystem verschwindet.

Nachrichten zum Thema

Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.