Ärzteschaft
Drei Viertel der Mitarbeiter in Notaufnahmen berichten über Gewalterfahrungen
Mittwoch, 23. Januar 2019
Fulda – Körperliche Gewalt ist offenbar eine sehr häufige Herausforderung für das Personal von Notaufnahmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine interdisziplinäre Forschungsgruppe am Fachbereich Pflege und Gesundheit der Hochschule Fulda.
Ziel der Studie war, aus arbeitsmedizinischer Sicht und aus Sicht des Personalmanagements Anhaltspunkte zu liefern, welche Ressourcen zur Gestaltung der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz Notaufnahme notwendig sind. Die entsprechende Onlinebefragung richtete sich an alle Beschäftigten von 51 Notaufnahmen in Hessen. 354 Personen füllten den Fragebogen vollständig aus.
Knapp 76 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens eine Form körperlicher Gewalt erlebt zu haben. Bei der verbalen Gewalt liegen die Zahlen noch höher. Hier bestätigten 97 Prozent der Befragten, im Laufe der vergangenen zwölf Monate mindestens eine Form verbaler Gewalt erlebt zu haben. Jeder zweite Befragte (52 Prozent) gab zudem an, mindestens einer Form sexualisierter Gewalt ausgesetzt gewesen zu sein.
Die Gewalterfahrungen sind dabei keine singulären Ereignisse: Von jenen Personen, die in den vergangenen zwölf Monaten eine oder mehrere Formen verbaler Gewalt erlebt hatten, sagten 61,8 Prozent, diese täglich oder wöchentlich zu erleben. Bei körperlicher Gewalt sind es 24,1 Prozent, bei sexualisierter Gewalt 20,6 Prozent.
Zugleich stimmten 77 Prozent der Befragten zu, dass das Erleben von Gewalt gegen die eigene Person in der Notaufnahme normal sei. Bezüglich des Sicherheitsgefühls während der Arbeitszeit gaben 39 Prozent an, dass sie sich nachts in der Notaufnahme meist nicht oder nie sicher fühlen.
Die Wissenschaftler fragten auch nach den Auslösern für die Gewalt. Hier wurden am häufigsten der Einfluss von Alkohol oder Drogen (85,5 Prozent), lange Wartezeiten (83,3 Prozent), Verwirrtheit der Patienten (55,1 Prozent), Unzufriedenheit mit der Versorgung (44,9 Prozent) und Verständigungsprobleme (37,7 Prozent) genannt.
Die Erlebnisse bleiben für die Betroffenen nicht ohne Folgen. Sie nennen als die fünf am häufigsten genannten Reaktionen: Gereiztheit (43,7 Prozent), gedrückte Stimmung (36,2 Prozent), Abstumpfung (34,4 Prozent), Verlust der Freude am Beruf (32,1 Prozent) und der Wunsch nach einem Berufswechsel (26,5 Prozent).
„Mit Blick auf die physische und psychische Gesundheit der Beschäftigten in Notaufnahmen besteht ein dringender Bedarf, spezifische Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements zu etablieren, das zeigen die Daten ganz deutlich“, so das Fazit der Studienleiter Margit Christiansen und Gamze Güzel-Freudenstein. © hil/aerzteblatt.de

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