Medizin
Intensivmedizin: Maskenbeatmung vor der Intubation führt zu besserer Sauerstoffversorgung
Mittwoch, 20. Februar 2019
Nashville/Tennessee – Die neuromuskuläre Blockade, die vor einer Intubation erforderlich ist, führt zu einer kurzen Unterbrechung der Atmung. Eine randomisierte klinische Studie im New England Journal of Medicine (2019; doi: 10.1056/NEJMoa1812405) ergab, dass eine zwischenzeitige Maskenbeatmung in dieser Situation einen zu starken Abfall der Sauerstoffsättigung verhindert. Die Studie klärt eine unter Anästhesisten seit Längerem strittige Frage.
Eine Intubation ist nur möglich, wenn der Patient sediert und die Muskeln entspannt sind. Dies wird üblicherweise durch die zügige Injektion eines Hypnotikums und eines schnellwirksamen Muskelrelaxans sichergestellt. Diese Blitzeinleitung („rapid sequence induction“) hat zur Folge, dass die Atmung des Patienten vor dem ersten Intubationsversuch für etwa 45 bis 90 Sekunden eingeschränkt ist. Eine zwischenzeitige Maskenbeatmung erscheint hier eine plausible Gegenmaßnahme. Es wurde allerdings befürchtet, dass die unter positivem Druck erfolgte Maskenbeatmung das Risiko fördert, dass Magensaft in die Atemwege gelangt. Eine Aspirationspneumonie ist eine gefürchtete Komplikation der Intubation.
Nachdem die Frage in den letzten 5 Jahrzehnten (seit Einführung der Blitzeinleitung in den 1970er-Jahren) die Anästhesisten in 2 Lager gespalten hat, wurde jetzt erstmals eine größere randomisierte kontrollierte Studie durchgeführt, die Klarheit schaffen soll.
An der PreVent-Studie („Preventing Hypoxemia with Manual Ventilation during Endotracheal Intubation“) nahmen an 7 US-Zentren 401 Patienten teil. Bei der einen Hälfte der Patienten wurde eine Maskenatmung durchgeführt, bei der anderen Hälfte nicht. Primärer Endpunkt war die niedrigste Sauerstoffsättigung im Intervall zwischen der Blitzeinleitung und 2 Minuten nach der Intubation. Der sekundäre Endpunkt war das Auftreten einer schweren Hypoxämie, definiert als Sauerstoffsättigung von weniger als 80 %.
Wie Jonathan Casey vom Vanderbilt University Medical Center in Nashville/Tennessee und Mitarbeiter berichten, sank die Sauerstoffsättigung in der Gruppe mit Maskenbeatmung median auf bis zu 96 % (Interquartilbereich 87 bis 99 %), während der Tiefpunkt in der Kontrollgruppe median bei 93 % (Interquartilbereich 81 bis 99 %) lag.
Die Medianwerte mögen nicht bedrohlich erscheinen. Es gab einige Patienten, bei denen die Sauerstoffsättigung zwischendurch auf unter 80 % abfiel, was eine schwere Hypoxämie anzeigt. Diese Krise trat in der Gruppe mit Maskenbeatmung bei 21 von 199 Patienten (10,9 %) auf. In der Gruppe ohne Maskenbeatmung kam es jedoch bei 45 von 202 Patienten (22,8 %) zur Hypoxämie. Casey ermittelt ein relatives Risiko von 0,48, das mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,30 bis 0,77 signifikant war.
Der befürchtete Anstieg von Aspirationen blieb aus. Die Inzidenz war mit 2,5 % in der Gruppe mit Maskenbeatmung sogar niedriger als in der Gruppe ohne Maskenbeatmung, in der es bei 4,0 % der Patienten zur Aspiration kam. Die Inzidenz von Aufhellungen im Röntgenthorax nach 48 Stunden, ein erstes Zeichen für eine Aspirationspneumonie, betrug 16,4 % gegenüber 14,8 %. Für Casey belegen die Ergebnisse die Vorteile der Maskenbeatmung, die an seiner Klinik jetzt routinemäßig durchgeführt werde. © rme/aerzteblatt.de
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re: Nüchternheit / sobrietey
Unter https://goo.gl/images/zRsbp9 (zitierter Originalartikel befindet sich hinter einer paywall) kann man die Tabelle mit den Patientendaten einsehen.
Inwiefern ist die Nüchternheit beim untersuchten Patientenkollektiv (Intensivpatienten) relevant? Anästhesiologisch würde ich diese generell als nicht nüchtern betrachten.

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