Ärzteschaft
KV Westfalen-Lippe warnt vor Bonuszahlungen an HzV-Versicherte
Dienstag, 12. März 2019
Dortmund – Die Bundesregierung plant mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), Krankenkassen zu Bonuszahlungen an Patienten zu verpflichten, die an der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) teilnehmen. Das stößt bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) auf deutliche Kritik.
In einem offenen Brief warnte KVWL-Chef Gerhard Nordmann Bundesgesundheitsminister Jens Spahn jetzt vor einer solchen Regelung. Diese könne „das KV-System erschüttern“ und heute vielleicht noch nicht im Einzelnen überschaubare Folgen für das gesamte ambulante System haben. Nordmann befürchtet, dass das geplante Anreizsystem eine Sogwirkung auf Patienten ausüben wird und eine große Sprengkraft entwickeln kann.
Der KVWL-Chef glaubt, dass die geplanten Änderungen die „seit Jahren in friedlicher Koexistenz“ bestehende HzV mit dem Hausärzteverband als Vertragspartner und die kollektive Versorgung durch die KVen gefährdet, da die Position des Hausärzteverbandes durch das Gesetzesvorhaben gestärkt werde. Gebe es bislang heute bereits faktisch keine Möglichkeit für HzV-Verträge durch KVen, soll es demnächst zusätzlich noch finanzielle Anreize für Patienten ausschließlich innerhalb der HzV geben, hieß es.
Zusätzlich würden den KVen durch die zu erwartende Abwanderung von Patienten von der Kollektivversorgung hin zur HzV „massiv“ Finanzmittel entzogen, so Nordmann. Diese Mittel sind dem KVWL-Chef zufolge aber dringend nötig, damit die KVen ihren gesetzlichen Aufgaben und Verpflichtungen wie etwa Qualitätssicherung und Sicherstellung der Versorgung nachkommen können. „Die Träger der HzV-Verträge beteiligen sich dagegen in keiner Weise an der Lösung von Zukunftsaufgaben“, so der KVWL-Chef.
Das gelte Nordmann zufolge auch für die Weiterentwicklung der Terminservicestellen – einem „Kerngedanken des TSVG“. Dazu müssten erweitere Terminservicestellen, eine digitale Plattform zur Terminvermittlung und letztlich auch die Implementierung einer elektronischen Patientenakte aufgebaut und aus den Verwaltungshaushalten der KVen dauerhaft finanziert werden. Das gelinge jedoch nicht, wenn immer mehr Patienten in die HzV abwanderten und damit den KVen Geld entzogen werde, monierte Nordmann.
„Wir hätten die absurde Situation, dass eine kleine Ergänzung des TSVG-Entwurfs die Umsetzung des Kerngedankens verhindert.“ Darüber hinaus würden den KVen auch Daten und Informationen „über die Versorgungslage, gerade im grundversorgenden hausärztlichen Bereich“ verlorengehen, wenn sich immer mehr Patienten in die HzV einschreiben.
In Gefahr sieht der KVWL-Vorsitzende auch die Förderung der Weiterbildung Allgemeinmedizin, für die der Haushalt der KVWL allein in diesem Jahr mehr als zehn Millionen Euro ausweist. „Jeder Patient, der in die HzV wechselt, gefährdet die Weiterbildung der Nachfolgerin seines Hausarztes.“ Es könne nicht gewollt sein, dass neben Hausärzten, die nicht an der HzV teilnehmen, ausschließlich Fachärzte mit ihren KV-Beiträgen die Weiterbildung Allgemeinmedizin finanzierten.
In seinem offenen Brief fordert Nordmann Spahn auf, „keinen Schnellschuss über einen kurzfristig eingebrachten Änderungsantrag“ zuzulassen. Vielmehr sollten die mögliche Einführung eines frei wählbaren Primärarztsystems und seine Auswirkungen eingehend diskutiert werden. © ts/aerzteblatt.de

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