Politik
Länder verabschieden Staatsvertrag zur Zulassung zum Medizinstudium
Freitag, 22. März 2019
Berlin – Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben gestern in Berlin dem neuen Staatsvertrag der Länder zur Hochschulzulassung zugestimmt. Das teilte Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, gestern Abend nach dem Treffen mit. Der Vertrag regelt die Zulassung für die Studienfächer Humanmedizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie neu. Mit ihm könnten die Länder nun beispielsweise einen Teil der Studienplätze an Universitäten gezielt an Bewerber vergeben, die sich verpflichten, nach dem Studium für einige Jahre als Landarzt zu arbeiten, sagte Schwesig.
Anlass für den neuen Staatsvertrag der Länder ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2017. Dieses hatte das Zulassungsverfahren zum Medizinstudium für teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, bis Ende 2019 Neuregelungen zu schaffen.
Beanstandet hatten die Karlsruher Richter die aktuelle hohe Zahl der Wartesemester sowie eine zu starke Berücksichtigung der Ortspräferenz als Zulassungskriterium. Für verfassungswidrig hielten sie auch, dass die Hochschulen bislang nicht gesetzlich verpflichtet sind, Medizinstudienplätze neben der Abiturbestenquote auch nach anderen eignungsrelevanten Kriterien zu vergeben. Den hohen Einfluss der Abiturnote beanstandeten sie dagegen nicht. Dieser sei „sachgerecht“, solange die unterschiedliche Notenhöhe in den Ländern durch Landesquoten ausgeglichen werde.
Ab Sommersemester 2020 neue Quoten
Die Einhaltung des durch die Richter vorgegebenen Zeitplans für die Einführung eines neuen Zulassungssystems zum Medizinstudium ist realistisch: Die Kultusminister der Länder (KMK) hatten bereits Mitte des vergangenen Jahres die Eckpunkte für den neuen Staatsvertrag verabschiedet und den Vertragsentwurf dann im Dezember 2018 beschlossen. Durch den jetzigen Beschluss des neuen Staatsvertrags durch die Ministerpräsidenten können voraussichtlich ab Sommersemester 2020 die begehrten Medizinstudienplätze nach neuen Quoten vergeben werden.
Der neue Staatsvertrag orientiert sich dabei deutlich an dem Urteil der Karlsruher Richter. Mehr Studienplätze als bisher (bis zu 20 Prozent) sollen künftig innerhalb einer Vorabquote vergeben werden. Damit ist es den Ländern individuell möglich, eine Quote für beruflich Qualifizierte ohne Abitur zu schaffen sowie Plätze vorab über eine Landarztquote zu vergeben.
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Die restlichen Plätze werden nach unterschiedlichen Kriterien verteilt. 30 Prozent sollen über eine Abiturbestenquote vergeben werden. Diese wird damit sogar um zehn Prozent erhöht. Länderspezifische Unterschiede sollen auf der Basis von Prozentrangverfahren und unter Bildung von Landesquoten ausgeglichen werden.
Zehn Prozent sollen über eine Eignungsquote den Zugang zum Studium erhalten. Diese wird neu eingeführt und bewertet ausschließlich schulnotenunabhängige Kriterien. In einer Übergangsphase sollen dabei auch Langzeitwartende Chancen auf einen Studienplatz bekommen.
60 Prozent sollen die Zulassung über die Auswahlverfahren der Hochschulen bekommen. Diese Quote bleibt im bisherigen Umfang erhalten. Die Fakultäten müssen jedoch künftig zwei schulnotenunabhängige Auswahlkriterien und einen spezifischen Studieneignungstest berücksichtigen. Eine Vorauswahl nach der Ortspräferenz darf nur in geringem Maße erfolgen.
Für eine Übergangszeit soll die vom Bundesverfassungsgericht geforderte annähernde Vergleichbarkeit der Abiturnoten aller Länder über einen Ausgleichsmechanismus sichergestellt werden. Dieser werde entbehrlich, wenn die annähernde Vergleichbarkeit aufgrund politischer Maßnahmen im Schulbereich hergestellt sei, erklärte die KMK im vergangenen Jahr.
Kritik am Staatsvertrag
Der Medizinische Fakultätentag (MFT) begrüßte damals, dass die KMK fristgerecht den Weg für einen neuen Staatsvertrag geebnet hat. „Allerdings ist es bedauerlich, dass die Vorabquoten für die Landarztquote ausgeweitet werden“, sagte MFT-Generalsekretär Frank Wissing im Dezember dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ). Diese sei wenig effektiv und schränke den Spielraum für andere Quoten ein.
Auch Lisa Schmitz von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland zeigte sich im Dezember diesbezüglich skeptisch. „Der Entwurf stellt kaum eine Verbesserung des Verfahrens dar“, sagte sie dem DÄ. Ebenso enttäuscht zeigte sich damals der Marburger Bund. Die KMK habe lediglich „einen „Formelkompromiss“ zustande gebracht. Die Überbetonung der Abiturnote würde weiter verstärkt.
Heidrun Gitter, Präsidentin der Ärztekammer Bremen und Mitglied des Vorstandes der Bundesärztekammer, hatte im Februar dieses Jahres Nachbesserungen am Staatsvertrag als wünschenswert bezeichnet. So sollten für die Auswahl von Studienplatzbewerbern neben dem Numerus Clausus weitere Kriterien stärker betont werden. Gitter bekräftigte zudem die Forderung der Bundesärztekammer nach mehr Medizinstudienplätzen. © may/ER/aerzteblatt.de

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