Politik
Niedersachsen will Förderung bei Pflege an Zahlung von Tariflöhnen knüpfen
Donnerstag, 28. März 2019
Hannover – Niedersachsen will in einem neuen Pflegegesetz die Investitionsförderung an die Zahlung von Tariflöhnen koppeln. Das Gesetz solle noch in diesem Jahr vorgelegt werden, sagte Sozialministerin Carola Reimann (SPD) heute im Landtag. In der Debatte ging es vor allem um den Konflikt zwischen Pflegeanbietern und Sozialkassen um eine angemessene Bezahlung von Pflegekräften.
Mitte März hatten die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und die Diakonie in Niedersachsen gedroht, komplett aus der ambulanten Pflege in Niedersachsen auszusteigen. Als Grund dafür nannten sie eine zu niedrige Finanzierung der Leistungen durch die Kranken- und Pflegekassen.
AWO und Diakonie bezahlen anders als andere Anbieter Tariflöhne. Nach Angaben von Reimann wären von einem Ausstieg der Wohlfahrtsverbände 16.000 Pflegebedürftige und 5.000 Pflegekräfte betroffen. „Von einer akuten Gefährdung der Versorgung sind wir heute noch entfernt. Wir müssen uns aber um eine Verbesserung der Verhältnisse kümmern“, sagte Reimann.
Für Anfang April stehen Termine vor einer Schiedsstelle an. „Wir erwarten von der Arbeitgeberseite, dass sie Tariflöhne zahlen, und von den Pflegekassen, dass sie diese Löhne refinanzieren“, sagte die Ministerin. Auch die Wegezeiten für das Pflegepersonal müssten angemessen vergütet werden – dies spiele besonders in ländlichen Regionen eine große Rolle.
Hohe Personalkosten
„Ein ambulanter Dienst hat 85 bis 90 Prozent Personalkosten – das ist der mit Abstand größte Kostenfaktor“, sagte Hans-Joachim Lenke vom Vorstand der Diakonie in Niedersachsen. Auch bei den Wegekosten sei eine Steigerung um 39 Prozent der jetzigen Erstattungen nötig. Häufig seien Pflegekräfte auch zu Stoßzeiten unterwegs und bräuchten entsprechend länger.
Reimann sagte, die schlechte Position Niedersachsens in der Pflege sei über viele Jahre aufgebaut und gewachsen und führe auch dazu, dass Fachkräfte in benachbarte Bundesländer abwandern. „Einer der Gründe ist, dass in Niedersachsen sehr lange sehr intensiv die Möglichkeit genutzt wurde, durch Vergleiche mit günstigen Privatanbietern die Versicherungssätze zu drücken – auf dem Rücken der Beschäftigten.“
Vertreter der Opposition forderten Reimann auf, eine aktivere Rolle in dem Konflikt einzunehmen. Reimann habe schon beim Thema Pflegekammer versagt, nun versagte sie wieder bei der ambulanten Pflege, kritisierte der AfD-Abgeordnete Stephan Bothe. „Nehmen Sie endlich mal die Verantwortung in die Hand, machen Sie die Pflege zur Chefsache, wenn sie die richtige Person auf dem Posten sind.“
Die Abgeordneten Sylvia Bruns von der FDP und Meta Janssen-Kucz von den Grünen wollten von der Ministerin wissen, warum das Sozialministerium nicht im Rahmen der Rechtsaufsicht eingreife und angemessene Wegegeldzahlungen und Tariflöhne durchsetze. Reimann sagte, dies könne erst dann geschehen, von die Versorgung akut gefährdet sei oder wenn das Handeln eines Versicherungsträgers das Recht verletze.
Auch bundesweit kommen Bemühungen um eine bessere Bezahlung in der Pflege nicht vom Fleck. Pläne für eine bundesweit festgelegte Bezahlung stoßen auf harten Widerstand unter den privaten Altenpflege-Anbietern. Der Arbeitgeberverband bpa untermauerte sein Nein gestern noch mit einem Gutachten, das „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“ geltend macht. © dpa/aerzteblatt.de

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