Politik
Hessen will Verbot zweifelhafter Therapien für Homosexuelle
Donnerstag, 4. April 2019
Wiesbaden – Hessen macht sich im Bundesrat für ein Verbot von zweifelhaften Therapien für Homosexuelle stark. Die Landesregierung kann sich dabei auf eine breite Unterstützung aus dem Landtag stützen, wie eine Abstimmung gestern in Wiesbaden ergab.
Landesgesundheitsminister Kai Klose (Grüne) kündigte an, mit seiner Initiative gegen die Konversionstherapie vorzugehen. Diese Behandlungen zielen darauf ab, die sexuelle Orientierung von Menschen zu verändern. Der Antrag soll am 12. April gemeinsam mit Berlin, Bremen, dem Saarland und Schleswig-Holstein eingebracht werden. Weitere Bundesländer hätten ihre Zustimmung signalisiert.
Die Initiative sei ein wichtiger Schritt, um Menschen in ihrer sexuellen Orientierung zu stärken, betonte Klose. „Homosexualität ist weder eine Erkrankung noch eine Störung und deshalb auch in keiner Weise behandlungsbedürftig.“ Im Gegenteil: Konversionstherapien seien auch nach Ansicht von Experten gesundheitsgefährdend.
Auch in Hessen gebe es leider Organisationen, die die Überzeugung verbreiteten, Homo- oder Bisexualität seien psychische Störungen und sollten behandelt werden, sagte Klose. „Eine offene, respektvolle und informierte Gesellschaft sowie ein wertschätzendes Miteinander tragen maßgeblich dazu bei, dass Konversionstherapien die Nachfrage entzogen wird.“
Vergleichbar mit Hexenverfolgung
Der Grünen-Abgeordnete Felix Martin sagte, Homosexualität sei keine Krankheit. „Aber Hass ist eine Krankheit.“ Wer Menschen wegen ihrer Sexualität für krank erklärt, verstoße gegen das Grundgesetz. Der Linke-Abgeordnete Ulrich Wilken betonte: „Die völlig absurden Umpolungsversuche der sogenannten Konversionstherapie erinnern an die Zeit, in der Frauen als Hexen verfolgt oder Teufel ausgetrieben worden sind.“ Wer Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung und Identität diskriminiere und stigmatisiere, der rufe psychische und physische Erkrankungen hervor.
Volker Richter von der AfD-Fraktion sagte, die sexuelle Orientierung sei ein Teil des Persönlichkeitsrechts, Homosexualität selbstverständlich keine Krankheit. Die AfD-Fraktion lehne die Konversionstherapie als gefährlich ab.
Für die FDP-Fraktion erklärte die Abgeordnete Wiebke Knell, es sei höchste Zeit für ein Verbot. „Der einzige Effekt solcher Versuche ist der, dass man bei den Betroffenen Unsicherheiten verstärkt, die bis zum Suizid führen können.“
Die Ampelregierung in Rheinland-Pfalz unterstützt die Bundesratsinitiative Hessens, wie der Sprecher des Familienministeriums, Dietmar Brück, in Mainz sagte. Das Problem dieser Pseudotherapien sei aber an sein Ministerium noch nicht in Form konkreter Fälle herangetragen worden.
Sogenannte Konversionstherapien könnten für die Betroffenen schwerwiegende Folgen haben, betonte Brück. „Gerade für Minderjährige ist dies besonders schlimm.“ Daher müssten geeignete gesetzliche Regelungen getroffen werden, die solche Therapien verbieten. Notwendig seien zudem Sanktionen für Verstöße.
Mit der Bundesratsinitiative sollten auch andere Maßnahmen unterstützt werden, die zur öffentlichen Aufklärung und Sensibilisierung zu diesen Themen beitrügen. „Ziel soll sein, Akzeptanz und Wertschätzung im gesellschaftlichen Miteinander zu fördern, der Pathologisierung entgegenzuwirken sowie homosexualitäts- und transfeindlich motivierte Diskriminierung und Gewalt zu verhindern und zu beseitigen.“ Als Beispiele nannte Brück fachkompetente Beratung und Therapieangebote sowie eine Coming-Out-Beratung.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte im Februar betont, er wolle die sogenannte Konversionstherapien gegen Homosexualität verbieten. „Homosexualität ist keine Krankheit, und deswegen ist sie auch nicht therapiebedürftig“, sagte Spahn der taz. Gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium werde er bis zum Sommer einen Vorschlag für eine Verbotsregelung erarbeiten. Der Minister will nun zunächst untersuchen lassen, wie andere Länder mit „Konversionstherapien“ umgehen. Dann soll geklärt werden, wie genau die rechtliche Regelung in Deutschland aussehen soll.
Auch die Bundesärztekammer (BÄK) hatte immer wieder betont, dass Homosexualität keine Erkrankung ist und keiner Heilung bedarf. Direkte und indirekte Diskriminierung und Stigmatisierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung seien allerdings häufige Ursachen für psychische und physische Erkrankungen, hatte der BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery bereits vor einigen Jahren eine Stellungnahme der 64. Generalversammlung des Weltärztebundes vom Oktober 2013 zusammengefasst. Darin lehnten die Delegierten des Weltärztebundes sogenannte Reparations- beziehungsweise Konversionstherapien strikt ab. Diese seien nicht nur unwirksam, sie könnten sich sogar negativ auf die Gesundheit auswirken. © dpa/may/aerzteblatt.de
