Ärzteschaft
Streit um Versorgung von Risiko-Neugeborenen in Bremen
Mittwoch, 8. Mai 2019
Bremen – Zwischen der Ärztekammer Bremen und der Ameos-Krankenhausgesellschaft ist ein Streit um die Versorgung von Risiko-Frühgeborenen entbrannt. Dabei geht es um extrem kleine, unreife Frühgeborenen unter 32 Wochen Schwangerschaftsdauer oder unter 1.500 Gramm Geburtsgewicht beziehungsweise um solche mit schwerwiegenden angeborenen Erkrankungen oder Fehlbildungen.
„Es ist aus meiner Sicht unerträglich, wenn ein Krankenhausträger einen solchen Versorgungsauftrag übernimmt und die Kinder dann durch Nichtfachärzte versorgt werden oder keine ausreichende Zahl an qualifizierten Pflegekräften vorgehalten wird“, beklagte Heidrun Gitter, Präsidentin der Ärztekammer Bremen, vor wenigen Tagen.
Zentren, die diese Frühgeborenen umfassend versorgen wollen, seien Perinatalzentren Level eins (höchste Stufe) oder Level zwei (zweithöchste Stufe). Die Frühgeborenen und ihre Familien profitierten durch nachweisbar bessere Verlaufe und weniger bleibende Schäden, wenn sie je nach Geburtsgewicht und Erkrankungen in Level-eins- beziehungsweise -zwei-Zentren versorgt würden, sofern die gesetzlichen Vorgaben zu Zahl und Qualifikation des ärztlichen und pflegerischen Personals eingehalten würden, so Gitter. Genau dies sei aber im Ameos-Klinikum Am Bürgerpark Bremerhaven wiederholt nicht gewährleistet gewesen, zum Beispiel über Ostern, so die Kammerpräsidentin.
Das Klinikum dementiert die Vorwürfe. „Wir weisen die von Frau Gitter getroffenen Vermutungen bezüglich einer hinreichenden ärztlichen Qualifikation sowie einer möglicherweise unzureichenden Anzahl qualifizierter Pflegekräfte auf der neonatologischen Station zurück“, sagte Axel Renneberg, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche, dem Deutschen Ärzteblatt.
Fakt sei, dass viele Kliniken in Deutschland aufgrund des generellen (Fach-)Ärztemangels mit entsprechender neonataler Spezialisierung Probleme mit der Besetzung freier Arztstellen hätten. Dies betreffe nicht nur den ländlichen Bereich, sondern auch Großstädte und Universitätsklinika.
„Wir unternehmen sehr intensive Anstrengungen, weitere hochqualifizierte Ärzte für die neonatologische Station neu einzustellen“, sagte er. Bis zum Erfolg dieser Maßnahme greife man „vorübergehend auf externe Fachärzte mit Qualifikationen in pädiatrischer Intensivmedizin und Neonatologie zurück“, um die jeweils erforderliche ärztliche Besetzung der Neonatologie zu gewährleisten.
„Was die neonatale Pflege auf unserer Station anbetrifft, erfüllt diese sowohl hinsichtlich der Anzahl als auch der Qualifikation die strengen Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses“, versicherte Renneberg. Der Anteil der Pflegekräfte mit neonataler Intensivausbildung oder und/oder mehrjähriger Intensiverfahrung liege sogar deutlich über den Vorgaben des G-BA. Darüber hinaus existiere ein Pflegebereitschaftsdienst.
Unterdessen hat sich die Bremer Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz, Eva Quante-Brandt (SPD), in den Vorgang eingeschaltet und vermittelt. „Dabei wurde eine Einigung erzielt“, teilte eine Sprecherin dem Deutschen Ärzteblatt auf Anfrage mit.
Demnach sollen Pädiatrie, Neonatologie und Geburtshilfe künftig an einem Standort am Klinikum Bremerhaven Reinkenheide zusammengeführt werden. Ameos werde den Versorgungsauftrag für die Pädiatrie und die Neonatologie zurückgeben, erklärte die Sprecherin. Die Behörde vergebe anschließend den Versorgungsauftrag Pädiatrie und Neonatologie an das Klinikum Bremerhaven Reinkenheide (KBR) als alleinigen Träger.
© hil/aerzteblatt.de

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