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Politik

Frühchen bei Infektion im Krankenhaus unfallversichert

Dienstag, 7. Mai 2019

/Tobilander, stock.adobe.com

Kassel – Wenn sich ein frühgeborenes Baby im Krankenhaus einen Keim einfängt, gilt dies als versicherter „Arbeitsunfall“. Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel sprach einer heute schon 27 Jahre alten Betroffenen Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu (Az.: B 2 U 34/17 R).

Die in Solingen lebende Frau wurde 1992 im Krankenwagen auf dem Weg zur Universi­tätsklinik Rostock geboren. Ihre Mutter war erst in der 30. Schwangerschaftswoche. Das Baby kam auf die Intensivstation und war dort überwiegend im Inkubator. Nach zweieinhalb Wochen atmete es eigenständig und war auch sonst stabil.

Nach zwei weiteren Tagen traten massive Probleme auf. Wie sich herausstellte, gingen diese auf eine Infektion mit dem in Krankenhäusern verbreiteten Nass- oder Pfützenkeim zurück. Die heute 27-Jährige ist deswegen an Armen und Beinen weitgehend gelähmt. Ein erster Antrag auf Anerkennung der Infektion als Arbeitsunfall blieb ohne Erfolg. Laut Gesetz sind allerdings Menschen versichert, die im Krankenhaus auf Kosten der gesetzli­chen Krankenversicherung eine Behandlung „erhalten“.

Auf einen späteren Überprüfungsantrag bekam die Frau nun nach Niederlagen in den Vorinstanzen vom BSG recht. Ihr Gesundheitsschaden gehe auf einen „Unfall“ während einer „versicherten Tätigkeit“ zurück. Um einen Unfall handle es sich, weil der Pfützen­keim plötzlich und von außen auf das Neugeborene eingewirkt habe. Es sei auch nicht feststellbar, dass die Infektion auf einen Behandlungsfehler zurückgehe. Daher gelte rechtlich der Krankenhausaufenthalt als solcher als Ursache.

Auch eine „versicherte Tätigkeit“, nämlich die „Entgegennahme“ einer Krankenhausbe­handlung, bejahte das BSG. Ein frühgeborenes Baby, das überwiegend im Inkubator liege, werde letztlich „rund um die Uhr“ behandelt. Wann genau und wodurch die Infektion geschah, spiele daher keine Rolle.

Es reiche aus, dass ein Gutachter den Zeitraum auf 24 Stunden eingrenzen konnte, die das Baby unstreitig durchgehend auf der Intensivstation lag. Wegen dieser besonderen Situation des Frühchens ist das Kasseler Urteil nicht automatisch auf andere Kranken­hausinfektionen übertragbar. © afp/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #38074
tsgt
am Dienstag, 7. Mai 2019, 22:31

Fragwürdige Entscheidung

Diese Urteil öffnet den Weg für eine generelle Bewertung von Behandlungskomplikationen als "Arbeitsunfall". Ich frage mich, wie die gesetzliche Unfallversicherung einer solchen Ausweitung von Leistungsfällen standhalten soll.
LNS
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