Ärzteschaft
Bundesärztekammer ruft zu Korrekturen beim Digitale-Versorgungs-Gesetz auf
Freitag, 7. Juni 2019
Berlin – Auf dem Weg zu mehr Digitalisierung in der Patientenversorgung muss das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dringend Kurskorrekturen vornehmen. Dazu hat die Bundesärztekammer (BÄK) das Ministerium in einer heute vorgelegten schriftlichen Stellungnahme zum Referentenentwurf des Digitale-Versorgung-Gesetzes aufgerufen.
Die BÄK bewertet dabei die Initiative des BMG, digitale Anwendungen und Innovationen in die Patientenversorgung einzubringen, positiv. Allerdings hapert es in der konkreten Umsetzung daran, die spezifischen Bedürfnisse von Patienten und Ärzteschaft zu berücksichtigen. Insbesondere bei den Plänen für eine öffentliche Liste von erstattungsfähigen digitalen Gesundheitsanwendungen sowie bei der vorgesehenen Förderung von Versorgungsinnovationen sei die ärztliche Expertise dringend einzubeziehen, mahnt die BÄK.
Kritisch angemerkt wird unter anderem auch, dass Versicherte Anspruch auf eine Versorgung mit Medizinprodukten niedriger Risikoklassen haben sollen, der Gesetzesentwurf aber effiziente Verfahren zur Zulassung digitaler Gesundheitsanwendungen höherer Klassen unberücksichtigt lässt.
Zudem sieht der Referentenentwurf vor, dass Krankenkassen „als Treiber für digitale Versorgungsinnovationen“ gestärkt werden sollen. Dafür sollen sie anhand von Sozialdaten „individuelle Versorgungsbedarfe“ ableiten dürfen. Dies zielt unter anderem auf den Abschluss von Verträgen mit Leistungsanbietern.
Die BÄK stellt klar, dass sich individuelle Versorgungsbedarfe nur nach gründlicher ärztlicher Anamnese, Diagnose- und Indikationsstellung feststellen lassen. „Sie können nicht das Ergebnis von Analysen von Sozialdaten sein, auch weil diese keine valide Darstellung der Morbidität liefern“, heißt es von der Bundesärztekammer. Sie weist eine solche übergriffige Rolle der Krankenkassen in ärztliche Kernkompetenzen entschieden zurück und fordert die Streichung des Passus.
Ebenfalls abgelehnt werden die mit dem Entwurf angedrohten Sanktionen gegen Ärzte bei der Telematikinfrastruktur (TI). Der Entwurf sieht vor, dass Ärzte mit Honorarkürzungen um 2,5 Prozent rechnen müssen, wenn sie zum 1. März 2020 nicht das Versichertenstammdatenmanagement vornehmen. Bislang sind es ein Prozent der Vergütung.
Weitere Sanktionen drohen, wenn Vertragsärzte nicht bis zum 30. Juni 2021 über die notwendigen Komponenten und Dienste verfügen, um auf die elektronischen Patientenakten (ePA) zuzugreifen (ein Prozent). Auch dies lehnt die Bundesärztekammer ab. „Die gesetzgeberische Erwartung eines konstruktiven Umgangs mit der ePA durch Vertragsärzte mit gleichzeitiger Sanktionsandrohung ist kein erfolgversprechender Ansatz“, so die BÄK.
In ihrer Stellungnahme skizziert die BÄK zudem weiteren Regelungsbedarf. So sollte eine bundesweite Erprobungsregion für digitale Anwendungen etabliert werden. Angesichts des in dem Entwurf enthaltenen neuen Zulassungsweges für digitale Gesundheitsanwendungen wiederholt die Bundesärztekammer die Notwendigkeit, den Entwicklern digitaler Gesundheitsanwendungen verlässliche und dauerhafte Rahmenbedingungen für eine Erprobung zur Verfügung zu stellen.
Die Bundesärztekammer plädiert zudem für die Aufnahme einer klarstellenden Regelung, dass auch rein privatärztlich tätige Ärztinnen und Ärzte sowie Privatversicherte das Recht haben, sich an die Telematikinfrastruktur anschließen zu können, beziehungsweise diese zu nutzen. © EB/aerzteblatt.de

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