Politik
Lieferengpässe bei Arzneimitteln nehmen zu
Mittwoch, 12. Juni 2019
Berlin – Die Zahl der gemeldeten Lieferengpässe bei Arzneimitteln steigt kontinuierlich und deren Auswirkungen auf die Patientenversorgung nehmen spürbar zu. Das sagte Michael Horn, Direktor der Abteilung Zulassung 1 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), heute bei einem Symposium zur Arzneimittelversorgung der Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen in Berlin.
Das BfArM erstellt seit 2017 eine Übersicht über aktuelle Lieferengpässe mit Medikamenten. Zwar sei nicht jeder Lieferengpass versorgungsrelevant, räumte Horn ein. Lieferengpässe könnten dennoch gravierende Auswirkungen auf die Patienten und die Arzneimitteltherapiesicherheit haben. So könne es zu Complianceproblemen kommen, wenn Patienten auf ein neues Präparat umgestellt werden müssten. Der Therapiebeginn könne sich verzögern oder eine Therapieoption gänzlich entfallen, wenn Arzneimittel nicht lieferbar seien.
Preisdruck im Pharmamarkt ist Teil des Problems
Häufigste Ursachen von Lieferengpässen sind Horn zufolge Qualitätsmängel bei der Herstellung oder Probleme bei der Produktion, zum Beispiel Produktionsausfälle, unzureichende Produktionskapazitäten, Produktions- und Lieferverzögerungen für Rohstoffe oder die Einstellung der Produktion durch den Unternehmer selbst. Das Problem verschärfe sich stetig, da infolge der Globalisierung und des Preisdrucks im Pharmamarkt immer mehr Wirkstoffe von nur wenigen Herstellern oder sogar nur einem einzigen Unternehmen produziert würden.
Als Beispiel führte Horn den Fall Valsartan an, einer der in Deutschland am häufigsten eingesetzten Wirkstoffe zur Behandlung der Hypertonie. Im Sommer 2018 wurden europaweit Chargen zurückgerufen, die vom chinesischen Unternehmen Zhejiang Huahai Pharmaceutical produziert wurden. Das Unternehmen hatte seinen Produktionsprozess umgestellt. Dabei war es zu potenziell krebserregenden Verunreinigungen des Wirkstoffs gekommen. „In Deutschland waren rund eine Million Patienten von dem Rückruf betroffen“, sagte Horn. Angesichts dieser Auswirkungen müsse man sich fragen, ob man die Monopolisierung auf dem Pharmamarkt immer weitertreiben solle.
Empfehlung zur guten Einkaufs- und Vertragspraxis erarbeitet
Horn leitet den Jour Fixe beim BfArM, bei dem sich Vertreter der Bundesländer, der Apotheker- und der Ärzteschaft sowie die Bundesorberbehörden und die Industrie über Lieferengpässe austauschen. Bei einem Sonder-Jour-Fixe im März 2018 hätten die Beteiligten festgestellt, dass insbesondere in den Krankenhäusern die „Preisschraube zu sehr angezogen wurde“, berichtete Horn.
„Es wird zu billig eingekauft.“ Das habe sogar die Deutsche Krankenhausgesellschaft eingeräumt. Die Beteiligten hätten sich deshalb darauf verständigt, eine Empfehlung zur guten Einkaufs- und Vertragspraxis zu erarbeiten, um Oligopolisierung und Monopolisierung zurückzudrängen. Die Empfehlung befinde sich zurzeit in der Abstimmung.
133 Lieferengpässe an einer Uniklinik in einem Jahr
Im Jahr 2018 habe es an einer einzigen Universitätsklinik in Deutschland allein 133 Lieferengpässe gegeben, verdeutlichte Frank Dörje, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker, die Dimension des Problems. Dabei seien in den Kliniken insbesondere Injektionen und Infusionen von Lieferengpässen betroffen, die in der Regel bei schwer kranken Patienten eingesetzt würden.
Dörje räumte ein, dass der Gesetzgeber bereits erste Schritte zur Verbesserung der Lage getan habe. So seien die Hersteller mit dem Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) 2017 verpflichtet worden, Lieferengpässe unverzüglich an die Krankenhäuser zu melden.
Außerdem sei die vorübergehende Vorratshaltung für solche Arzneimittel erlaubt worden, die im Einzelimport für Patienten besorgt werden müssten. Nicht erfüllt worden sei dagegen die Forderungen der Krankenhausapotheker, die Pharmaunternehmen zur Lagerhaltung zu verpflichten sowie die Meldung von Lieferengpässen an das BfArM zur Pflicht zu machen. © HK/aerzteblatt.de

Unvorstellbar ärgerlich
Sollte aber auch nur in einem kleinen Prozentsatz der Fälle ein Lieferengpass entstehen, weil Großhändler europaweit Vorräte verschieben, um in anderen Ländern (deutlich) höhere Gewinnspannen zu erzielen, so wäre spätestens hier die Grenze erreicht, an der die Politik DRINGEND einschreiten muss. M. E. ist unbedingt ein zentrales Melderegister in Apotheken erforderlich, über das einfach und unbürokratisch ein Lieferengpass (im BfArM?) dokumentiert werden kann.
Abhilfe ist SOFORT vonnöten.

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