Politik
Lauterbach zieht positive Gesetzesbilanz zur Sommerpause
Dienstag, 25. Juni 2019
Berlin – Bei einer möglichen Halbzeitbilanz für die Große Koalition sieht SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach die Gesundheits- und Pflegepolitik sehr gut aufgestellt. „Wir haben fast 90 Prozent der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag bereits abgearbeitet. Das ist in keinem anderen Politikfeld so“, sagte Lauterbach heute vor Journalisten in Berlin.
Die politische Strategie, die Themen mit hoher Finanzrelevanz gleich zu Beginn der Legislatur zu beschließen, sei gut gewesen, so Lauterbach. „So hatten wir die kontroversen Diskussionen gleich zu Anfang.“
Dazu gehörte beispielsweise die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenkassenbeiträge sowie die Entscheidung, künftig die Pflegekosten aus den Berechnungen der diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG) herauszunehmen. Auch die Anhebung der Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte zählt Lauterbach dazu. Hohe Finanzrelevanz habe auch die schnellere Vergabe von Arztterminen, die im Terminservice- und Versorgungsgesetz geregelt wurden.
Bei den Sachthemen laufen derzeit mehrere Gesetzentwürfe parallel: Zwar wurde das Reformgesetz zur Psychotherapeutenausbildung gerade von der Tagesordnung der letzten Sitzungswoche des Bundestages vor der Sommerpause genommen, es würde aber im Herbst zügig diskutiert, kündigte Lauterbach an.
Vorschläge nicht gut genug
Ähnliches gelte für das Implantateregistergesetz, zu dem gestern im Gesundheitsausschuss des Bundestags Experten angehört wurden. Dabei kritisierten die Experten vor allem die zusätzliche Regelung im Gesetz, das Erprobungsverfahren für neue Methoden im Gemeinsamen Bundesausschuss zu verändern.
Lauterbach bezeichnete die Vorschläge aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) als „nicht gut genug.“ Es dürfe durch die neuen Regelungen „keinen bundesweiten Feldversuch“ an Patienten geben. Daher erwarte seine Fraktion Verbesserungsvorschläge zum Gesetz.
Vor der Sommerpause sollen noch sieben Gesetze aus dem BMG ins Bundeskabinett eingebracht werden. Dazu zählen die Ausbildungsreformen für die Hebammen sowie das Ausbildungsgesetz für Anästhesietechnische Assistenten und Operationstechnische Assistenten.
Kritisch sieht Lauterbach den Stand um die Diskussion zum Faire-Kassenwahl-Gesetz: „In welcher Form auch immer“ werde das Gesetz in den nächsten Wochen eingebracht. Bei dem Gesetz geht es um die Reform des Finanzausgleichs zwischen den Krankenkassen (Morbi-RSA), die bundesweite Öffnung der AOKen sowie eine einheitliche Aufsicht aller Krankenkassen durch das Bundesversicherungsamt.
SPD schlägt sich auf die Seite der AOKen
Lauterbach deutete aber an, dass der Minister „noch etwas Ballast“ am Gesetzesvorhaben „abwerfen muss“, wenn er dies durchbekommen wollen. Die SPD lehne beispielsweise eine einheitliche Aufsicht ab. „Es kann auch sein, dass das Gesetz gar nicht kommt“, so Lauterbach. Zwar sei der Morbi-RSA reformbedürftig. Der Minister müsse aber entscheiden, wie dringend dies sei.
Auch beim Reformgesetz des Medizinischen Dienstes (MDK) sind sich die beiden Koalitionspartner noch nicht einig. In dem Gesetz sollen die Prüfkriterien der vermeintlich falschen Rechnungen von Krankenhäusern verändert werden. Ebenso ist eine große Strukturreform des MDK geplant. „Die strukturelle Reform können wir wohl nicht mittragen“, kündigte Lauterbach an. Keine grundsätzlichen Diskussionen zwischen Union und SPD erwartet Lauterbach beim Gesetz zur Masernimpfung sowie beim Digitalisierungsgesetz, die ebenso vor der Sommerpause kommen sollen.
Notfall, Pflege und Organspende nach der Sommerpause
Nach der Sommerpause sollen entsprechende Gesetzesentwürfe zur Notfallversorgung sowie erste Gesetze zur Umsetzung der Konstatierten Aktion Pflege vorliegen. Außerdem tagen die Bund-Länder-Arbeitsgruppen zur sektorübergreifenden Versorgung und zur Reform der Gesundheitsberufe.
Im Herbst werden auch drei große Ethikdebatten geführt und entschieden: Zur Pränataldiagnostik und zur Sterbehilfe werden Debatten und Gruppenanträge erwartet. Eine erste Lesung der Reform der Organspende ist für morgen angesetzt.
Hier sieht Lauterbach ein Kopf-an-Kopf-Rennen der zwei konkurrierenden Anträgen von ihm und Spahn sowie dem Vorschlag rund um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock. Je ein Drittel der Abgeordneten hätten sich bereits für einen Vorschlag entschieden.
Der Lauterbach-Spahn-Vorschlag sieht vor, dass jeder Organspender wird, wenn er oder sie nicht ausdrücklich widerspricht. Der Vorschlag der Gruppe um Baerbock sieht vor, dass es ein Onlineregister gibt, in dem die Erklärungen zur Organspende gespeichert werden soll. Bei Behördengängen sollen die Bürger an ihre Entscheidung für oder gegen eine Organspende erinnert werden.
Kleines Restprogramm
Wenn dieses Gesetzesprogramm wohlmöglich noch in diesem Jahr abgeschlossen ist, sind nur noch wenige Themen übrig, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden, betont Lauterbach.
Dazu zählen die Schulgeldfreiheit für Gesundheitsberufe sowie ein Präventionsgesetz, das auch gesunde Ernährung einschließe. Hier verschließe sich besonders das Bundesernährungsministerium der Diskussion und Kooperation mit den Gesundheitspolitikern. Auch das Thema Patientenrechte sowie Härtefallfonds stehen noch aus. © bee/aerzteblatt.de

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