Medizin
Risikokalkulator hilft Herzinfarkt innerhalb einer Stunde zu erkennen
Freitag, 28. Juni 2019
Hamburg – Der hochsensitive Nachweis der myokardialen Ischämiemarker Troponin I oder Troponin T kann auch kleinere Herzinfarkte erkennen, die keine unmittelbare Behandlung erforderlich machen. Ein online verfügbarer Risikokalkulator, den Mediziner vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) entwickelt haben, zeigt, welche Patienten gefahrlos von der Notfallaufnahme nach Hause entlassen werden können (New England Journal of Medicine 2019; doi: 10.1056/NEJMoa1803377).
Troponin I oder Troponin T liefern neben den Veränderungen im EKG den entscheidenden Hinweis für die Diagnose eines Herzinfarkts. Hochsensitive Assays können heute geringste Spuren der Ischämiemarker nachweisen, wie sie auch bei anderen Herzkrankheiten auftreten oder bei Mini-Infarkten, die keine sofortige Behandlung (heute in der Regel eine perkutane koronare Intervention, PCI) erforderlich machen. Entscheidend für die Infarktdiagnose ist deshalb weniger, dass die Troponin-Konzentration einen bestimmtem Grenzwert überschreitet, als vielmehr der Anstieg während der ersten Stunden nach dem Ereignis.
Einigkeit besteht darüber, dass die erste Blutprobe so rasch wie möglich nach dem Eintreffen des Patienten auf der Notfallaufnahme entnommen werden sollte. Ob die 2. Blutprobe nach einer Stunde oder besser erst nach 6 Stunden folgen sollte, ist dagegen umstritten und wird von Klinik zu Klinik unterschiedlich gehandhabt.
Es fehlte bisher ein Algorithmus, der unabhängig vom Zeitpunkt der Blutentnahme eine genaue Risikoeinschätzung ermöglicht. In der Folge mussten viele Patienten bis zum sicheren Ausschluss eines Herzinfarkts einen oder mehrere Tage in der Klinik verbringen.
Lediglich 15 % hatten wirklich einen Herzinfarkt
Die COMPASS MI-Studie („Calculation of Myocardial Infarction Risk Probabilities to Manage Patients with Suspicion of Myocardial Infarction“) soll dieses Problem lösen. Die Studie fasst die Erfahrungen von 22.651 Patienten zusammen, die international an 15 Kohortenstudien teilgenommen hatten. Dort war neben den Laborwerten auch die Prognose der Patienten in den ersten 30 Tagen dokumentiert worden. Wie in derartigen Studien üblich, wurde zunächst an 9.604 Patienten ein Algorithmus entwickelt, der dann in einer 2. Gruppe an 13.047 Patienten validiert wurde.
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Die jetzt von der Gruppe um Stefan Blankenberg, ärztlicher Leiter am Herz- und Gefäßzentrum des UKE, vorgestellten Daten zeigen, dass bei etwa der Hälfte der Patienten aufgrund eines niedrigen Risikos kein Grund für eine Klinikaufnahme bestand. Einen klinisch relevanten Herzinfarkt hatten nur 15 % der Patienten erlitten.
Eine typische „low risk“-Konstellation lag beispielsweise bei einer Troponin I-Konzentration von weniger als 6 ng/l bei der Erstuntersuchung und einem absoluten Anstieg um weniger als 4 ng/l nach 45 bis 120 Minuten vor. Der negative Vorhersagewert betrug bei dieser frühen zweiten Probenentnahme 99,5 %. Nur bei 0,2 % der Patienten kam es in den folgenden 30 Tagen zu einem Herzinfarkt oder Todesfall.
Der in der Studie entwickelte Risiko-Kalkulator soll künftig innerhalb von rund einer Stunde eine gesicherte Diagnose liefern. Bislang müssen Patienten bis zu 12 Stunden darauf warten. © rme/aerzteblatt.de
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