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Politik

Medizinischer Dienst der Krankenver­sicherung soll auf neue Füße gestellt werden

Dienstag, 16. Juli 2019

/agenturfotografin, stock.adobe.com

Berlin – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der als künftiger Verteidi­gungs­mi­nister gehandelt wird, wird seinen Kollegen morgen im Bundeskabinett gleich drei Entwürfe aus seinem Haus vorlegen. Neben dem „Gesetz zur Stärkung der deutschen Apotheken“ sowie dem Gesetz zur Masernschutzimpfung, kommt auch der „Entwurf eines Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen“ kurz „MDK-Reformgesetz“ in die Beratung.

Bei dem Gesetz geht es um eine Reform des Medizinischen Dienstes der Krankenver­sicherung (MDK) sowie eine Reform der Prüfung von Krankenhausabrechnungen. So soll der MDK organisatorisch neu aufgestellt werden – und damit unabhängiger von den Krankenkassen werden.

Die Institution, die bundesweit 9.000 Menschen beschäftigt, soll künftig eine eigen­ständige Körperschaft des öffentlichen Rechts werden und dann „Medizinischer Dienst“ mit der Abkürzung „MD“ heißen. Organisatorisch stellt der MD dann künftig keine Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen mehr dar.

Dafür werden auch die Gremien und Verwaltungsräte der Institution neu sortiert. So sollen dort auch Vertreter von Patienten, aus der Ärzteschaft, der Pflegebedürftigen sowie der Pflegeberufe vertreten sein. Unabhängigkeit von den Krankenkassen soll nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bundesebene erfolgen. Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen wird ebenso vom GKV-Spitzenverband gelöst.

Veränderungen bei Krankenhausabrechnungsprüfungen

Der zweite Teil des Gesetzes ist die Reform der Krankenhausabrechnungsprüfungen. Dabei will Bundesgesundheitsminister Spahn die „Anreize für eine regelkonforme Abrechnung stärken“ – heißt: Es sollen neue Prüfquoten für Krankenhäuser, gestaffelt nach deren vorherigen Richtigkeit der Rechnungen eingeführt werden.

Ab 2020 sollen dafür zunächst eine Prüfquote von zehn Prozent bestimmt werden, die dann 2021 je nach Haus und Anzahl der unbeanstandeten Rechnungen angepasst werden. Haben Krankenhäuser eine hohe Quote unbeanstandeter Rechnungen, soll dies künftig zu einer geringeren Quote der Überprüfungen durch den neuen MD wer­den. „Umgekehrt führt ein hoher Anteil beanstandeter Abrechnungen zu einer höheren Prüfquote“, heißt es in dem Gesetz.

Und: „Zusätzlich hat ein hoher Prozentteil an beanstandeten Schlussrechnungen für vollstationäre Krankenhausbehandlung auch negative finanzielle Konsequenzen für ein Krankenhaus“, heißt es weiter. Im Vergleich zum Referentenentwurf heißt es nun in der Formulierung nicht mehr „nicht korrekte“ sondern „beanstandete“ Abrechnun­gen.

Das Gesetz legt in der jetzigen Version auch genaue Quoten für die Prüfungen fest. Eine Statistik darüber soll der GKV-Spitzenverband führen. Verlängert wurde im Ge­gensatz zum Entwurf aus dem Mai auch die Frist, in der Krankenkassen künftig Rech­nungen des Krankenhauses prüfen müssen: So sollen nicht wie geplant nach sechs Wo­chen, sondern erst drei Monate nach Eingang der Abrechnung einer Krankenhausbe­hand­lung die entsprechende Prüfung erfolgen müssen. Falls die Rechnung vom Medi­zinischen Dienst nicht beanstandet wird, muss die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale von 300 Euro zahlen.

Kritik an der Kabinettsfassung, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, äußerten die Krankenkassen. Sie sehen weiterhin eine „Provokation gegenüber der Selbstverwal­tung der Krankenkassen“, sagte Volker Hansen, der alternierender Vorsitzender der Arbeitgeberseite im Aufsichtsrat des AOK-Bundesverbandes und des GKV-Spitzen­ver­bandes.

Dort hatte es bereits auf einer Veranstaltung für Journalisten im Juni heftige Kritik am Entwurf zum MDK-Reformgesetz gegeben. Kritik übten die Verwaltungsräte vor allem an dem Passus, dass „aktive Selbstverwalter bei den medizinischen Diensten und den Krankenkassen künftig nicht mehr in den Verwaltungsrat des MDK gewählt werden dürfen“, sagte Knut Lambertin, alternierender Vorsitzender der Versichertenseite im Aufsichtsrat des AOK-Bundesverbandes.

Kritik von AOK und vdek

Auch die Neugestaltung der Prüfung der Krankenhausabrechnungen wird vom AOK-Bundesverband kritisiert. „Die Krankenhausabrechnungsprüfung effizienter zu gestal­ten, kann nicht bedeuten, dass fehlerhafte Abrechnungen gar nicht mehr in die Prü­fung kommen. Das hieße letzten Endes Krankenhäuser aufzufordern, ein strategi­sches Abrechnungsmanagement zu entwickeln,“ sagte Martin Litsch, Vorstandsvor­sitzender des AOK-Bundesverbandes.

Die neuen geplante Deckelung von Strafabschlägen bei falschen Rechnungen von maximal 1.500 Euro stößt der AOK sauer auf. „Zuvor waren noch 25 bis 50 Prozent auf die tatsächliche Differenzsumme vorgesehen. So werden Prüfungen vollends zur Farce, die Krankenhauslobby lacht sich ins Fäustchen“, erklärte Litsch weiter. Die AOK rechnet vor, dass 2017 56 Prozent der Krankenhausrechnungen fehlerhaft wa­ren. Krankenhäuser mussten demnach 2,8 Milliarden Euro zurückzahlen.

Auch der Verband der Ersatzkassen (vdek) kritisiert die neuen Überlegungen zu den Prüfquoten: „Eine Reform der Krankenhausabrechnungsprüfung ist sinnvoll, um das Prüfverfahren durch die MDKen effizienter zu gestalten. Maßnahmen wie beispiels­weise die Einführung von jährlichen Strukturprüfungen, die eine Vielzahl von Einzel­fall­­prüfungen ersetzen sollen, einem Scoring-System, das Krankenhäuser nach der Qualität der Rechnungslegung in drei Gruppen mit unterschiedlichen Regelungen bzw. Sanktionen einteilt, gehen in die richtige Richtung“, erlkärte Ulrike Elsner, Vorstands­vor­sitzende des vdek. Nicht akzeptabel sei allerdings, dass die Prüfquote der Kran­kenkassen von heute rund 17 Prozent auf 10 Prozent ab 2020 gesetzlich begrenzt werden soll.

Nach den Beratungen im Bundeskabinett soll auch dieses Gesetz ab Herbst im Parla­ment beraten werden. © bee/aerzteblatt.de

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