Politik
Bayerischer Verfassungsgerichtshof stoppt Volksbegehren zur Pflege
Dienstag, 16. Juli 2019
München – Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat das Volksbegehren „Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern“ heute gestoppt. „Der dem Volksbegehren zugrundeliegende Gesetzentwurf ist mit Bundesrecht unvereinbar“, sagte der Präsident des Gerichtshofs Peter Küspert. Dem Freistaat fehle schlicht die Gesetzgebungskompetenz. Außerdem sei es nicht zulässig, diese Frage mit der Hygiene zu verbinden. Damit schlossen sich die Richter der Auffassung der Staatsregierung an (Az.: Vf. 41-IX-19).
Den Richtern zufolge sind Volksbegehren zu vermeiden, „bei denen von vornherein ohne jeden ernsthaften Zweifel davon auszugehen ist, dass das Gesetz nach einem erfolgreichen Volksentscheid wegen Verstoßes gegen Bundesrecht vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof für nichtig erklärt werden müsste“.
Der Bund habe „von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz erschöpfend Gebrauch gemacht“, sagte Küspert und nannte als Beispiele die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) und das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) aus dem vergangenen Jahr. An einer ähnlichen Begründung war auch schon ein Pflege-Volksbegehren in Hamburg gescheitert.
Das Bündnis „Stoppt Pflegenotstand“ äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung. „Enttäuschung ist schon da“, sagte der Sprecher des Initiatorenbündnisses, der Linken-Bundestagsabgeordnete Harald Weinberg. Ein weiteres Begehren mit einem neuen Gesetzesvorschlag kann Weinberg sich zunächst nicht vorstellen. „Ich glaube, wir sind da am Ende der Fahnenstange, aber nicht am Ende der Auseinandersetzung.“
„Das ist eine schlechte Nachricht für alle Patientinnen und Patienten und für die Beschäftigten in der Pflege“, sagte der Pressesprecher des Bündnisses, Ulrich Meyer. Statt um Gesundheit, menschenwürdige Pflege und erträgliche Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern stünden Paragrafen und die Gewinne der Krankenhauskonzerne im Mittelpunkt. Meyer sagte, er gehe davon aus, dass das Thema eine große Rolle bei der Kommunalwahl 2020 spielen werde.
Enttäuscht äußerten sich auch die Gewerkschaft Verdi und die SPD. Die Grünen nannten die Entscheidung ein „trauriges Urteil für Pflegende und Pflegebedürftige“. „Bayern hätte ein Leuchtturm werden können für die gesamtdeutsche Pflegelandschaft“, hieß es in einer Mitteilung.
Die Initiatoren das Volksbegehrens – ein Bündnis aus Grünen und SPD, Gewerkschaften und Vereinen – hatte nach eigenen Angaben mehr als 100.000 Unterschriften gesammelt. Per Volksabstimmung wollten sie ein Gesetz herbeiführen, das die Krankenhäuser zu einer besseren Personalausstattung und der Einhaltung von Hygienevorschriften verpflichtet. Laut Initiatoren fehlen an den Krankenhäusern rund 12.000 Pflegekräfte.
Das bayerische Innenministerium hatte das Volksbegehren für unzulässig erklärt und die Angelegenheit den Verfassungsrichtern zur Entscheidung vorgelegt. Das Ministerium argumentierte, zentrale Teile der Forderungen seien schon durch Bundesrecht abschließend geregelt. In Bayern gebe es deswegen keine entsprechende Gesetzgebungsbefugnis. Aus diesem Grund hatte das Hamburger Verfassungsgericht am 7. Mai dieses Jahres schon ein ähnliches Volksbegehren gestoppt. © dpa/kna/aerzteblatt.de

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