Medizin
Opiatepidemie steigert Zahl der neonatalen Abstinenzsyndrome in Nordamerika
Dienstag, 16. Juli 2019
Montreal – Die großzügige Verschreibung von Opioiden zur postoperativen Schmerzbehandlung gilt als wichtige Ursache der derzeitigen Opioidepidemie in Nordamerika. Eine Folge ist laut einer Studie im Canadian Medical Association Journal (2019; doi: 10.1503/cmaj.181519) eine Zunahme von Geburten mit einem neonatalen Abstinenzsyndrom.
Die postoperative Verordnung von Opioiden führt vor allem bei jüngeren Menschen schnell zu einer Abhängigkeit. Frühere Studien haben gezeigt, dass etwa 5 Prozent der jüngeren Patienten um ein Folgerezept bitten, weil der Entzugsschmerz die Operationsschmerzen abgelöst hat.
Bei jungen Frauen kann die fortgesetzte Einahme von Opioiden im Fall einer Schwangerschaft zur Abhängigkeit ihres ungeborenen Kindes führen. Nach der Geburt kommt es dann zu einem neonatalen Abstinenzsyndrom mit Fieber, Gewichtsverlust, Atembeschwerden und Krampfanfällen. Viele Kinder verbringen ihre ersten Lebenstage dann auf der Neugeborenen-Intensivstation.
Nathalie Auger von der Universität Montreal und Mitarbeiter haben den Zusammenhang in einer Analyse der Krankenhausstatistiken des Staates Quebec untersucht. In Kanada werden die meisten Operationen an den Kliniken durchgeführt.
Ein neonatales Abstinenzsyndrom ist in Kanada insgesamt seltener als in den USA. Die Diagnose wurde bei 2.346 der 2,1 Millionen Kinder gestellt, die zwischen 1989 und 2016 in Quebec geboren wurden. Auger ermittelt eine Prävalenz von 10,7 auf 10.000 Neugeborene (in den USA erkranken laut anderen Studien 21,2 auf 10.000 Neugeborene).
Insgesamt 1.052 Mütter hatten sich in den Jahren vor der Schwangerschaft einer Operation unterzogen. Die Prävalenz betrug 14,9 pro 10.000 Neugeborene. Bei den 1.294 Neugeborenen, deren Mütter keine Operation in der Vorgeschichte hatten, betrug die Prävalenz nur 8,8 auf 10.000 Neugeborene. Auger ermittelt eine Risk Ratio (RR) von 1,63, die mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,49 bis 1,78 signifikant war.
Am meisten gefährdet waren Kinder, wenn die Frauen vor der Schwangerschaft dreimal oder häufiger operiert worden waren (RR 2,34; 2,07 bis 2,63) oder wenn die Frauen bei der ersten Operation jünger als 15 Jahre waren (RR bei einer Operation 2,08; 1,71 bis 2,54; RR bei zwei oder mehr Operationen 2,79; 2,32 bis 3,37).
Die Studie kann den Zusammenhang letztlich nicht beweisen, er erscheint jedoch plausibel. Eine zurückhaltendere Verordnung von Opioiden nach Operationen könnte die Zahl der Kinder mit einem Neugeborenen-Abstinenzsyndrom senken, schreibt Auger. © rme/aerzteblatt.de
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