Ausland
Wieder mehr HIV-Fälle in Osteuropa
Dienstag, 16. Juli 2019
Genf – In Osteuropa und Zentralasien hält der besorgniserregende Aufwärtstrend neuer HIV-Infektionen an. Im vergangenen Jahr stieg dort die Zahl der Menschen, die mit dem Aids-Erreger infiziert sind, um 29 Prozent, wie das UN-Programm der Vereinten Nationen für HIV/Aids (UNAIDS) heute berichtete. Insgesamt seien in der Region mit Russland, der Ukraine und rund einem Dutzend anderen Ländern etwa 1,7 Millionen Menschen mit HIV infiziert.
Auch im Nahen Osten und Nordafrika sowie in Lateinamerika stiegen die Zahlen. Nach wie vor sei Ost- und Südafrika aber die am stärksten von HIV betroffene Region, mit 20,6 Millionen Infizierten. Dort mache aber vor allem Südafrika gute Fortschritte. Die Zahl der neuen Infektionen sei seit 2010 um 40 Prozent zurückgegangen, die Zahl der Todesfälle sei im gleichem Umfang reduziert worden.
Weltweit hätten sich im vergangenen Jahr 1,7 Millionen Menschen neu angesteckt, so UNAids, das sei ein Rückgang um 16 Prozent seit 2010. 2018 lebten nach der Schätzung eine Million mehr Menschen mit HIV als im Jahr davor, insgesamt 37,9 Millionen. Nur gut 60 Prozent wurden aber mit den lebenswichtigen Medikamenten versorgt. 770.000 Menschen starben 2018 an Erkrankungen im Zusammenhang mit Aids, ein Rückgang von 33 Prozent gegenüber 2010.
Es fehlt der Wille
„Wir brauchen dringend mehr politische Führung, um Aids auszumerzen“, erklärte die Chefin des UN-Hilfsprogramms Unaids, Gunilla Carlsson, heute bei der Vorstellung des Jahresberichts. Sorgen bereiteten ihr vor allem die mangelnden Ressourcen für den Kampf gegen Aids. Erstmals seit dem Jahr 2000 seien die weltweit verfügbaren Mittel zurückgegangen, erklärte sie.
Im vergangenen Jahr standen insgesamt 19 Milliarden Dollar (17 Milliarden Euro) für Maßnahmen gegen das HI-Virus zur Verfügung. Das sind eine Milliarde Dollar weniger als 2017 und sieben Milliarden weniger als für das Jahr 2020 benötigt.
Mangelnder politischer Willen und ungenügende Mittel könnten das bisher Erreichte wieder untergraben, warnte die amtierende Unaids-Chefin. „Aids auszumerzen ist möglich, wenn wir uns auf Menschen und nicht Krankheiten konzentrieren (...) und versuchen, vor allem die Menschen zu erreichen, die am meisten betroffen sind“, fügte sie hinzu.
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Von Ärzte ohne Grenzen hieß es heute, auch wenn UNAids von einigen Erfolgen berichte, sei der Kampf gegen die Krankheit noch lange nicht gewonnen. Ärzte ohne Grenzen beklagt, dass die Zahl der Todesfälle anders als angestrebt zuletzt kaum gesunken sei.
„Der rechtzeitige Einsatz wirksamer Diagnostika und Medikamente zur Behandlung von HIV/Aids könnte die meisten dieser Todesfälle verhindern, und doch ist die Zahl der Aids-Todesfälle seit 2014 nur minimal zurückgegangen“, betonte die Hilfsorganisation.
„Wir können nicht feiern oder über Erfolge sprechen, während Hunderttausende weiterhin jedes Jahr an Aids sterben, weil sie keinen Zugang zur HIV-Grundversorgung haben“, sagte Gilles Van Cutsem, HIV-Experte von Ärzte ohne Grenzen. Viele Menschen lebten entweder in Ländern, die vernachlässigt würden, oder sie seien Teil vernachlässigter Bevölkerungsgruppen, oder die Politik ignoriere sie.
„Die Prävention, Erkennung und Behandlung von fortgeschrittenem HIV und Aids erfordert mehr Aufmerksamkeit und Finanzierung, insbesondere in Gebieten mit geringer Abdeckung wie West- und Zentralafrika und in vernachlässigten Bevölkerungsgruppen“, so Van Cutsem. Ärzte ohne Grenzen forderte alle Akteure auf, mehr zu tun, um tödliche Infektionen zu bekämpfen, die den Aids-Tod verursachen. © dpa/afp/may/aerzteblatt.de

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