Medizin
Evolutionärer Verlust eines einzigen Genes könnte für Herzinfarkte verantwortlich sein
Dienstag, 23. Juli 2019
San Diego – Der Verlust eines einzigen Gens vor etwa zwei bis drei Millionen Jahren könnte dafür verantwortlich sein, dass Menschen grundsätzlich ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen haben als andere Tiere wie etwa Menschenaffen. Und dieser evolutionäre Genverlust könnte es auch sein, der das Risiko für Menschen, die viel rotes Fleisch essen, noch weiter nach oben treibt. Dies zeigt eine in PNAS veröffentlichte Studie (2019; DOI: 10.1073/pnas.1902902116).
Es ist gut zehn Jahre her, dass dem Pathologen Nissi Varki und dem Molekularmediziner Ajit Varki, beide von der University of California San Diego School of Medicine, auffiel, dass andere Säugetiere, praktisch nie atherosklerosebedingte Herzinfarkte erleiden. Und das gilt selbst für die eng mit Menschen verwandten Schimpansen, auch wenn sie in Gefangenschaft leben und „menschliche“ Risikofaktoren wie hohe Lipidwerte, Hypertonie und Bewegungsmangel teilen. Wenn Schimpanzen einen Herzinfarkt haben, dann aufgrund einer bislang noch nicht erklärbaren Vernarbung des Herzmuskels.
Nun berichten die beiden Varkis, dass es bei genetisch modifizierten Mäusen mit einem Mangel an N-Glycolylneuraminsäure (Neu5Gc) – wie er bei Menschen vorliegt – zu einem signifikanten Anstieg der Atherosklerose kommt – im Vergleich zu Kontrollmäusen, die noch über das Gen CMAH verfügen und weiter Neu5Gc produzieren.
Die beiden Wissenschaftler glauben, dass es in der menschlichen Evolution vor einigen Millionen Jahren zu einer Mutation kam, die das CMAH-Gen deaktivierte. Die „menschenähnliche“ Elimination von CMAH und Neu5Gc bei Mäusen habe den Schweregrad der Atherosklerose im Vergleich zu nicht modifizierten Mäusen nahezu verdoppelt, schreiben sie.
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„Das erhöhte Risiko scheint durch mehrere Faktoren bedingt zu sein, unter anderem hyperaktive Leukozyten und eine Neigung zu Diabetes bei den ‚menschenähnlichen‘ Mäusen“, erklärt Ajit Varki in einer Pressemitteilung. „Dies könnte auch erklären, weshalb selbst vegetarisch lebende Menschen ohne andere offensichtliche kardiovaskuläre Risikofaktoren dennoch in Relation zu unseren evolutionär nächsten Verwandten im Tierreich ein hohes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle haben.“
Mögliche Erklärung für Verbindung zwischen rotem Fleisch und Atherosklerose
Dennoch scheint der Verzehr von rotem Fleisch das Risiko noch einmal weiter nach oben zu treiben: Durch den Konsum von rotem Fleisch werden Menschen immer wieder gegenüber Neu5Gc exponiert, dies führt den Wissenschaftlern zufolge zu einer Immunreaktion und chronischen Inflammation, die sie als „Xenosialitis“ bezeichnen. In ihren Experimenten führte eine Neu5Gc-reiche, fettreiche Ernährung bei den genetisch modifizierten, „menschenähnlichen“ Mäusen zu einer Zunahme der Atherosklerose um das 2,4-Fache, die sich weder durch Veränderungen der Blutfettwerte noch der Blutglukose erklären ließ.
„Der evolutionäre Verlust von CMAH beim Menschen trägt wahrscheinlich sowohl durch intrinsische als auch extrinsische Faktoren zu einer Prädisposition gegenüber Atherosklerose bei, schreiben die Autoren, „und es sollte in Betracht gezogen werden, in künftigen Studien dieses menschenähnlichere Tiermodell zu verwenden.“ © nec/aerzteblatt.de
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Es ist auch ein anderer Grund bekannt,
Vitamin C ist bekanntlich für die Festigkeit der Bindegewebe unverzichtbar. Bei völliger Abwesenheit von Vitamin C zerfallen die Gewebe. Man spricht dann von Skorbut. Geringfügiger Skorbut dagegen bleibt unbemerkt, weil die hierbei entstandenen Blessuren laufend mit Cholesterin ausgebessert werden. Bei den großen Gefäßen können Aneurysmen entstehen.

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