Medizin
Darmbakterien könnten amyotrophe Lateralsklerose beeinflussen
Mittwoch, 24. Juli 2019
Tel Aviv – Eine Antibiotikabehandlung beschleunigt bei Mäusen, die aufgrund einer Mutation im SOD1-Gen eine amyotrophen Lateralsklerose entwickeln, den Ausbruch der Motoneuron-Krankheit. Forscher führen diese protektive Wirkung in Nature (2019; doi: 10.1038/s41586-019-1443-5) auf ein Darmbakterium zurückführen, das durch die Produktion von Nicotinamid den Krankheitsverlauf verlangsamte.
Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS), an der in Deutschland jährlich etwa 2.000 Menschen erkranken, ist gekennzeichnet durch einen Untergang der Motoneurone, die die Signale vom Gehirn zu den Muskeln weiterleiten. Etwa 5 Prozent der Erkrankungen ist erblich. Zu den bekannten Ursachen gehören Mutationen im Gen für die Superoxid-Dismutase 1 (SOD1).
Mutationen im SOD1 lösen auch bei Mäusen eine Motoneuron-Krankheit aus. Ein Team um Eran Elinav vom Weizman Institute of Science in Rehovot bei Tel Aviv machte kürzlich die Beobachtung, dass die Erkrankung bei den Tieren früher auftritt, wenn sie mit einem Breitbandantibiotikum behandelt wurden. Tiere, die keimfrei aufwachsen und deren Darm keine Bakterien enthält, erreichten niemals ein ausgewachsenes Alter.
Die Forscher vermuteten, dass Darmbakterien den Ausbruch der Motoneuron-Krankheit beeinflussen. Ihre weiteren Experimente ergaben, dass das Bakterium Akkermansia muciniphila für die protektive Wirkung verantwortlich ist. Wenn die Tieren nach der Behandlung mit dem Breitbandantibiotikum ein Probiotikum mit Akkermansia muciniphila erhielten, konnte der Ausbruch der Motoneuron-Krankheit hinausgezögert werden.
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Die Forscher fanden auch heraus, dass Akkermansia muciniphila das Molekül Nicotinamid bilden, das nach der Resorption aus dem Darm offenbar das Gehirn erreicht. Die Konzentration von Nicotinamid im Blut war nach der Antibiotikabehandlung jedenfalls vermindert und sie stieg an, wenn die Mäuse ein Probiotikum mit Akkermansia erhielten.
Bei Mäusen konnte der Ausbruch der Erkrankung auch durch eine Infusion mit Nicotinamid hinausgezögert werden. Ob eine solche Behandlung auch bei Patienten im Frühstadium der ALS wirksam wäre, lässt sich aus tierexperimentellen Studie nicht ableiten. Da Nicotinamid als Medikament zugelassen ist, könnten hierzu jederzeit klinische Studien durchgeführt werden.
Die Forscher haben Stuhlproben, Blut und teilweise auch den Liquor von 37 Patient mit der Motoneuron-Krankheit untersucht. Sie fanden ähnliche Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmflora und in der Nicotinamid-Konzentration von Blut und Liquor wie bei den Tieren. © rme/aerzteblatt.de
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