Politik
Schwangerschaftsabbrüche: FDP und Linke verlangen Streichung des Werbeverbots
Freitag, 2. August 2019
Berlin – Nach den Startproblemen der zentralen Liste von Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, haben FDP und Linke ihre Forderung nach einer Abschaffung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch (StGB) erneuert. „Nur so wird Rechtssicherheit geschaffen und den Frauen geholfen“, sagte FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae heute. Die Linken-Abgeordnete Cornelia Möhring sagte der Welt, so lange der Paragraf bestehe, stünden Ärzte nach wie vor mit einem Bein im Gefängnis.
Der Paragraf 219a verbietet Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft. Er war im Februar nach monatelangem Koalitionsstreit reformiert worden. Nunmehr dürfen Ärzte, zum Beispiel auf ihrer Internetseite, darüber informieren, dass sie Abtreibungen vornehmen. Zu den Methoden dürfen sie aber weiterhin keine Angaben machen. Stattdessen soll in einer zentralen Liste der Bundesärztekammer und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung darüber informiert werden.
In der Anfang der Woche veröffentlichten Liste sind bisher weniger als 100 Einträge zu finden, fast alle in Berlin und Hamburg. Die Bundesärztekammer hatte bereits vorgestern erklärt, dass sich die Seite noch im Aufbau befindet. Es sei Ziel gewesen, die Liste „schnellstmöglich und rechtskonform“ auf den Weg zu bringen, so ein Sprecher. Die Ärzte können sich freiwillig auf die Liste setzen lassen. Das Ärzteverzeichnis wird monatlich aktualisiert und solle noch „deutlich benutzerfreundlicher gestaltet“ werden als bisher.
„Mit der Liste ist weder den betroffenen Frauen noch den Ärzten geholfen", urteilte Thomae. „Es bleibt dabei: Der Paragraf 219a muss ganz abgeschafft werden.“ Thomae warf der großen Koalition vor, betroffene Frauen und Ärzte im Stich zu lassen.
Mediziner, die Abtreibungen vornehmen, können selbst entscheiden, ob sie sich auf die zentrale Liste setzen lassen. „In Zeiten, in denen klerikale Kreise und Rechtsextreme Ärzte ins Visier nehmen, liefert man denen die Adresse nicht noch frei Haus“, sagte dazu Möhring, die fraktionspolitische Sprecherin der Linkfraktion, der Welt.
Die Professorin für Familienplanung, Ulrike Busch, sagte der Zeitung, viele Ärzte würden vor einer Aufnahme in die Liste zurückschrecken. Sie würden sich sehr genau überlegen, „ob sie mit ihrer Praxisadresse auf einer überregionalen Liste auftauchen wollen und sich so zur Zielscheibe für Abtreibungsgegner machen, die Mahnwachen vor Arztpraxen abhalten“. Ähnlich hatte sich zuvor die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Ulle Schauws, geäußert.
Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), betonte derweil in der Welt, Ärzte, die nicht auf die Liste wollten, könnten wie bisher den anerkannten Beratungsstellen Bescheid geben „und so alle Frauen erreichen, die über eine Abtreibung nachdenken“. © afp/dpa/may/aerzteblatt.de

@Hampelrobert
In den USA, wo diese Bewegung gegen Abtreibung herkommt, gibt es eine eigenartige Koalition: Dieselben Menschn, die das ungeborene Leben so vehement schützen, schützen auch das Recht auf Waffenbesitz für Jedermann - die wollen ungeborenes Leben schützen und gefährden das geborene Leben...
Menschenrechte sind bei 7.000.000 Millionen Menschen auf diesem Planeten ein Luxus, den sich ohnehin nur reiche Völker leisten können. Die Abwägung einer Frau, ob sie eine Schwangerschaft austragen will/kann, ist Menschenrecht der betroffenen Frau und nur ihr eigenes Recht, in das sich niemand einzumischen hat.

Interessante Allianzen
Im Übrigen haben derartige Listen wie die als Folge des §219a immer einen üblen Beigeschmack als Zielhilfe für die ewig gestrigen. Auf Arte lief vor einigen Tagen ein Film über die amerikanische Bürgerrechtsbewegung und über den Marsch von Selma nach Montgomery.
https://de.wikipedia.org/wiki/Selma-nach-Montgomery-Märsche
https://de.wikipedia.org/wiki/Selma_(Film)
Der Ausschluss der schwarzen Mehrheit von der Wahl funktionierte nach dem Prinzip, dass erst die Hürden für die Registrierung als Wähler maximal angehoben wurden. Die wenigen erfolgreichen Schwarzen, welche diese erste Hürde schafften, wurden dann in öffentlichen Listen angezeigt und durch den Ku-Klux-Klan drangsaliert. Wer also ein großer Freund derartiger Listen ist, sollte am 16.08.19 die Gelegenheit nutzen und sich auf arte die Wiederholung dieses Films ansehen.
Was die grundsätzliche Diskussion zum Thema Abtreibung betrifft, ob ein Zellhaufen eine Seele hat und ob ein Zellhaufen schon die gleichen Rechte wie ein geborener Mensch hat, das ist eine Frage der Überzeugungen. Bei der aktuellen Diskussion darf eines nicht vergessen werden: Es geht nicht um den Verhaltenskodex innerhalb einer Religionsgemeinschaft, sondern um allgemein verbindliche Gesetze, und diese können nur auf Werten aufbauen, die allgemein akzeptiert werden. Das Christentum repräsentiert den Stand der Moraldiskussion vor 2000 Jahren. Inzwischen hat sich die Welt etwas weiter bewegt.

Sehr geehrter Practicus,
Wenn Sie schon einsehen können, dass das Unterlassen potentiell lebensrettender Maßnahmen, das Nichttaufen und das Nichtbestatten eines (toten) Menschen die Menschenwürde verletzen, wie viel mehr ist Ihnen dann doch klar, dass das geplante Töten eines lebendigen, vollkommen schutzbedürftigen, unschuldigen Kindes, also lebenszerstörende Maßnahmen, die Menschenwürde zerstören. Unser aller Menschenwürde übrigens.

Die asphyktischen Neugeborenen
Also mal halblang mit der christlich-ethischen Keule!
Das ärztliche Berufsrecht verbietet ohnehin jede anpreisende oder marktschreierische Werbung - das sollte doch auch im Fall von Schwangerschaftsabbrüchen völlig ausreichend sein!
Der öffentliche Pranger, an dem abtreibungswillige Ärzte und Ärztinnen ihre Adressdaten für die militanten Abtreibungsgegner angeben sollen, ist doch Quatsch! Das macht es nur einfacher, die Adressen für Farbbeutelwürfe, Steine in Fenster und abscreckende Mahnwachen vor den Praxistüren zu beschaffen!

Verkehrte Welt
Die Ungeborenen sind genauso Menschen, Personen wie wir. Sie gehören zu uns. Wer ihre Würde antastet, tastet die der Eltern an genauso wie die meine oder die von Ihnen, geehrter Leser. Das Lebensrecht Unschuldiger ist nicht verhandelbar.
Zurecht dämmert es manchem linken Politiker, dass das Erscheinen auf einer Abtreiber-Liste etwas zutiefst Ehrenrühriges für den Genannten an sich hat.

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