Politik
Ex-Gesundheitsminister gegen Widerspruchslösung bei Organspende
Montag, 5. August 2019
Berlin – Die früheren Bundesgesundheitsminister Ulla Schmidt (SPD) und Hermann Gröhe (CDU) haben sich erneut gegen die sogenannte Widerspruchslösung bei der Organspende gewandt. Den diesbezüglichen Vorstoß des derzeitigen Ressortchefs Jens Spahn (CDU) bewerteten sie am Montag in Berlin als „nicht zielführend“. Sinnvoller sei es, „die Bedingungen in den Entnahmekrankenhäusern zu verbessern“.
Schmidt und Gröhe wollen dafür am Donnerstag kommender Woche ein Konzept vorstellen. Dieses stützt sich demnach auf einen schon länger vorliegenden, fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf für die sogenannte Zustimmungslösung, für die sich unter anderem auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock einsetzt. Es gehe darum, „das Vertrauen in die Organspende zu erhöhen und damit die Organspendebereitschaft und Verbindlichkeit zu steigern“, erklärten Schmidt und Gröhe zu ihrem Vorschlag.
Um die Zahl von Organspendern zu erhöhen, plant Spahn eine sogenannte doppelte Widerspruchslösung. Demnach soll jeder als Spender gelten, der sich nicht ausdrücklich gegen eine Organspende ausgesprochen hat. Zudem ist ein Widerspruch durch seine Angehörigen möglich.
Deutsches Ärzteblatt print
- Organspende: Hitzige Debatte im Bundestag
- Organspende: Bundesärztekammerpräsident schlägt neue Regeln vor
aerzteblatt.de
Bisher sind Organentnahmen für Transplantationen nur bei einer ausdrücklichen Zustimmung möglich. Daran wollen die Befürworter einer reformierten Zustimmungslösung festhalten. Sie argumentieren mit dem Recht auf Entscheidungsfreiheit. Allerdings sieht das dafür vorliegende Modell unter anderem ein Online-Register der Menschen vor, die zu einer Organspende bereit sind. Zudem sollen alle Bürger regelmäßig aufgefordert werden, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Erneut in die Debatte geraten war das Thema Ende Juli durch umstrittene Pläne in Japan, Mischwesen aus Mensch und Tier zu züchten. Ziel ist es, auf diese Weise menschliche Organe in Tieren heranwachsen zu lassen, um sie als Spenderorgane nutzen zu können. Die in Japan dazu vorgesehenen Experimente sind aber noch im Bereich der Grundlagenforschung. © afp/aerzteblatt.de

Es geht dem Ende entgegen,
Was meine Person betrifft: Natürlich habe ich einen Organspendeausweis und wäre im Fall meines Hirntods bereit, alle meine Organe zu spenden mit Ausnahme meiner Niere, denn ich bin im 24. Jahr sehr erfolgreich nierentransplantiert, darf deshalb meine Niere nicht spenden und war vorher 2,5 Jahre an der Dialyse. Jetzt kann ich wieder alles essen und trinken, habe eine Familie und bin meinem unbekannten Organspender bzw. seinen Angehörigen für ihre Entscheidung pro Organspende unendlich dankbar für mein zweites Leben. Dialyse bedeutet u.a. 3 Mal in der Woche für jeweils 5 Stunden an der Dialysemaschine zu hängen, so gut wie nichts trinken zu dürfen (weil man als Dialysepatient nicht mehr pinkeln kann), so gut wie keine Vollkornprodukte, Obst, Tomaten usw. essen zu dürfen. Nach jeder Dialyse war ich platt wie nach einem Fussballspiel. Dies alles wünsche ich niemandem, ich könnte mir sogar vorstellen, dass Menschen ihre Meinung in Richtung Widerspruchsregelung ändern könnten, wenn sie selbst an der Dialyse sind oder auf ein Herz warten. Schon eine nicht auskurierte Grippe kann zu einer schweren Herzerkrankung führen und eine Transplantation notwendig machen, natürlich nur, wenn man gerne weiterleben würde, z.B. weil man eine junge Mutter oder ein junger Vater ist oder weil das eigene betroffene Kind erst 10 Jahre als ist. Dass die Widerspruchsregelung in unsere Zeit zu passen scheint, wird dadurch belegt, dass es immer mehr Länder werden, die sie einführen (dieses Jahr England, letztes Jahr NL, vorletztes Jahr Frankreich z.B.). Zum Christlichen: sicherlich kann man christliches Leben so auffassen wie Rimbach, gleichzeitig ist seit Jahrzehnten der offizielle Standpunkt der beiden christlichen Kirchen in Deutschland: „Organspende ist der letzte Akt der Nächstenliebe“. Grundsätzlich ist jeder Bürger a priori ein möglicher Organempfänger (ausser er will bewusst nicht), gleichwohl ist nicht jeder Bürger ein potenzieller Organspender. Ca. 85% der Bürger in D sehen die Organspende positiv, nur ca. 36% haben eine Organspendeausweis ausgefüllt, was bedeutet, dass die Differenz von ca. 50%-Punkten potenzielle passive Organspender sind, mit einer Widerspruchsregelung würden sie potenzielle aktive Organspender, was ja ihrem eigenen Willen/ Verhältnis zur Organspende entspricht. Ich muss allerdings zugeben, dass das Wort „Spende“ (eine bewusste, explizit getroffene Entscheidung etwas zu geben) eher unpassend wirkt. Zur Zeit gibt es in der Schweiz eine gesellschaftliche Bewegung, die Widerspruchsregelung dort auch einzuführen (Volksentscheid in 2020), dort spricht man davon, dass mit der Widerspruchsregelung die „vermutete Zustimmung“ umsetzen will. Das ist vielleicht sprachlich weniger aufregend für Gegner?! Fazit: da ich das Gefühl habe, dass sich unsere Positionen nicht annähern, soll dies meine letzte Stellungnahme dazu hier sein. Ich wünsche Ihnen allen Glück und vor allem Gesundheit und keine Transplantationsnotwendigkeit. Sie müssten sehr lange warten oder sogar sterben, wenn sich in D nichts ändert.

DRZE: Gedanke der Autonomie wird nicht hinreichend berücksichtigt
So schreibt Herr PD Dr. Lanzerath ale Geschäftsführer des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften (DRZE) in der Fachzeitschrift der f&w 8/19: " Und zweitens wird der Gedanke der Autonomie nicht hinreichend genug berücksichtigt. Die Widerspruchslösung ... passt nicht in unsere Zeit. Organspende ist ein freiwilliger Akt der Solidarität und keine Pflicht. Der menschliche Körper nimmt eine eigentümliche Stellung zwischen Person und Sache ein." ... "Was mit meinem Körper geschieht, ist meine persönliche Entscheidung und gehört zur Selbstverfügung. Diese sollten wir nicht aufgeben."
Fazit: Weg mit der Widerspruchslösung!
Wer Organe hergeben möchte kann sich gerne in ein Register eintragen lassen!

Recht auf Sterben
mal ganz ehrlich, dann sollen doch die, die das wollen sich in ein Register eintragen lassen! Wo ist das Problem? Das geht ganz ohne Zwang! Wenn die Betreuer für andere entscheiden, dann doch aus ihrem eigenen Denken heraus. Das muss ja nicht der wirkliche Wille des zu Betreuenden sein.
Wenn Sie doch spenden möchten, dazu sagen Sie ja nichts, außer dass Sie dafür sind, dass andere gezwungen werden sollen automatisch zu etwas zu werden. Dann tragen Sie sich doch ganz freiwillig in so ein Register ein.
Stimmt, zu den Wahlen, da gebe ich Ihnen recht, hat bisher noch keiner gefordert! Eine Widerspruchslösung auch nicht zur Organspende. Was nicht ist kann ja noch kommen.
Und nochmals. Wenn aufgeklärt werden soll, dann bitte richtig. Warum zeigt den die Bundesärztekammer z.B. kein Video der Organentnahme auf ihrer Weibseite? Oder andere Vertreter wie die DSO? Warum zeigt denn keiner, das bereits lebenserhaltende oder den Sterbeprozess verzögernde Maßnahmen eingeleitet werden, bevor überhaupt entschieden ist, ob jemand seine Organe hergeben möchte. Warum nennt man es Spende? Diese ist freiwillig und warum bekommen die Beteiligten Geld?
Warum soll es so sein, wie uns aus politischen Kreisen zugetragen wurde, dass in Spanien die Angehörigen die Beerdigungskosten bezahlt bekommen? Mir wird bei diesen doch ökonomisch und materialistischen Gedankengut ÜBEL!
Christlich ist das nicht und hat mit Nächstenliebe überhaupt NICHTS zu tun.
"Jeder Mensch ist einmalig als Person und besitzt eine ihm von Gott gegebene unverfügbare Würde.
Daraus ergibt sich die Verpflichtung, menschliches Leben von Anfang bis Ende, von der Empfängnis bis zum Tod, zu achten, zu schützen und, wo Not ist, helfend zu begleiten." Sterbende sind zu begleiten, egal um wen es sich handelt. Christus hat nie ein Opfer, schon gar nicht ein Menschenopfer gefordert.
"Vornehmstes und ureigenstes Ziel aller Caritas-Arbeit ist es, Menschen, insbesondere benachteiligte und schwache, vor Ausnutzung, vor Ausgrenzung und zugleich vor Vereinnahmung zu schützen und ihre Selbsthilfekräfte anzuregen."
Das ist christlich. Wir sollen die Menschen vor Vereinnahmungen schützen und darum darf es keine Widerspruchslösung geben!
@ Frau Bolica. Vielen Dank für Ihren Beitrag.

Ihr Ziel, Herr Andretti, ist aller Ehren wert, aber

Eine schöne Diskussion, die zeigt, wie man...
Ich habe sehr großes Verständnis für jeden Menschen, der keine Organe spenden will, aus welchem Grund auch immer! Ich habe kein Verständnis für Menschen, die Organspenden für Dritte (aber auch für eigene Angehörige) erschweren wollen, eben durch die Ablehnung der Widerspruchsregelung. Ich kann beim besten Willen keinen Zwang, keinen Druck, keine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit erkennen, wenn jeder jederzeit ohne Begründung widersprechen könnte. Zum Hirntod: er ist nicht erfunden worden, damit man transplantieren kann. Ohne die Möglichkeit einer Transplantation würden die herz- und kreislauferhaltenden Maschinen abgestellt, weil mit der Feststellung des Hirntods der Patient für tot erklärt wird. Juristisch und auch medizinisch. Und das, obwohl das Herz noch schlägt! Die Folge des Abstellens dieser Maschinen wäre der Herztod innert wenigen Minuten oder Stunden, weil der Hirntoten Patient nicht mehr selbständig atmen kann. Zu den geistig Behinderten: kein Behinderter würde automatisch zum Organspender, ausser die Eltern, der Betreuer oder der Vormund haben/ hat dem zugestimmt. Zu den nicht Deutsch sprechenden Bürgern in Deutschland: m.W. planen die Befürworter (Spahn/ Lauterbach) eine entsprechende mehrsprachige Aufklärung. Ob allerdings jede in Deutschland gesprochene Fremdsprache dabei sein wird, bezweifle ich, finde ich aber auch nicht schlimm. Immerhin soll JEDER BÜRGER DREI MAL DAZU ANGESCHRIEBEN WERDEN lt. Gesetzentwurf. Da wird wohl beim dritten Mal auch der Letzte jemanden fragen, um was es geht. Zu den Organen: vielleicht kann man sich darauf einigen, dass die Organe durchblutet sein müssen für eine Explantation, das ist m.E. Etwas sachlicher formuliert. Zu den Grundrechten: es gibt mehrere Juristen (u.a. der frühere Verfassungsrichter Papier), die hier gar kein Problem sehen. Es müsse nur sichergestellt sein, dass JEDER JEDERZEIT SICHER OHNE BEGRÜNDUNG AUFWANDSGERING widersprechen könne. Zum Sozialismus: die Widerspruchsregelung gilt in bereits in 24 Ländern Europas. Meines Wissens ist keines davon sozialistisch/ dirigistisch, es sind alles Demokratien. Fazit: es muss zumutbar sein, zu widersprechen vor dem Hintergrund des Leids und des Sterbens.

Natürliches Sterben
Der sog. Hirntod ist aus meiner Sicht ein Organversagen, eine schwere Funktionsstörung, aber keinesfalls der Tod - die Organe müssen für die Organtransplantation lebendig sein, also können sie nicht tot sein und damit auch nicht der ganze Körper. Schon gar nicht, wenn noch so viele Funktionen erhalten sind.
Das Argument, dass diese Menschen kognitiv nicht mehr erreichbar sind, ist wohl stimmig, aber sie sind deswegen nicht tot. Der Mensch stirbt erst, wenn das Herz aufhört zu schlagen. Darüber hinaus hat der Mensch eine Seele und die steht für mich über dem Kognitiven und über dem Körper. Beim normalen Sterben verlässt diese Seele m.W. immer erst nach dem Klinischen Tod den Körper - wie in vielen Berichten aufgezeigt und z.B. auch in der Malerei dargestellt. Im Umkehrschluss heißt das, dass bei der Organentnahme die Seele noch da ist bzw. den Körper noch nicht (ganz) verlassen hat. Es dürfte also bei der Organentnahme etwas sehr Abruptes passieren, was für den sterbenden Menschen nicht gut ist. Er stirbt aus meiner Sicht vorzeitig und unnatürlich.
Das Sterben sollte schon - wenn irgend möglich - heilig sein. In diesen Prozess bewusst einzugreifen ist schädlich.
Lebensverlängernde Maßnahmen sind oft sinnvoll. Wenn es aber auf das Sterben zugeht, ist dem Sterben Rechnung zu tragen – und das dann bitte natürlich. Wie der Mensch stirbt, halte ich für außerordentlich wichtig. Die Organtransplantation bei irreversiblem Hirnfunktionsausfall pervertiert diese Denke.
Eine einigermaßen ausgeglichene Aufklärung zur Organtransplantation findet m.E. in Deutschland nicht statt. Die entsprechenden Maßnahmen der BZgA sind aus meiner Sicht tendenziell parteiische Informationen, die verschiedenen Seiten werden dort nur unzureichend dargestellt. Das dortige Menschenbild ist materialistisch, die Seele fehlt.
Mit der Widerspruchslösung greift m.E. der Staat in die Grundrechte ein: es wäre eine Vorentscheidung, die er sich da anmaßt treffen zu können. Unser Staat würde damit dirigistischer und sozialistischer werden, der Demokratie würde er damit schaden. Lasst uns unsere Demokratie erhalten! Für die Aufklärung! Für den Menschen – für den Menschen mit Körper, Seele und Geist!

Recht auf Sterben
mehr als nur ein Organ. Klärt die Menschen richtig auf, zeigt die angewandten Methoden zur Feststellung des Hirnfunktionsausfalls. Klärt die geistig Behindert so auf, dass diese verstehen, dass ihnen bei lebendigem Leib Organe entnommen werden. Klärt die Menschen auf, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Zwang hat nichts mit Selbstbestimmung zu tun. Zwang schließt das Recht auf die Unversehrtheit des menschlichen Köpers aus.
Wer mag, der kann sich gerne in ein Register als Organgeber eintragen. Zu jeder ärztlichen Untersuchung können dann immer relevante Befunde ins Register übertragen werden. Dank Digitalisierung demnächst ja möglich.
Ach ja, spannend fände ich auch, wenn demnächst alle Nichtwähler automatisch eine Partei der Nichtwähler gewählt haben. Ist doch ein guter Gedanke, oder? Die Mehrheiten sind dann dieser Partei sicher! Ist undemokratisch, oder?

Ein Hinweis, ein Mal völliges Unverständnis
Ich habe auch kein Verständnis für das Argument der mangelnden Selbstbestimmung im Fall der Widerspruchsregelung. Jeder könnte jederzeit ohne irgendeine Begründung seinen Widerspruch ablegen, z.B. in einem entsprechenden Register. Besser kann das Selbstbestimmungsrecht nicht gewahrt werden.

Nachrichten zum Thema

Leserkommentare
Um Artikel, Nachrichten oder Blogs kommentieren zu können, müssen Sie registriert sein. Sind sie bereits für den Newsletter oder den Stellenmarkt registriert, können Sie sich hier direkt anmelden.