Politik
Intensivmediziner stützen Spahns Vorstoß zur außerklinischen Beatmung
Mittwoch, 14. August 2019
Berlin – Die Bundesregierung hatte gestern angekündigt, die Versorgung von außerklinischen Beatmungspatienten qualitativ verbessern zu wollen. Für die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) ist das längst überfällig. Sie bot ihre Unterstützung an.
Die DIVI sprach heute von einer derzeit stattfindenden Gewinnmaximierung auf Kosten schwerkranker Patienten. „Statt von der künstlichen Beatmung schnellstmöglich entwöhnt zu werden, werden Betroffene oft so lange wie möglich an Maschinen angeschlossen“, so die Fachgesellschaft.
Der Grund sei oft finanzieller Natur. Für die Versorgung eines Beatmungspatienten im eigenen Zuhause erhielten Anbieter pro Monat bis zu 25.000 Euro, spezialisierte Pflegeeinrichtungen verlangten von Angehörigen bis zu 3.000 Euro pro Monat.
„Auch wir haben in den vergangenen Jahren eine überproportionale und nicht mehr zu verantwortende Zunahme an außerklinisch behandelten Intensivpatienten beobachtet. Dies belastet das gesamte Gesundheitssystem“, sagte DIVI-Präsident Uwe Janssens, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler. Besonders die Zahl der künstlich beatmeten Patienten habe sich drastisch erhöht.
Inzwischen hätten sich in ganz Deutschland Beatmungs-WGs gebildet, in denen mehrere Patienten gleichzeitig betreut würden. „Gerade hier ist zu befürchten, dass die hohen Anforderungen an die Qualität einer intensivmedizinischen Versorgung dort nicht erfüllt und auch nicht ausreichend kontrolliert werden“, sagte Janssens.
Weitere Aspekte berücksichtigen
Der neue Gesetzesentwurf sieht vor, dass Intensivpflege mit Beatmung Zuhause nur noch in Ausnahmefällen stattfinden darf. Für Pflege-WGs und ambulante Versorgung sollen die Qualitätsanforderungen massiv erhöht werden, gleichzeitig sollen die Eigenanteile einer Unterbringung in Spezialeinrichtungen auf zehn Euro pro Tag und maximal 280 Euro pro Monat gedeckelt werden. Ein finanzieller Anreiz soll zudem dafür sorgen, dass Krankenhäuser Patienten häufiger von der künstlichen Beatmung entwöhnen.
Die DIVI unterstützt das Vorhaben, rief die Politik aber zugleich dazu auf, weitere wichtige Aspekte mit in die neue Gesetzgebung aufzunehmen, um auch zukünftig die Qualität der Intensivversorgung zu sichern.
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Zum einen müsse eine Indikation durch Ärzte aus der Intensivmedizin gewährleistet sein. Zum anderen müsse zwingend der Patientenwille beachtet werden. Darüber hinaus solle bei einer bestehenden außerklinischen intensivmedizinischen Behandlung oder Beatmung die Notwendigkeit in regelmäßigen Abständen durch eine unabhängige Expertengruppe überprüft werden.
Definition schärfen
Zustimmung signalisierte heute auch der Verband der Ersatzkassen (vdek). „Die derzeitige Versorgung in sogenannten außerklinischen Wohngemeinschaften bietet oft nicht die beste Qualität. Im Sinne der Versicherten und ihrer Angehörigen ist zudem die Begrenzung der Zuzahlungen“, sagte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek.
Auch die Vorschläge des Bundesgesundheitsministeriums, beatmungspflichtige Menschen zukünftig regelhaft in besonders qualifizierten Pflegeeinrichtungen zu versorgen, sei richtig. Gut für die Betroffenen sei auch die Verpflichtung, immer wieder medizinisch zu prüfen, ob es Versorgungsalternativen zur Beatmung gebe.
Konkretisierungen sollte nach Auffassung des vdek aber noch die Definition des Personenkreises mit Leistungsanspruch. Ein „hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege“ reicht nicht aus, die Anspruchsberechtigung zu definieren. Zudem sollte vor allem für den stationären Bereich klargestellt werden, dass hier gemeinsame und einheitliche Verträge zu schließen seien.
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