Medizin
Augmented-Reality-Brille kann Orientierung von Patienten mit Retinitis pigmentosa verbessern
Mittwoch, 28. August 2019
Los Angeles – Eine Augmented-Reality-(AR)-Brille, die die Distanz zu Objekten durch eine Farbüberlagerung anzeigt, hat in einer randomisierten Studie in Scientific Reports (2019; 9: 11230) Patienten mit Retinitis pigmentosa geholfen, Hindernissen aus dem Weg zu gehen und Dinge leichter mit den Händen zu greifen.
Der allmähliche Verlust von Stäbchen und Zapfen in der Netzhaut führt bei Patienten mit Retinitis pigmentosa zu Sehstörungen, die die Orientierung im Raum zunehmend erschweren. Den Patienten gelingt es häufig nicht, Hindernisse rechtzeitig zu erkennen oder die Distanz zu Gegenständen abzuschätzen. Bisher sind die Patienten auf den weißen Langstock angewiesen, um Gefahrenpunkte rechtzeitig zu erkennen.
Zukünftig könnten AR-Brillen den Patienten helfen, sich im Raum zurechtzufinden. Forscher vom Ginsburg Institute for Biomedical Therapeutics in Los Angeles haben für eine kommerziell erhältliche AR-Brille (Hololens 1 von Microsoft) eine Software programmiert, die die Distanzen durch Farbüberlagerungen anzeigt.
Im Bewegungsmodus sind Gegenstände in einer Entfernung von weniger als 3 Fuß (91 cm) mit einem weißen Gitternetz überzogen. Eine grüne Farbe der feinen Linien zeigt eine Distanz von 3 bis 4 Fuß an. Bei 4 bis 5 Fuß Distanz werden die Dinge rot markiert. Noch weiter entfernte Objekte werden von der AR-Brille nicht eingefärbt.
Ein Team um Mark Humayun vom Roski Eye Institute in Los Angeles hat die AR-Software an zehn Patienten mit Retinitis pigmentosa und deutlich eingeschränktem Visus erprobt. In einem Hindernisparcours kam es zu 50 % weniger Kollisionen, und die Patienten erreichten das Ziel zu 30 % schneller, wenn sie die AR-Brille trugen.
Im Greifmodus der AR-Brille wurden den Entfernungen im Nahbereich farbliche Markierungen zugewiesen. Von 0 bis 6 Zoll (15 cm) Distanz wurden die Gegenstände mit weißen Linien gekennzeichnet. Bei 6 bis 12 Zoll waren sie grün, bei 12 bis 18 Zoll blau und bei 18 bis 24 Zoll Entfernung rot markiert.
Die zehn Probanden waren mit AR-Brille bei den Greifversuchen nach einem Holzgegenstand vor schwarzem Hintergrund zu 70 % häufiger erfolgreich und sie beendeten ihre Aufgabenliste zu 78 % früher.
Da AR-Brillen technisch ausgereift sind, könnten die Hilfen relativ schnell angeboten werden. Ob sie allerdings von den Patienten der Abtastung mit den Langstock vorgezogen werden, bliebe abzuwarten. © rme/aerzteblatt.de

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