Medizin
Mendelsche Randomisierung: Körperfett fördert Depressionen
Donnerstag, 29. August 2019
Aarhus – Übergewichtige Menschen leiden häufiger unter Depressionen. In einer Studie in Translational Psychiatry (2019; 9: 184) war jede Zunahme des überschüssigen Körperfetts um 10 Kilo mit einer Erhöhung des Depressionsrisikos um 17 % verbunden. Eine Mendelsche Randomisierung schließt eine reverse Kausalität, nach der die Depression für die Zunahme des Körpergewichts verantwortlich ist, weitgehend aus.
Die Mendelsche Randomisierung geht davon aus, dass genetische Merkmale in einer Bevölkerung zufällig verteilt sind. Wenn bestimmte Genvarianten (Einzelnukleotid-Polymorphismen, SNP) mit einem Anstieg des Körperfetts verbunden sind, sollten dieselben Genvarianten normalerweise nicht auch bei Menschen mit Depressionen gefunden werden.
Ist dies trotzdem der Fall, kann davon ausgegangen werden, dass der Anstieg des Körpergewichts für die Depressionen verantwortlich ist. (Es sei denn die Gene erklären beide Erkrankungen, was bei so unterschiedlichen Phänomenen wie Adipositas und Depressionen unwahrscheinlich ist). Epidemiologen vergleichen die Mendelsche Randomisierung mit der Durchführung einer randomisierten klinischen Studie, einem Goldstandard in der medizinischen Beweisführung.
Ein Team um Søren Dinesen Østergaard von der Universität Aarhus hat eine Mendelsche Randomisierung zum Einfluss von Übergewicht auf Depressionen durchgeführt. Sie verwendeten dabei die Daten der UK Biobank mit 332.000 Teilnehmern und des Psychiatric Genomics Consortium mit 480.000 Teilnehmern. In den beiden Kohorten waren zahlreiche SNP gefunden worden, die die Anfälligkeit auf eine Adipositas erhöhen.
In der UK Biobankstudie war auch die Verteilung des Körperfetts untersucht worden. Sie hatte nach der Analyse von Østergaard keinen Einfluss auf das Risiko einer Depression.
Menschen mit einer viszeralen Adipositas sind genauso gefährdet wie Menschen mit subkutanen Fettpolstern. Dies spricht gegen die Vermutung, dass hormonelle Faktoren für die Depressionen verantwortlich sind. Das viszerale Fettgewebe setzt verschiedene Botenstoffe frei, die beispielsweise für die Insulinresistenz und den Typ-2-Diabetes mit verantwortlich gemacht werden.
Depressionen gehören nach den Ergebnissen der Studie nicht zu den Folgen des „lipotoxischen“ Bauchfetts. Østergaard vermutet, dass die Depressionen psychologische Ursachen haben: Menschen mit vermehrtem Fettgewebe leiden häufig unter ihrem Körperbild, wenn sie nicht gar von anderen Menschen deswegen stigmatisiert werden.
Die Forscher haben auch die Gegenprobe durchgeführt. Dabei wurde untersucht, ob die SNP, die das Risiko auf eine Depression erhöhen, mit einem erhöhten Körpergewicht verbunden waren. Dies war nicht der Fall, was die Kausalität bestätigt. Es ist das Übergewicht, das die Depressionen verursacht und nicht andersherum.
Neben dem Körperfett beeinflusst auch die Körpergröße das Risiko auf eine Depression. Kleine Menschen erkranken häufiger. Der Einfluss war jedoch gering. Das Risiko stieg pro Standardabweichung nur um 6 %. Eine Standardabweichung der Körpergröße entspricht in Deutschland etwa 5 cm. © rme/aerzteblatt.de

Psychopharmaka als Adipositas-Ursache

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