Ärzteschaft
116117: Kassenärzte werben für die Rufnummer des Bereitschaftsdienstes
Freitag, 30. August 2019
Berlin – Mit einem TV-Spot auf RTL, Sat 1 und Pro Sieben sowie Online- und Plakatwerbung in großen Städten wollen Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) die 116117 – die Rufnummer des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes bekannter machen.
Der aktuellen Versichertenbefragung der KBV zufolge wählen nur 26 Prozent der Patienten die 116117, wenn sie außerhalb der Sprechstundenzeiten der niedergelassenen Ärzte medizinische Hilfe benötigen. Zwar sei die Bekanntheit der Rufnummer im Vergleich zu den Vorjahresbefragungen kontinuierlich gestiegen, erklärte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen heute zum Auftakt der Werbekampagne in Berlin. „Doch wir wollen schnell mehr erreichen.“
Hintergrund der Aktion ist, dass nach wie vor zu viele Menschen mit Bagatellerkrankungen die Notaufnahmen der Krankenhäuser verstopfen. Im kommenden Jahr solle die 116117 zu einer umfassenden Serviceplattform ausgebaut werden, sagte Gassens Vorstandskollege Stephan Hofmeister. Dann werde die Rufnummer nicht wie zurzeit nur zu den sprechstundenfreien Zeiten, sondern rund um die Uhr erreichbar sein.
Ab dem 1. Januar 2020 sind auch die Terminservicestellen der KVen unter dieser Nummer erreichbar. Ebenfalls ab Januar werde eine direkte telefonische Weiterleitung von der 116117 an den Rettungsdienst unter der Nummer 112 möglich sein. Bei der Entscheidung darüber, wo die Anrufer mit ihren Beschwerden am besten aufgehoben sind – in der Arztpraxis, der Bereitschaftsdienstpraxis, der Notaufnahme oder beim Rettungsdienst – werden die Disponenten in den Call Centern künftig von einer Software unterstützt.
Der Patient wird dabei nach einheitlichen Standards nach Symptomen, Krankheitsbildern, Vorerkrankungen und Risikofaktoren gefragt. Am Ende stehe aber keine Diagnose, sondern eine Einschätzung der Dringlichkeit der Behandlung, betonte Hofmeister. Die „strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland“ (SmED) soll in Zukunft auch in den Bereitschaftspraxen und den geplanten Integrierten Notfallzentren verwendet werden.
Kosten in dreistelliger Millionenhöhe
„Alle diese Angebote werden im Lauf des kommenden Jahres auch über die Webseite 116117.de und über eine App zur Verfügung stehen“, kündigte Hofmeister an. Von Januar an können Patienten über die App bei der Terminservicestelle Arzttermine buchen oder den Bereitschaftsdienst verständigen. Bis Ende 2020 sollen sie auch SmED über die App nutzen können.
KBV-Vorstand Thomas Kriedel hob den hohen Aufwand hervor, der hinter diesem erweiterten Service steckt. Er schätzt, dass die KVen das Personal in den Call Centern auf etwa 1.500 Mitarbeiter aufstocken müssen. Die Kosten für den neuen Service bezifferte Kriedel mit einem dreistelligen Millionenbetrag, der allein von Kassenärzten und Psychotherapeuten getragen werde.
Unterstützung in ihrem Bemühen, den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst bekannter zu machen, erhielten KBV und KVen von der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB). „Nur wenn mehr und mehr Patienten wissen, dass sie auch außerhalb der Sprechstundenzeiten Hilfe von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten bekommen, kann es gelingen, die Notaufnahmen der Krankenhäuser dauerhaft zu entlasten“, sagte Susanne Johna, Bundesvorstandsmitglied des MB, zum Start der Werbekampagne.
Der geplante Ausbau der Rufnummer 116117 zu einem zentralen, durchgängig erreichbaren Beratungsservice sei ein wichtiger Baustein in dem Bemühen, Patienten schnell und verlässlich in die für sie richtige Ebene der Akutversorgung zu leiten.
Johna machte zugleich klar, dass die Anstrengungen zum Ausbau des ärztlichen Bereitschaftsdienstes nicht durch fragwürdige Reformüberlegungen konterkariert werden dürften: „Der Sicherstellungsauftrag für die ambulante ärztliche Notfallversorgung liegt bei den KVen. Dort sollte er auch bleiben und entsprechend ausgefüllt werden“, betonte sie.
Ein Diskussionsentwurf zur Reform der Notfallversorgung aus dem Bundesgesundheitsministerium sieht vor, die Bundesländer mit der Sicherstellung der Notfallversorgung zu beauftragen. Dagegen wehren sich Bundesärztekammer, KBV und KVen. © HK/aerzteblatt.de

"Geschäftsmodell" sicher oder nur dahingestellt?
Welchen Satz finden wir zu Anfang in § 75 SGB V?
"Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht.
Kommt die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nach, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 oder § 87a vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten.
Die Einzelheiten regeln die Partner der Bundesmantelverträge."
Das klingt doch eher so, als ob eine "Lizenz" als Kassenarzt so eine Art "Franchise-Unternehmung" darstellt.
Das Geschäft betreiben Körperschaften.

Das Geld der Ärzte???
Jährlich 5% Steigerung geht dann halt mal nicht. Kein Wunder dass der Aufschrei groß ist. Der Spot ist äußerst wichtig, kommt aber fast zu spät. Kinder müssen die Nummer erlernen, parallel zum 112Lernstoff, anders wirds nichts.

Offenbar wenig verstanden
Da wundert es wenig, wenn jetzt der Vorschlag im Raum steht, den niedergelassenen Vetragsärzten den Sicherstellungsauftrag zumindest für diesen Bereich der Versorgung zu entziehen. Was die KV-Spitze mit dem Geld macht ist daher absolut folgerichtig. Sie investiert hohe Beträge in das Geschäftsmodell aller Vertragsärzte, nämlich in den Erhalt des Sicherstellungsauftrags.
Und zwar auch derer, die wohl immer noch glauben, dass die ihren Verdienst garantierenden vollen Praxen und Wartezimmer gottgegeben seien. Und die davon offenbar auch noch das Recht ableiten, ihre Patienten als eine Schar nimmersatter Esser an einem "all-you-can-eat Buffet" zu verunglimpfen.

KBV wirft das Geld der Ärzte zum Fenster raus!
Geil, nicht wahr? Die Ärzte zahlen ALLEIN dafür, dass sich die Versorgung der Patienten verbessert. Sind die in Berlin jetzt völlig übergeschnappt? Sie sind die Vertreter der Ärzte – nicht die Vertreter der Patienten. Das scheint die KBV-Oberen nicht im Mindesten zu interessieren.
„Im Lauf des kommenden Jahres kann auch aus der App heraus SmED von den Hilfesuchenden selbst aktiviert werden – im Sinne einer „digitalen Ersteinschätzung".“
Auch diese Maßnahme kostet richtig viel Geld. Da man sich mit „Geld aus dem Fenster werfen“ nicht mehr genug von anderen Flachpfeifen abheben kann, hat sich die KBV noch etwas einfallen lassen. Mit dieser App, und das ist der Hammer, soll am Ende der Patient, sofern die SmED nicht das Aufsuchen einer Notfalleinrichtung vorschlägt, gleich einen Termin beim Arzt machen. Ganz ohne Zutun eines Disponenten (beispielsweise der TSS) oder Mitarbeit der Praxis: Der Patient bucht sich online einen Termin – und dann darf sich die Praxis überraschen lassen, was kommt. Ob überhaupt einer kommt, ob aus „ganz massiven plötzlich aufgetretenen Rückenschmerzen“ ein „leichtes Stechen, das ich schon seit Monaten habe“ wird und ähnliches mehr. Überraschungspakete en masse. Kostbare Ressourcen werden üblicherweise anders verwendet.
"All das funktioniert nur, weil KBV, KVen, Ärzte und Psychotherapeuten an einem Strang ziehen."
Was auch immer in Berlin gerade konsumiert wird, es hat Einfluss auf die Wahrnehmungsfähigkeit. Denn es ist ganz bestimmt NICHT im Interesse vieler Ärzte, das Angebot für die Patienten auszuweiten und selbst dafür die Zeche zu zahlen. Für KBV und KVen mag das ein irrelevantes Argument sein, denn sie geben ja nicht ihr eigenes Geld aus sondern das Geld ihrer Mitglieder.
"Wie Herr Dr. Hofmeister eben schon sagte: Wir tun das alles nicht, weil der Gesetzgeber uns dazu nötigt."
So ist es. Die werfen das Geld der Ärzte ohne triftigen Grund zum Fenster raus.
"Ich finde dieses Projekt zeigt ganz hervorragend, wozu die ärztliche Selbstverwaltung fähig ist, wenn man ihr die Chance lässt, Versorgung aktiv zu gestalten."
Braucht es noch irgendwelche Beweise für die Inkompetenz der KBV? Die sind nicht nur völlig neben der Kappe, die finden das auch noch „ganz hervorragend“.
Sachen gibt’s ;-)

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