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Ärzteschaft

Kopfschmerzpatienten greifen vielfach zu leichtfertig zur Schmerztablette

Mittwoch, 4. September 2019

Bei Cluster-Kopfschmerzen kommt es zu schwer­sten halb­seitigen Schmer­zat­ta­cken im Augen-Schlä­fen­bereich. Sie können 15 bis 180 Minuten andauern und bis zu 8-mal täglich auftreten. /Khunatorn AdobeStock.com

Berlin – Viele Kopfschmerzpatienten greifen zu schnell zu Schmerztabletten. Nichtme­dikamentöse Maßnahmen, die die Anfallshäufigkeit nachgewiesenermaßen verrin­ger­ten, würden hingegen oft nicht konsequent eingesetzt. Das betonte die Deutsche Gesell­schaft für Neurologie (DGN) im Vorfeld des Weltkopfschmerztags am 5. September.

Die meisten Menschen greifen schnell zu frei verkäuflichen Schmerzmitteln, die auch in der Regel schnell Linderung verschaffen. Werden sie allerdings zu oft eingenommen – über ein Vierteljahr mehr als zehnmal im Monat – verursachen sie selbst Kopfschmerzen.

„Daher lohnt es sich, auch nichtmedikamentöse Maßnahmen auszuprobieren, zumal be­kannt ist, dass die Kombination aus pharmakologischer Therapie und Stressbewälti­gungstraining erfolgreicher ist als die alleinige Einnahme von Tabletten“, erklärte Hans-Christoph Diener, Kopfschmerzexperte und DGN-Pressesprecher.

Die Leitlinien stufen laut Fachgesellschaft die EMG-basierte Biofeedback-Therapie als wirksam ein, ebenso wie Entspannungstechniken und Verhaltenstherapie. Wirksam seien wahrscheinlich auch Physiotherapie und medizinische Trainingstherapie.

„Diese Verfahren zeigen erst langfristig Wirkung, aber auch in der Akutsituation gibt es eine Alternative für Schmerztabletten: Vielen Menschen mit Spannungskopfschmerzen hilft es, wenn sie großflächig auf Nacken und Schläfen Pfefferminzöl auftragen“, so Die­ner.

Gemeinsame Initiative

Zwar sei es nicht bei allen Patienten in jeder Situation möglich, Schmerzmittel wegzu­lassen, aber es sei wichtig, durch begleitende nichtmedikamentöse Maßnahmen die An­fallshäu­figkeit zu reduzieren, damit eine Schmerzmitteleinnahme nicht an mehr als zehn Tagen im Monat erforderlich werde.

Zum Weltkopfschmerztag startet die deutschlandweite Initiative „Attacke! Gemeinsam gegen Kopfschmerzen“ der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). Mit Aufklärungsarbeit will sie in den kommenden Jahren auf die unterschätzte Volks­krank­heit, ihre gesellschaftlichen Folgen sowie die Probleme von Millionen Betroffenen aufmerksam machen.

„Unser zentrales Anliegen ist es, dass alle Patienten, die wiederholt unter Kopfschmerzen leiden und Hilfe benötigen, schnell die richtige Diagnose und eine wirksame Therapie erhalten“, erläuterte Stefanie Förderreuther, Präsidentin der DMKG.

Die Kampagne richtet sich zunächst vor allem an Ärzte. Zentrale Informationsplattform ist www.attacke-kopfschmerzen.de mit Videos von Kopfschmerzexperten und einem „Schnelltest Kopfschmerzwissen“ zur Wissensauffrischung für Mediziner. Außerdem gibt es Datenbanken mit Fortbildungsveranstaltungen und zertifizierten Kopfschmerzexperten und Kopfschmerzzentren, an die Ärzte komplexere Fälle überweisen können.

Auch Kinder und Jugendliche leiden häufig unter Kopfschmerzen: Das folgt aus der Be­gleitforschung zur bundesweiten „Aktion Mütze – Kindheit ohne Kopfzerbrechen“. Danach leiden mehr als 70 % der Schüler in Deutschland unter wiederkehrendem Kopfschmerz.

Die Initiatoren von „Aktion Mütze“ erproben seit 2014 eine Unterrichtseinheit zur Kopf­schmerzprävention in siebten Klassen. Nun haben sie erste Analysen zur Wirksamkeit ihres Programms vorgelegt.

Sechs Monate nach Durchführung der Unterrichtseinheit haben sich bei 66,5 % der kopf­schmerzbetroffenen Schüler, die das erworbene Wissen anwenden, die Beschwerden ver­bessert. Bei den Befragten, die das bereitgestellte Arbeitsheft „Mütze hat den Kopf­schmerz satt“ weiterhin nutzen, berichten sogar 87,7 % von einer Verbesserung.

„Die Zahlen zeigen, dass Information und Wissen eine hoch wirksame Maßnahme zur Vorbeugung von Migräne und Kopfschmerzen im Schulalter sind“, kommentierte Hartmut Göbel, Direktor der Schmerzklinik Kiel und wissenschaftlicher Leiter der Studie, die Er­gebnisse: „Sie sind die Basis für ein bewusstes und gesundes Gesundheitsverhalten über die gesamte Lebensspanne“, so der Schmerzexperte. © hil/aerzteblatt.de

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