Medizin
Spracherkennung beginnt bereits in den Leitungsbahnen vom Ohr zur Großhirnrinde
Donnerstag, 12. September 2019
Dresden – Die Spracherkennung beginnt beim Menschen bereits in den Leitungsbahnen vom Ohr zur Großhirnrinde und nicht erst in der Großhirnrinde selbst. Das berichten Neurowissenschaftler um Katharina von Kriegstein der Technischen Universität Dresden in der Fachzeitschrift eLife (DOI 10.7554/eLife.44837).
In der Studie hörten 33 Versuchspersonen Sprachsignale von verschiedenen Sprechern und sollten in wechselnder Reihenfolge eine Sprachaufgabe oder eine Kontrollaufgabe zur Stimmerkennung durchführen. Das Wissenschaftlerteam nahm die Gehirnaktivität der Testpersonen während des Versuchs mit Hilfe eines MRT auf.
Bisher nahm man laut den Forschern an, dass alle Hörinformationen gleichermaßen über die Hörbahnen vom Ohr zur Großhirnrinde geleitet werden und erst hier ausgewertet werden.
Die Auswertung der MRT-Aufnahmen zeigte aber, dass eine Struktur in der linken Hörbahn – der mediale Kniehöcker - besonders hohe Aktivität hat, wenn die Versuchspersonen eine Sprachaufgabe durchführten und wenn die Versuchspersonen besonders gut im Erkennen von Sprache waren. „Der Teil des medialen Kniehöckers, der die Information vom Ohr zu der Großhirnrinde transportiert, verarbeitet Hörinformation anders, wenn Sprache erkannt werden soll, als wenn andere Bestandteile von Kommunikationssignalen erkannt werden sollen, zum Beispiel die Stimme des Sprechers“, erläutert von Kriegstein. Dies belege, dass die Hörbahnen spezialisierter auf Sprache seien, als bisher angenommen.
Die Ergebnisse haben laut den Forschern möglicherweise auch Relevanz für einige Symptome der Lese-Rechtschreibstörung (LRS). Es sei bekannt, dass der linke mediale Kniehöcker bei LRS anders funktioniere, als bei Testpersonen ohne LRS. Die Spezialisierung des linken medialen Kniehöckers auf Sprache könne eventuell erklären, warum Personen mit LRS häufig Schwierigkeiten hätten, Sprachsignale in geräuschvollen Umgebungen zu verstehen, zum Beispiel im Restaurant. Diesen möglichen Zusammenhang wollen die Forscher nun in weiteren Studien untersuchen. © hil/aerzteblatt.de

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