Medizin
Luftverschmutzung: Black Carbon erreicht die fetale Seite der Plazenta
Mittwoch, 18. September 2019
Löwen – Belgische Forscher haben mit einer neuen Methode feinste Kohlenstoffpartikel (Black Carbon) auf der fetalen Seite der Plazenta nachgewiesen. Die Konzentration korrelierte ihrem Bericht in Nature Communications (2019; 10: 3866) zufolge mit der Luftverschmutzung am Wohnort der Mütter. Eine Kontamination war bereits in der 12. Schwangerschaftswoche nachweisbar.
Black Carbon gehört zu den feinsten Partikeln, die bei der Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Energieträgern entstehen. Die Partikel gelangen nach dem Einatmen über die Alveolen ins Blut, mit dem sie in alle Organe transportiert werden. Bei Schwangeren wird auch die Plazenta erreicht. Aufgrund der geringen Größe war es bislang nicht möglich, Black Carbon im Gewebe eindeutig nachzuweisen.
Dies ist jetzt mit einer Variante der Zweiphotonenmikroskopie möglich, die ein Team um Maarten Roeffaers von der Hasselt Universität in Belgien entwickelt hat (Nano Lett 2016; 16: 3173-3178). Dabei werden die Präparate mit kurzwelligen Impulsen eines Laserstrahls (im Femtosekunden-Bereich) zur Fluoreszenz angeregt. Die Zellen der Plazenta leuchten grün, das interstitielle Kollagen rot. Dazwischen waren auf den Bildern, die Tim Nawrot von der Katholischen Universität in Löwen und Mitarbeiter jetzt vorstellen, als weiße (!) Punkte die Kohlenstoffpartikel des Black Carbon sichtbar.
Die Forscher haben zunächst das Plazentagewebe von Müttern untersucht, die zum errechneten Termin von den Kindern entbunden worden waren. Pro Plazenta wurden 5 Gewebeproben untersucht, darunter waren 4 von der fetalen Seite. Auch dort wurde Black Carbon gesichtet. Dies beweist, dass der Feinststaub den Kreislauf des Kindes erreicht.
Der kritische Punkt der Studie sei, dass sie lediglich zeigt, dass sich die Kohlenstoffpartikel in der gesamten Plazenta verteilen und damit potenziell den Fötus erreichen können, erklärt Torsten Plösch vom Universitätsfrauenklinik Groningen, Niederlande. „Dass dieses geschieht ist aber nur eine Vermutung. Die Autoren haben zum Beispiel nicht im Nabelschnurblut gemessen, ob dort Partikel angekommen sind. Auch zeigen sie nicht, dass die Partikel irgendwelche Interaktionen mit Zellen der Plazenta eingehen“, sagt der Leiter der Forschungsgruppe Experimentelle Perinatologie.
Dosis-Wirkungsbeziehung bekräftigt kausalen Zusammenhang
Im nächsten Schritt wurden die Plazentae von 20 Frauen untersucht, von denen jeweils 10 in Gegenden mit niedriger und hoher Luftverschmutzung wohnten. In den Plazentae der Mütter mit hoher Schadstoffbelastung wurden doppelt so viele Black Carbon-Signale gefunden wie bei den weniger exponierten Müttern. Diese Dosis-Wirkungsbeziehung bestätigt die Herkunft des Black Carbon aus der Umwelt.
Zuletzt haben die Forscher die Plazentae von 5 Frauen untersucht, bei denen es zwischen der 12. und der 31. Gestationswoche zu einer Frühgeburt gekommen war. Auch hier wurde in jeder Plazenta Black Carbon gefunden. Damit steht fest, dass der Feinststaub in allen Phasen der Schwangerschaft den Feten belastet.
Welche gesundheitlichen Folgen dies für das Kind hat, kann die Studie nicht zeigen. Die Forscher können hier aber auf zahlreiche epidemiologische Studien der letzten Jahre verweisen, in denen eine Exposition der Schwangeren mit Feinststaub einschließlich Black Carbon mit intrauterinen Wachstumsstörungen, einem niedrigeren Geburtsgewicht oder häufigeren Frühgeburten assoziiert war. © rme/aerzteblatt.de
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