Politik
Liposuktion kann ab Stadium 3 künftig Kassenleistung sein
Donnerstag, 19. September 2019
Berlin – Die Liposuktion beim Lipödem wird ab dem Stadium 3 in bestimmten Fällen zur Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen. Der Beschluss ist zunächst bis zum 31. Dezember 2024 befristet – und gilt nicht für alle Betroffenen.
Der G-BA hat klare Regeln festgelegt, welche Patientengruppen für die Liposuktion zulasten der GKV infrage kommen. Dazu zählen laut Richtlinie Patientinnen, bei denen sechs Monate vor der Indikationsstellung die Beschwerden mit einer ärztlich verordneten konservativen Therapie nicht gelindert werden konnten.
Liegt der Body-Mass-Index (BMI) unter 35, darf eine Liposuktion bei Lipödem im Stadium 3 durchführt werden. Bei Patientinnen mit einem BMI ab 35 soll zusätzlich zur Liposuktion eine Behandlung der Adipositas stattfinden. Bei einem BMI ab 40 soll keine Liposuktion durchgeführt werden und zunächst die Adipositas behandelt werden.
Darüber wurde in der Sitzung intensiv diskutiert, da besonders die Vertreter der Krankenhäuser und der Patienten die Liposuktion auch bei einem BMI über 40 therapiert sehen wollten. Die hier eingeführte Grenze resultiere vor allem aus der Anhörung der Fachgesellschaften, die argumentiert hatten, dass bei Frauen mit einem BMI über 40 zunächst die Adipositas behandelt werden soll.
Für eine gesicherte Diagnose des Lipödems im Stadium 3 muss der behandelnde Arzt dem G-BA zufolge künftig feststellen, dass die Patientin an einer übermäßigen Fettgewebsvermehrung mit überhängenden Gewebeanteilen von Haut und Unterhaut und einem Druck- oder Berührungsschmerz im Weichteilgewebe der betroffenen Extremitäten leidet, wobei Hände und Füße nicht betroffen sind.
Vor einer Operation des Lipödems im Stadium 3 muss über einen Zeitraum von sechs Monaten eine konservative Therapie wie etwa Lymphdrainage, Kompression, Bewegungstherapie kontinuierlich durchgeführt worden sein. Wenn trotz der konservativen Therapie keine Linderung der Beschwerden eintritt, kann der behandelnde Arzt die Durchführung einer Liposuktionsbehandlung verordnen.
Der Beschluss fiel einstimmig. Kleinere Streitigkeiten gab es bei der Frage der Qualitätssicherung. Als Maßnahme zur Qualitätssicherung hat der G-BA unter anderem festgelegt, dass vor dem ersten Eingriff eine Operationsplanung erfolgen und dokumentiert werden muss. Darin werden die zu behandelnden Körperareale der Patientin und die voraussichtliche Anzahl der Eingriffe festgelegt, sowie die Menge an abzusaugendem Fettgewebe.
Mehr als 3.000 Milliliter reinen Fettgewebes pro Eingriff dürfen nur dann abgesaugt werden, wenn die postoperative Nachbeobachtung über mindestens zwölf Stunden sichergestellt ist. Berechtigt zur Indikationsstellung und Durchführung der Liposuktion zulasten der GKV sind dem G-BA zufolge Fachärzte für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie sowie andere operativ tätige Fachärzte, wenn sie die vom G-BA festgelegten Anforderungen erfüllen.
Weitere Qualitätskriterien wollen die G-BA Vertreter in einem Monat beschließen. Dabei sollen die G-BA-Experten für Qualitätssicherung und Methodenbewertung erstmals in einer Arbeitsgruppe zusammenarbeiten.
Für Patientinnen, die in beim Lipödem in die Stadien 1 und 2 gehören, hatte der G-BA bereits eine Erprobung beschlossen. Ergebnisse sollen Ende 2024 vorliegen. Aufgrund der Erkenntnisse aus den drei Stadien will der G-BA dann weiter entscheiden.
„Mit der heutigen Entscheidung setzen wir die Forderung des Bundesministers für Gesundheit nach Einschluss der Liposuktion um und schaffen eine Versorgungsmöglichkeit für Patientinnen mit Lipödem im Stadium 3 – notwendigerweise mit strengen Vorgaben zur Qualitätssicherung und zunächst befristet“, sagte Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied und Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung des G-BA.
Zugleich führen man die Erprobungsstudie fort, die dem G-BA die zwingend nötigen Informationen für eine zuverlässige Abwägung von Nutzen und Schaden der Methode liefern solle, die man für eine endgültige Beschlussfassung dringend benötige.
Das Lipödem ist eine krankhafte Fettvermehrungsstörung, die an Armen und Beinen auftreten kann und insbesondere im Stadium 3 zu starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führt. Die Krankheit tritt nahezu ausschließlich bei Frauen auf. Es gibt keine belastbaren Schätzungen, wie viele Frauen an einem Lipödem leiden. © may/bee/aerzteblatt.de

jetzt gilt: die kranken müssen auch behandelt werden!

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