Medizin
Allopurinol: Studie ermittelt Risikofaktoren für schwere Hautreaktionen
Mittwoch, 2. Oktober 2019
Boston – Schwere Hautreaktionen wie das Stevens-Johnson-Syndrom oder die toxische epidermale Nekrolyse sind gefürchtete Komplikationen des Gicht-Medikaments Allopurinol. Eine bevölkerungsbasierte Kohortenstudie im Canadian Medical Association Journal (CMAJ 2019; 191: E1070-7) ermittelt jetzt die wichtigsten Risikofaktoren.
Der Xanthinoxidase-Hemmer Allopurinol ist nach wie vor der häufigste zur Behandlung hoher Harnsäure-Spiegel eingesetzte Wirkstoff. Wegen der gegen Febuxostat vorgebrachten Einwände könnte dies auch in Zukunft so bleiben. Doch auch der Einsatz von Allopurinol ist nicht ohne Risiken. Die meisten Patienten vertragen das Mittel zwar gut. Es kann jedoch zu lebensgefährlichen Hautreaktionen kommen.
Ein Team um Hyon Choi vom Massachusetts General Hospital in Boston hat hierzu die Daten des kanadischen Gliedstaates British Columbia ausgewertet. Dort sind alle Einwohner Mitglieder einer staatlichen Krankenversicherung und sowohl Verordnungen als auch Krankenhausbehandlungen werden zentral erfasst.
Die Forscher konnten deshalb relativ leicht ermitteln, wie häufig es nach der ersten Verordnung von Allopurinol zu einer Hospitalisierung wegen schwerer Hautreaktionen kam. Insgesamt erlitt einer von 1.196 Patienten nach der Neuverordnung von Allopurinol eine schwere Hautreaktion. Sie traten am häufigsten nach etwa einem Monat auf. Wenn die Patienten das Mittel über 3 Monate vertragen hatten, war das Risiko nur noch minimal.
Herz- und Nierenerkrankungen erhöhten das Risiko. Einer von 655 Herzkranken und einer von 611 Nierenkranken erlitt nach der Erstverordnung von Allopurinol eine schwere Hautreaktion. Bei Patienten ohne Herzerkrankung betrug die Häufigkeit nur 1 zu 1.548, bei Nierengesunden 1 zu 1.379. Choi ermittelt ein relatives Risiko (RR) für Herzkranke von 1,55 (95-%-Konfidenzintervall 1,01 bis 2,37) und von 1,88 (1,17-3,02) für Nierenkranke.
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Weitere Risikofaktoren waren ein weibliches Geschlecht (RR 2,45; 1,65-3,65) und ein höheres Alter (60 bis 70 Jahre; RR 2,24; 1,33-3,78; über 70 Jahre RR 5,04; 1,77-14,30).
Eine hohe Allopurinoldosis (mehr als 100 mg/Tag; RR 2,78; 1,75-4,43) erhöhte das Risiko ebenfalls (2,78; 1,75-4,43). Auffällig war auch eine ethnische Häufung bei Asiaten. In Richmond mit einem hohen Anteil von Asiaten erlitten die Patienten 4,67-mal (2,65-8,25) häufiger nach der Verordnung von Allopurinol eine schwere Hautreaktion. Das erhöhte Risiko wird mit dem Allel HLA-B*5801 in Verbindung gebracht, das bei Asiaten besonders häufig ist.
Die einzelnen Risiken sind additiv. Eine Frau über 70 mit Herzerkrankungen, die in einer Region mit einem großen Anteil von Menschen asiatischer Herkunft lebt, hatte ein 23-fach höheres Risiko auf eine schwere Hautreaktion zu entwickeln wie ein jüngerer Mann (< 70 Jahre) ohne Herzerkrankung aus einer Region mit geringem Anteil von Asiaten. © rme/aerzteblatt.de
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