Ärzteschaft
Kritik an Ausgestaltung des Disease-Management-Programms Rückenschmerz
Dienstag, 1. Oktober 2019
Berlin – Der Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD) und die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) haben die Ausgestaltung des Disease-Management-Programms (DMP) „Chronischer Rückenschmerz“ kritisiert.
Patienten mit länger als zwölf Wochen andauernden Kreuzschmerzen mit deutlichen Aktivitätseinschränkungen, die auf eine leitliniengerechte Behandlung nicht angesprochen haben, können künftig an diesem strukturierten Behandlungsprogramm teilnehmen.
Die beiden Verbände begrüßen das DMP zwar im Grundsatz, jedoch berücksichtigt es ihrer Meinung nach aktuelle Erkenntnisse der multimodalen Schmerztherapie zu wenig. Bei schweren Krankheitsverläufen fehle in dem DMP zum Beispiel die Erfassung von psychosozialen Risikofaktoren. Auch sei nicht erkennbar, wann und unter welchen Bedingungen eine Weiterleitung zur multimodalen Schmerztherapie angezeigt sei.
Die Verbände kritisieren außerdem, dass der koordinierende Arzt vor Einschreibung in das DMP prüfen soll, ob eine medizinische Rehabilitation sinnvoll sei. „Hier wird die Priorität der kurativen Versorgung, die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) selbst eindeutig formuliert, untergraben“, erklärten BVSD und DGS.
Die beiden Verbände begrüßen hingegen, dass multimodale Schulungen in dem DMP vorgesehen sind. Allerdings müsse deren Umsetzung klarer geregelt werden: So seien die Inhalte der multimodalen Schulungen für Hausärzte bisher nicht definiert.
Schulungsangebote sollten nach schmerzmedizinischer Auffassung disziplinenübergreifend konzipiert sein, das heißt medizinische, verhaltenstherapeutische und verhaltenstherapeutisch orientierte bewegungstherapeutische Inhalte umfassen. „Sie müssten von qualifizierten Therapeuten durchgeführt werden“, so BVSD und DGS.
Der G-BA hatte Mitte April die inhaltlichen Anforderungen an das neue DMP beschlossen. Die Krankenkassen können von Oktober an mit Ärzten oder Krankenhäusern Verträge zur praktischen Umsetzung des Programms abschließen.
„Wir haben hohe Erwartungen an das neue Programm, wir gehen davon aus, dass es die medizinische Versorgung der Patienten mit chronischem Rückenschmerz verbessern wird“, hatte Elisabeth Pott, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses DMP, erklärt.
Die Schwierigkeit bei der Entwicklung der einzelnen Bausteine bestünde – trotz einer guten wissenschaftlichen Erkenntnislage in Form von medizinischen Leitlinien – darin, dass Rückenschmerz kein klar umrissenes Krankheitsbild darstellten. Vielmehr handle es sich um Symptome mit unterschiedlichen Ursachen. Im DMP werde, um eine Fehlversorgung zu vermeiden, großer Wert auf eine gesicherte Diagnose gelegt. © hil/aerzteblatt.de

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