Politik
IQWiG erachtet Screening auf Hodenkrebs nicht als empfehlenswert
Freitag, 11. Oktober 2019
Köln – Hodenkrebs ist selten, wird auch ohne regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen in den meisten Fällen rechtzeitig erkannt und ist gut behandelbar. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Ein Hodenkrebsccreening sei auf Grundlage der vorliegenden wissenschaftlichen Ergebnisse deshalb nicht zu empfehlen, so das Institut.
Im Auftrag des IQWiG hatten Wissenschaftler der Universitäten Hall in Tirol und München sowie der Gesundheit Österreich GmbH Wien untersucht, ob eine regelmäßige Früherkennungsuntersuchung für Männer ab 16 Jahren zu besseren Behandlungsergebnissen beim Hodenkrebs führt.
Dem Expertenteam zufolge ist dies jedoch nicht der Fall, da Hodenkrebs eher selten auftritt und auch ohne regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen in den meisten Fällen in einem relativ frühen Stadium entdeckt wird. Selbst in fortgeschrittenen Stadien werden bei der Behandlung von Hodenkrebs gute Ergebnisse erzielt.
Dem geringen Nutzenpotenzial stehen den Experten zufolge, mögliche Schäden durch unnötige Hodenfreilegungen oder -entfernungen im Rahmen der Abklärung von verdächtigen Screeningbefunden gegenüber.
Die bei gezielter Untersuchung häufig entdeckten Hodenanomalien könnten die Betroffenen zudem beunruhigen und einen unnötigen Ressourcenverbrauch nach sich ziehen. Vor allem bei der ärztlichen Untersuchung sei nicht auszuschließen, dass in der Betrachtung der gesamten Zielpopulation der zu erwartende Schaden durch mehr unnötige invasive Abklärungen den zu erwartenden Nutzen übersteige, hieß es.
Dementsprechend sollte laut IQWiG die ärztliche Tast- und Ultraschalluntersuchung weder als regelmäßige Früherkennungsuntersuchung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) noch als individuelle Gesundheitsleistung angeboten werden.
Die Tasteigenuntersuchung sei dagegen vermutlich mit geringerem Schadenspotenzial verbunden und bei besorgten jungen Männern nach entsprechender Aufklärung und Anleitung eher vertretbar. Im Rahmen der üblichen Gesundheitserziehung sollte Männern geraten werden, bei Auffälligkeiten am Hoden zeitnah eine ärztliche Untersuchung zur diagnostischen Abklärung in Anspruch zu nehmen.
Hodenkrebs tritt meist schon im frühen Alter zwischen 25 und 45 Jahren auf und ist die häufigste bösartige Neubildung bei jungen Männern. Ohne Behandlung verläuft die Erkrankung tödlich. Mit einem Anteil von 1,6 Prozent an allen Krebserkrankungen bei Männern gehört der Hodenkrebs insgesamt jedoch zu den seltenen Krebsarten. Durchschnittlich erkranken nur 11 von 100.000 Männern jährlich neu an Hodenkrebs.
Der vorläufige Bericht zum Health-Technology-Assessment (HTS) kann noch bis zum 8. November 2019 kommentiert werden. Die eingereichten Stellungnahmen werden anschließend gesichtet und diskutiert. Danach wird der HTA-Bericht finalisiert und an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) sowie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) übermittelt. © hil/sb/aerzteblatt.de

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