Medizin
Schnellere Auffütterung von Frühgeborenen bleibt in Studie ohne Risiken
Montag, 14. Oktober 2019
Halifax – Eine schnelle Auffütterung von extremen Frühgeburten, die in Beobachtungsstudien mit dem Risiko einer nekrotisierenden Enterokolitis assoziiert war, hat sich in einer größeren randomisierten Studie im New England Journal of Medicine (2019; 381: 1434-1443) als sicher erwiesen.
Viele extreme Frühgeborene werden in den ersten Lebenstagen parenteral ernährt. Da die dafür notwendigen intravenösen Zugänge das Risiko auf eine Sepsis erhöhen, wird versucht, die Kinder so rasch wie möglich auf eine Milchnahrung umzustellen, wobei heute nach Möglichkeit Muttermilch verwendet wird.
Es gibt allerdings Bedenken, dass eine zu rasche Auffütterung den Darm überfordern könnte. Mehrere Beobachtungsstudien haben auf ein erhöhtes Risiko einer nekrotisierenden Enterokolitis hingewiesen.
Die SIFT-Studie („Speed of Increasing Milk Feeds Trial“) hat die Sicherheit der schnellen Auffütterung an 2.804 Kindern untersucht, die vor der 32. Gestationswoche geboren wurden oder ein Gewicht von weniger als 1.500 Gramm hatten. Die Kinder wurden an 55 Kliniken (in Großbritannien und Kanada) auf 2 Ernährungsstrategien randomisiert. In der 1. Gruppe wurde die Milchmenge täglich um 18 ml/kg erhöht, in der anderen Gruppe betrug die tägliche Steigerung 30 ml/kg.
Primärer Endpunkt war ein Überleben der Kinder ohne mittelschwere oder schwere neurologische Entwicklungsstörungen im Alter von 24 Monaten. Wie Jon Dorling von der Dalhousie University in Halifax und Mitarbeiter berichten, erreichten nach der schnelleren Fütterung 802 von 1.224 Kindern (65,5 %) dieses Entwicklungsziel gegenüber 848 von 1.246 Kindern (68,1 %) bei langsamerer Fütterung (die übrigen 334 Kinder konnten nicht untersucht werden).
Die Unterschiede waren gering und die von Dorling ermittelte adjustierte Risk Ratio von 0,96 war bei einem sehr engen 95-%-Konfidenzintervall von 0,92 bis 1,01 nicht signifikant. Die Gefahr, dass ein Nachteil der schnellen Fütterung übersehen wurde, ist deshalb gering.
Es wurde weder ein Rückgang der Sepsisrate noch ein Anstieg in der Zahl der nekrotisierenden Enterokolitiden gefunden: An einer „Late onset“-Sepsis erkrankten nach schnellerer Auffütterung 414 von 1.389 Säuglingen (29,8 %) gegenüber 434 von 1.397 Säuglingen (31,1 %) nach langsamerer Steigerung der Milchmenge (adjustierte Risk Ratio betrug 0,96; 0,86 bis 1,07).
Eine nekrotisierende Enterokolitis trat in der Gruppe mit schnellerer Auffütterung bei 70 von 1.394 Säuglingen (5 %) auf gegenüber 78 von 1.399 Säuglingen (5,6 %) in der Gruppe mit der langsamen Auffütterung (adjustierte Risk Ratio: 0,88; 0,68 bis 1,16).
Auch in der Kliniksterblichkeit (4,3 versus 4,7 %) und der Behandlungsdauer auf der Intensivstation gab es keine Unterschiede (7 versus 8 Tage). Die Dauer der parenteralen Ernährung wurde von 11 auf 9 Tage verkürzt (auch dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant.
Das einzige Sicherheitssignal war eine erhöhte Rate von mittelschweren oder schweren motorischen Beeinträchtigungen. Sie wurden nach der schnellen Ausfütterung bei 87 von 1.164 Säuglingen (7,5 %) und nach der langsamen Auffütterung bei 59 von 1.177 (5 %) diagnostiziert.
Da es für dieses Ergebnis keine plausible Erklärung gibt, geht Dorling trotz einer signifikanten adjustierten Risk Ratio von 1,48 (1,02 bis 2,14) von einem Zufallsergebnis aus. © rme/aerzteblatt.de
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Evidenz und Erfahrung
Das Paper ist sicherlich eher für Neonatologen aus Nordamerika interessant, die ja immer noch sehr zurückhaltend mit enteraler Ernährung sind.

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