Ausland
Ärzte ohne Grenzen zieht Mitarbeiter aus Nordsyrien ab
Mittwoch, 16. Oktober 2019
Damaskus – Im Zuge der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien und der „extrem instabilen Situation“ zieht die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) alle internationalen Mitarbeiter aus der Region ab.
„Dies waren extrem schwierige Entscheidungen“, teilte MSF gestern mit. Die Organisation sei sich der Bdürfnisse flüchtender und verletzlicher Menschen bewusst. Die derzeitige Lage mache es aber unmöglich, Medizin und Helfer in die betroffenen Gebiete zu bringen. Die Sicherheit der syrischen und ausländischen Mitarbeiter sei nicht mehr gewährleistet.
Ärzte ohne Grenzen rief die Konfliktparteien auf, den Schutz von Zivilisten zu sichern. Hilfsorganisationen müssten Zugang zur Zivilbevölkerung erhalten, um diese zu versorgen. Ärzte ohne Grenzen hatte im Nordosten Syriens unter anderem Mitarbeiter in den Städten Ain Issa, Al-Hol, Tall Abjad, Kobane und Al-Rakka.
Ungeachtet der gegen Ankara verhängten US-Sanktionen haben die türkischen Truppen gestern ihren Einsatz in Nordsyrien fortgesetzt. Die kurdische YPG drängte die türkische Armee und verbündete syrische Milizen bei einem Gegenangriff in der Grenzstadt Ras al-Ain zurück. Die humanitäre Hilfe in der Region kam nach Angaben der kurdischen Selbstverwaltung komplett zum Erliegen. Der UN-Sicherheitsrat kommt heute zu einer erneuten Sondersitzung zusammen.
Der UN-Sicherheitsrat hatte bereits am vergangenen Donnerstag getagt, sich aber nicht auf eine gemeinsame Position verständigen können. Die europäischen Vertreter forderten anschließend einen Stopp des türkischen Einmarschs.
In Reaktion auf das Vorgehen der Türkei in Nordsyrien verhängten die USA gestern erste Sanktionen gegen die Türkei. US-Präsident Donald Trump hatte der Türkei wiederholt mit Sanktionen gedroht, sollte sie nicht näher genannte rote Linien in Nordsyrien überschreiten. Allerdings hatte er mit dem Abzug von US-Soldaten aus der Region selbst den Weg für die Offensive freigemacht.
Der Abzug ihrer Verbündeten wurde von den Kurden als Verrat empfunden, nachdem sie jahrelang mit den USA gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gekämpft hatten. Nach anderen EU-Staaten legten gestern auch Großbritannien und Spanien ihre Waffenexporte auf Eis. Die EU-Staaten hatten zuvor über ein EU-weites Waffenembargo diskutiert, doch keine Einigung erzielt.
Die UNO prüft derweil Fälle von Hinrichtungen im Schnellverfahren von Zivilisten durch protürkische Milizionäre. Den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) zufolge wurden am Wochenende mindestens neun Zivilisten „hingerichtet“. Ein Sprecher des UN-Menschenrechtsbüros sagte, derzeit würden zwei Videos der mutmaßlichen Hinrichtungen ausgewertet. Er warnte Ankara, dies könnte ein Kriegsverbrechen darstellen und die Türkei dafür verantwortlich gemacht werden. © dpa/afp/aerzteblatt.de

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