Ärzteschaft
Psychosoziale Betreuung von Diabetikern verbesserungsbedürftig
Mittwoch, 16. Oktober 2019
Berlin – Für Eltern mit an Diabetes erkrankten Kindern gibt es nicht genug psychosoziale Hilfen. Darauf haben Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) im Vorfeld der morgigen Tagung „Psychosoziale Versorgung von Menschen mit Diabetes“ in Berlin aufmerksam gemacht.
Der starke Druck durch die Herausforderungen des alltäglichen Krankheitsmanagements kann der DGG zufolge bei Vätern und Müttern Betroffener vermehrt zu psychischen Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen führen. Um ihre Belastungen zu reduzieren, müssten die psychosozialen Behandlungsmöglichkeiten und Strukturen während der ambulanten Langzeitbehandlung gezielt verbessert werden.
„Trotz eines insgesamt hohen Qualitätsniveaus in der Versorgung von Menschen mit Diabetes – und das gilt genauso für Menschen mit Diabetes Typ 2 – gibt es erhebliche Defizite vor allem in der ambulanten psychosozialen Versorgung“, kritisierte DDG-Vizepräsident Andreas Neu, Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Tübingen.
Die Diagnose Diabetes Typ 1 bei einem Kind sei für alle Familien ein Einschnitt in der Lebensplanung, sagte Karin Lange, Leiterin der Forschungs- und Lehreinheit Medizinische Psychologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Auch wenn sie in spezialisierten pädiatrischen Diabeteszentren mit den Herausforderungen der Behandlung vertraut gemacht würden und Schulungen erhielten, sei der Bereich der psychologischen und sozialen Beratung von Familien unzureichend.
Die DDG wies darauf hin, dass in Folge der Erkrankungen zahlreiche Mütter ihre Berufstätigkeit reduzieren oder ganz aufgeben würden, um sich intensiv um das Kind kümmern zu können. Das wiederum habe Auswirkungen auf die ökonomische Situation der Familie und könne zu weiteren psychischen Belastungen führen, hieß es von der DDG mit Verweis auf die AMBA-Studie, die in diesem Jahr in der Fachzeitschrift Diabetologie und Stoffwechsel (doi: 10.1055/s-0039-1688306) erschienen ist.
Deutlich wurde auch, dass sich Eltern mehr psychologische und soziale Beratung wünschen. „Die Belastung für Eltern ist immens und die sich mit zunehmendem Alter des Kinder aneinanderreihenden weiteren ‚Probleme‘, sei es durch Kitas oder Schulen, die eine diabetesgerechte Versorgung nicht zu leisten imstande sind, können ihnen leicht über den Kopf wachsen“, betonte Lange.
Eine Mischung aus Schuldgefühlen und Überlastung führe nicht selten dazu, dass Mütter oder Väter selbst krank werden. „Die Rate an Angststörungen und Depressionen steigt. Besonders betroffen sind dabei Alleinerziehende, Patchworkfamilien und sozioökonomisch benachteiligte Familien“, weiß die Expertin.
Die DDG-Experten mahnen an, dass Eltern mit an Diabetes erkrankten Kindern mehr psychosoziale Unterstützung erhalten. Dazu gehörten beispielsweise Finanzierungskonzepte in der Gesundheitsversorgung, die grundlegende Maßnahmen psychosozialer Versorgung ermöglichen.
Darüber hinaus müsste es innerhalb der ambulanten Langzeitbetreuung die Möglichkeit geben, sich kurzfristig mit Diabetesberatern, Psychologen oder Sozialarbeitern zu besprechen, wobei auch telemedizinische Angebote eine wichtige Rolle spielen könnten. Auch müsse eine niedrigschwellige psychologische Unterstützung angeboten werden. Zusätzlich müsste die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes in Kitas und Schulen qualifiziert sichergestellt werden. Dafür brauche es eine gesetzliche Regelung. © may/EB/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema


Leserkommentare
Um Artikel, Nachrichten oder Blogs kommentieren zu können, müssen Sie registriert sein. Sind sie bereits für den Newsletter oder den Stellenmarkt registriert, können Sie sich hier direkt anmelden.