Vermischtes
Arzt weist Korruptionsvorwürfe in Prozess um Bandscheibenprothesen zurück
Mittwoch, 6. November 2019
Aurich – Im Skandal um defekte Bandscheibenprothesen in Ostfriesland hat ein angeklagter Arzt vor Gericht Korruptionsvorwürfe zurückgewiesen. Der Mediziner soll für den bevorzugten Einsatz von Wirbelsäulenimplantaten eines bestimmten Herstellers unerlaubt Geld erhalten haben.
Die Klinikleitung habe jedoch von seinen Nebentätigkeiten gewusst, ließ der 55-Jährige gestern über seinen Anwalt am Landgericht Aurich mitteilen. Dort begann der Prozess gegen den entlassenen Leiter der Wirbelsäulenchirurgie am Klinikum Leer.
In dem Verfahren geht es in 74 Fällen um Vorteilsannahme und Bestechlichkeit in besonders schwerem Fall. In diesem Zusammenhang ist auch die ehemalige Geschäftsführerin einer Vertriebsgesellschaft angeklagt. Ihr Verteidiger forderte kurz nach Prozessbeginn die Einstellung des Verfahrens aus formalen Gründen.
Die Zentralstelle für Korruptionsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück hatte in dem Verfahren zwei Anklagen verbunden. Danach sollen der Facharzt für Neurochirurgie und ein Unternehmen für Medizinprodukte ein Implantat für die Wirbelsäulenchirurgie entwickelt haben. Der Arzt setzte Patienten die Implantate bei Operationen am Klinikum Leer ein. Dafür wurde er prozentual an Umsätzen beteiligt und erhielt mehr als 14.000 Euro.
Daneben soll der Mediziner von einer weiteren Vertriebsgesellschaft eine fortlaufende Vergütung bekommen haben, damit er Implantate eines bestimmten Herstellers bevorzugt. In der Anklageschrift ist von mehr als 128.000 Euro in den Jahren 2011 bis 2016 die Rede.
Die beiden Angeklagten ließen die Vorwürfe über ihre Verteidiger abstreiten. Der Arzt sei vom Erfolg seines Implantatproduktes überzeugt und habe Zahlungen dafür als Anteil an seiner Erfindung verstanden, sagte sein Anwalt.
Die Unregelmäßigkeiten am Klinikum Leer waren nach dem Rückruf von defekten Implantaten eines britischen Herstellers ans Licht gekommen. Die Klinikleitung hatte darauf die dienstlichen Mails des Arztes geprüft und war auf Provisionsrechnungen gestoßen. Darauf schaltete die Klinik die Polizei ein.
Ein weiterer Prozess gegen den Arzt wegen Körperverletzung in 59 Fällen steht noch aus. Denn viele eingesetzte Implantate hatten sich als schadhaft erwiesen. An den Folgen litten zahlreiche Patienten, sie mussten erneut operiert werden. Das Verfahren um Körperverletzung sollte eigentlich Ende 2018 am Amtsgericht Leer beginnen, wurde aber nach einem Befangenheitsantrag gegen den Richter verschoben. Dieser Prozess beginnt voraussichtlich im kommenden Jahr. © dpa/aerzteblatt.de

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