Ausland
OECD bescheinigt Deutschen gesundheitsschädliche Lebensstile
Donnerstag, 7. November 2019
Berlin – In Deutschland sind gesundheitsschädliche Lebensstile weit verbreitet. Das belegt eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die heute in Paris und Berlin vorgestellt wurde. Danach rauchen 18,8 Prozent der Deutschen, 60 Prozent sind übergewichtig und im Schnitt trinkt jeder Deutsche im Jahr fast elf Liter reinen Alkohol. Damit liegt Deutschland bei all diesen Faktoren über dem Durchschnitt der OECD-Länder.
Der ungesunde Lebensstil sei eine der Ursachen dafür, dass die Deutschen bei bestimmten Indikatoren wie der Lebenserwartung und vermeidbarer Sterblichkeit trotz des sehr guten medizinischen Versorgungsangebots nur im OECD-Mittelfeld lägen.
Um gegenzusteuern, regt die OECD mehr Anstrengungen bei der Prävention an. Dazu gehöre zum Beispiel ein Werbeverbot für Tabak, das es in vielen anderen Ländern bereits gebe. Ein solches Werbeverbot scheiterte in Deutschland bislang am Widerstand der Unionsfraktion im Bundestag.
Die OECD bescheinigt Deutschland allerdings auch einen überdurchschnittlich guten Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen. Das beitragsfinanzierte Leistungspaket sei umfangreich, pro Kopf gebe es mehr Ärzte und mehr Pflegepersonal als im OECD-Durchschnitt.
Auch bei den Krankenhausbetten gehöre Deutschland mit acht Betten pro 1.000 Einwohner gegenüber 4,7 im OECD-Durchschnitt zur Spitzengruppe. Dabei gehe die hohe Verfügbarkeit mit einer starken Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen einher. Außer in Österreich gebe es nirgendwo so viele Krankenhauseinweisungen pro Kopf. Geschuldet sei das der vergleichsweise alten Bevölkerung.
In Deutschland sei jeder Fünfte über 65 Jahre alt. Allerdings würden auch chronische Krankheiten, die ambulant behandelt werden könnten, häufiger als in vielen anderen Ländern stationär versorgt. Das sei zum Beispiel bei Asthma/COPD und Herzinsuffizienz häufig der Fall.
OECD-Analyst Michael Müller hatte bereits gestern im Rahmen eines Webinars angeregt, die Primärversorgung in Deutschland zu stärken und das Sprechstundenangebot auch an Abenden und am Wochenende auszubauen. „Das würde langfristig Kosten sparen“, sagte er. Auch bei den Arztkontakten im ambulanten Bereich liege Deutschland über dem OECD-Schnitt. Das deutet nach Ansicht von Müller auf mangelhaftes Gatekeeping hin.
Der OECD-Studie zufolge wird die Gesundheitsversorgung in allen 36 untersuchten Mitgliedstaaten und acht weiteren Ländern teurer werden. Bis 2030 müssten die Länder im Durchschnitt voraussichtlich 10,2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Gesundheitskosten aufwenden. Das seien 1,4 Prozentpunkte mehr als bisher.
Damit wüchsen die Gesundheitsausgaben in fast allen Ländern schneller als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, so die Analysten. Zu den Kostentreibern gehöre neben der steigenden Zahl chronischer Erkrankungen auch der medizinische Fortschritt. Zu den Ländern, die am meisten für Gesundheit ausgeben, gehören die USA (16,9 Prozent des BIP), die Schweiz (12,2 Prozent) und Deutschland mit 11,2 Prozent. © HK/afp/aerzteblatt.de

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