Ärzteschaft
Marburger Bund will neues Finanzierungssystem für die Krankenhäuser
Donnerstag, 7. November 2019
Berlin – Der Marburger Bund (MB) will, dass, wie in der Pflege, auch die Kosten für die anderen Gesundheitsberufe in den Krankenhäusern aus den Fallpauschalen herausgerechnet werden. Eine 100-Prozent-Finanzierung der Krankenhauskosten über die DRGs (diagnosebezogenen Fallpauschalen) gebe es so nur in Deutschland, sagte der Bundesvorsitzende des MB, Rudolf Henke, heute vor Journalisten in Berlin.
Weil hierzulande die Länder ihren Investitionsverpflichtungen nicht nachkämen, seien die Krankenhäuser Henke zufolge darauf angewiesen, dringend benötigte Investitionen aus dem Personaletat zu subventionieren.
Würden zukünftig die Pflegekosten separat zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen verhandelt, drohten die üblichen Quersubventionen zulasten der anderen Gesundheitsberufe zu gehen, warnte Henke.
Würden dagegen in Zukunft neben der Pflege auch die Personalkosten für die Ärzte aus den DRGs herausgerechnet, betreffe das rund 45 Prozent der Krankenhauskosten. „Dann brauchen wir ein neues Finanzierungssystem“, sagte Henke im Vorfeld der 136. Hauptversammlung des MB an diesem Wochenende in Berlin. „Das ist unsere Forderung.“
Die Arbeitgeber haben zu allem „Nein“ gesagt
Zurzeit verhandelt der MB mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Gehälter und Arbeitsbedingungen der 20.000 Ärztinnen und Ärzte an bundesweit 23 Universitätskliniken.
Neben sechs Prozent mehr Gehalt will die Ärztegewerkschaft auch strukturelle Verbesserungen durchsetzen. So soll die Zahl der Bereitschaftsdienste begrenzt sowie eine verlässliche Dienstplangestaltung und eine manipulationsfreie Arbeitszeiterfassung eingeführt werden.
Den Auftakt der Verhandlungen beschrieb der 2. Vorsitzende des MB, Andreas Botzlar, als ernüchternd. Die Arbeitgeber seien leider „sehr traditionellen Gepflogenheiten“ gefolgt und hätten zu allem „nein“ gesagt. „Wir hätten uns eine inhaltliche Befassung mit unseren Forderungen gewünscht“, erklärte Botzlar. Die nächste Verhandlungsrunde steht am 3. und 4. Dezember an.
Eine weitere Kernforderung des MB in den Verhandlungen mit der TdL betrifft die dauerhafte Sicherung des arztspezifischen Tarifvertrags. Das sei eine wesentliche Voraussetzung für eine Tarifeinigung, betonte Henke.
Zum Hintergrund: Grundsätzlich gilt nach dem Tarifeinheitsgesetz von 2015 in einem Betrieb nur der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft, die dort die meisten Mitglieder hat. In den Krankenhäusern dürfte das in der Regel Verdi sein. Der MB hatte zusammen mit anderen Gewerkschaften gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde erhoben.
2017 kippte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zwar nicht, wie vom MB erhofft. Es stellte aber zwei entscheidende Dinge klar: Zum einen dürfe das Streikrecht kleinerer Gewerkschaften nicht eingeschränkt werden. Zum anderen sei die Verdrängungswirkung des Mehrheitstarifvertrages „tarifdispositiv“. Das bedeutet, dass sich die Gewerkschaften in einem Betrieb im Rahmen der Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern darauf verständigen können, die Mehrheitsregel nicht anzuwenden.
„Wir haben die Schlacht um das Tarifeinheitsgesetz gewonnen“
„Wir haben die Schlacht um das Tarifeinheitsgesetz gewonnen und unsere Tarifrolle verteidigt“, sagte Henke mit Blick auf die seither geschlossenen Tarifvereinbarungen zuletzt mit der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) im Mai.
Die VKA hatte nach zähen Verhandlungen und Warnstreiks eine Klausel zur Sicherung des arztspezifischen Tarifvertrags akzeptiert. Darüber hinaus habe man sich mit Verdi darauf verständigt, in den Krankenhäusern keine Anträge auf Mehrheitsfeststellung zu stellen und das Recht der jeweils anderen Gewerkschaft anzuerkennen, eigene tarifvertragliche Regelungen zu schließen.
Henke kandidiert nicht mehr für den Bundesvorsitz
„Der Marburger Bund ist gut aufgestellt“, sagte Henke, der nach 30 Jahren im Vorstand der Ärztegewerkschaft bei der Wahl zum Bundesvorsitzenden an diesem Wochenende nicht mehr antritt. Ihre Kandidatur für Henkes Nachfolge haben bisher der Chirurg Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des MB, und die Krankenhaushygienikerin Susanne Johna, Landesverbandsvorsitzende des MB in Hessen, angekündigt. © HK/aerzteblatt.de

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