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Ärzteschaft

Hartmannbund will Ende des unkontrollierten Zugangs zu Gesundheits­leistungen

Montag, 11. November 2019

/RFBSIP, stockadobecom

Berlin – Der Hartmannbund hat den Gesetzgeber aufgefordert, Regularien zu schaffen, die den unkoordinierten Zugang von Versicherten zu Leistungen des Gesundheitssystems verhindern. Die dazu eingesetzten Instrumente seien so zu gestalten, dass sie dem medi­zi­nisch indizierten Bedarf gerecht werden.

„Es ist unmöglich, bei begrenzten Mitteln Gesundheitsleistungen in unbegrenzter Menge für alle Bürger zu erbringen“, heißt es in einem Beschluss, den die Delegierten des Hart­mannbundes vorgestern auf der Hauptversammlung des Verbandes in Berlin gefasst ha­ben.

Diese unbegrenzten Möglichkeiten des Einzelnen führten mit Blick auf begrenzte finan­zielle Mittel und Personalressourcen zu einem Mangel an Behandlungskapazitäten zulas­ten derjenigen, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes besonders kurzfristigen Zugang zum System benötigten. „Das Beheben dieses Missverhältnisses findet derzeit einseitig auf dem Rücken der in der Versorgung tätigen Akteure statt“, kritisierten die Delegierten.

Sie verwiesen auf europäische Nachbarländer, in denen es Instrumentarien wie Leis­tungs­begrenzungen, Einschränkungen der Wahlfreiheit des Patienten oder obligatorische Zuzahlungen gebe. Das Instrument der Zuzahlung begrenze zum Beispiel die Inanspruch­nahme von Leistungen, da die Versicherten die selbst zu tragenden Kosten gegen den Nutzen abwägten und ihre Nachfrage gegebenenfalls anpassten.

„Ob dabei Zuzahlungen eine sinnvolle Steuerungswirkung entfalten, hängt vom richtigen Maß ab: Zu niedrige Zuzahlungen entfalten keine Lenkungswirkung. Zu hohe Zuzahlun­gen können bestimmte Personengruppen von notwendigen Inanspruchnahmen abhalten“, heißt es in dem Beschluss.

Herkunft der Wirkstoffe für Arzneimittel deklarieren

Der Hartmannbund hat zudem den Gesetzgeber aufgefordert, die Arzneimittelsicherheit sowohl bezüglich der flächendeckenden Lieferbarkeit als auch der Qualität der Wirkstoffe wiederherzustellen.

„Aktuell haben sich die Lieferengpässe um den Faktor Sechs erhöht“, erklärten die Dele­gier­ten in einem Beschluss. „Die gesetzlichen Krankenkassen müssen dies anstatt des Billigstpreises bei den Ausschreibungen und Rabattverträgen vorrangig berücksichtigen. Das Herstellungsland der Wirkstoffe und Impfstoffe muss zwingend deklariert und die Lieferfähigkeit garantiert sein.“

Die Vergabe von Rabattverträgen erfolge häufig an Firmen, die eine flächendeckende, dauerhafte Versorgung nicht leisten könnten. Das liege daran, dass diese Firmen, damit die Dumpingpreise überhaupt möglich seien, ihre Wirkstoffe in Drittländern wie Indien, China, Pakistan oder Bangladesch herstellen ließen.

Dort bestehe häufig kein Einfluss über und keine Kontrolle der Herstellung, der Rein­raum­qualität und der Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter. Deshalb müsse die Herkunft der Wirkstoffe deklariert sein und es dürften nur Länder berücksichtigt werden, in denen alle Richtlinien der Arzneimittelherstellung und der Arbeitsbedingungen, die in Deutsch­land gelten, regelmäßig kontrolliert würden. Außerdem müsse die Herstellungskapazität für eine kontinuierliche Versorgung gewährleistet sein.

Ruf nach Forschungsförderung für Antibiotika

Zudem hat der Hartmannbund die Politik dazu aufgefordert, weitere geeignete Maßnah­men zu treffen, um die Entwicklung neuer Antibiotika voranzutreiben, zum Beispiel durch gezielte Forschungsförderung, Kostendeckungszusagen und beschleunigte Gesetzge­bungs­verfahren.

Die erfolgreiche Bekämpfung von Infektionskrankheiten drohe sich ins Gegenteil zu ver­kehren. Deshalb bestehe rascher Handlungsbedarf. „Ohne eine schnelle Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika wird es in der Zukunft für heute behandelbare Erkran­kun­gen keine Behandlungsmöglichkeit mehr geben“, mahnte der Hartmannbund.

Delegierte fordern finanzielle Entschädigung für PJ-ler

Darüber hinaus hat der Verband den Gesetzgeber aufgefordert, ein Register für Medizini­sche Versorgungszentren (MVZ) einzuführen, in dem sämtliche Inhaber, Investoren und Verflechtungen mit anderen Unternehmen in einem zugelassenen MVZ nachvollzogen werden können.

Derzeit sei die Informationslage in Bezug auf Inhaberstrukturen und Kettenbildungen von MVZ intransparent. Hier bedürfe es dringend der Abhilfe, um insbesondere Monopolisie­rungs­tendenzen oder anderen ungewünschten Marktentwicklungen mit einer eindeutig gesicherten Faktenlage begegnen zu können.

Der Hartmannbund hat die Politik ebenfalls dazu aufgefordert, eine bundesweit einheit­liche Aufwandsentschädigung für Medizinstudierende im Praktischen Jahr in Höhe des BAföG-Höchstsatzes in der Approbationsordnung zu verankern.

„Studierende im Praktischen Jahr leisten in den Krankenhäusern einen wesentlichen Bei­trag zur Bewältigung des Arbeitsalltags und sind voll in die medizinischen Abläufe inte­griert“, heißt es zur Erklärung.

„Sie setzen sich 40 Stunden in der Woche für die medizinische Versorgung und das Wohl der Patienten ein.“ Neben der Vorbereitung auf das Staatsexamen bleibe ihnen dabei kaum Zeit, einer Nebentätigkeit zur Sicherung ihrer Lebensgrundlage nachzugehen. Es könne daher nicht sein, dass Medizinstudierenden nach fünf Jahren theoretischer Ausbil­dung bei einer 40-Stunden-Woche keine Entschädigung für die geleistete Arbeit zuge­standen werde. © fos/aerzteblatt.de

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