Medizin
Probiotika können Bakteriämie auf Intensivstationen verursachen
Freitag, 15. November 2019
Boston und Haifa – Probiotika sollen auf Intensivstationen Patienten vor den Folgen einer Antibiotikabehandlung schützen. In gar nicht so seltenen Fällen kommt es jedoch zu einer Bakteriämie, die in einer Studie in Nature Medicine (2019; 25: 1728-1732) eindeutig auf die eingesetzten Probiotika zurückgeführt werden konnte.
Auch auf der Intensivstation des Boston Children's Hospital werden zunehmend Probiotika eingesetzt. Am häufigsten sind es Präparate mit dem Milchsäurebakterium Lactobacillus rhamnosus GG (LGG).
Kürzlich schlugen jedoch die Infektiologen der Klinik Alarm. 6 von 522 Kindern (1,1 %), die mit LGG behandelt wurden, entwickelten eine Bakteriämie, und in den Blutkulturen war ebenfalls LGG gewachsen. LGG ist ein ungewöhnlicher Auslöser von Bakteriämien. Er wurde an der Klinik nur bei Patienten gefunden, die Probiotika erhalten hatten.
Eine Genomanalyse am Technion Genome Center in Haifa bestätigte den Verdacht. Die Forscher aus Israel sequenzierten das Genom der Bakterien, die in den Blutkulturen gewachsen waren, und verglichen die Aminosäuresequenz mit den Bakterien aus den Probiotika.
Die Unterschiede waren laut Gregory Priebe von der Harvard Medical School in Boston minimal und sie entsprachen in etwa den Unterschieden, die zwischen den einzelnen LGG aus den Probiotika beobachtet wurden. Auch für Roy Kishony vom Technion Genome Center in Haifa steht fest, dass die Bakterien im Blut aus den Probiotika stammen.
Wie sie in das Blut der Patienten gelangten, ist nicht ganz klar. Der Eintrittsort muss nicht notwendigerweise der Darm sein. Die Pflegekräfte öffnen vor dem Verabreichen der Probiotika die Kapseln, etwa um den Inhalt unter das Essen zu mischen. Dabei könnten die Bakterien an die Hände und bei der nächsten Gelegenheit über die zentralvenösen Zugänge ins Blut der Patienten gelangt sein.
Für den Eintritt über den Darm spricht jedoch eine Mutation, die die Forscher bei den LGG aus der Blutkultur eines Patienten gefunden haben. Die Mutation vermittelte den LGG eine Resistenz auf das Antibiotikum Rifampicin. Sie ist vermutlich auf der Intensivstation unter Einwirkung des Antibiotikum entstanden. Der einzige Ort, wo LGG und das oral verfügbare Antibiotikum zusammengetroffen sein könnten, war der Darm des Patienten. © rme/aerzteblatt.de
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