Ärzteschaft
Unsicherer Anschluss an Telematikinfrastruktur: Kritik an Schuldzuweisung an Ärzte
Donnerstag, 14. November 2019
Berlin – Ein Großteil der Arzt- und Psychotherapeutenpraxen, die an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sind, sollen nicht ausreichend gegen Hackerangriffe geschützt sein. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Gematik sehen die Verantwortung für die IT-Sicherheit bei den Ärzten. Das stieß gestern und heute auf Kritik.
Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) rief Bundesgesundheitsministers Jens Spahn zum sofortigen Handeln auf. Dieser könne sich keinesfalls darauf zurückziehen, dass die Praxen selbst für die Sicherheit der Patientendaten zuständig seien.
Vielmehr sei es Aufgabe der Politik und der vom BMG als Mehrheitseigner beaufsichtigten Gematik, den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten eine klare Richtschnur und eindeutige Vorgaben für die sichere Anbindung an die TI zu geben.
Der Minister könne sich „jetzt nicht hinstellen und mit dem Finger auf die Ärzte und Psychotherapeuten zeigen, die ja selbst für die sichere Installation von Hard- und Software in ihren Praxen zuständig seien“, sagten die KVB-Vorstände Wolfgang Krombholz, Pedro Schmelz und Claudia Ritter-Rupp. Sie bezeichneten es als verantwortungslos, die Praxen jetzt mit dem Problem im Regen stehen zu lassen.
Praxisinhaber seien bei der Digitalisierung den Verantwortlichen ausgeliefert, monierte auch Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von Medi Geno Deutschland. Er erinnert daran, dass die Konnektoren gesetzlich vorgeschrieben seien und ihre Technik von der Gematik vorgegeben ist.
Er beklagte auch, dass die Installationsanweisungen für die Konnektoren häufig nicht eingehalten würden und die Installateure nicht zertifiziert seien. „Oft wurde der Konnektor parallel ohne Firewall installiert“, so Baumgärtner“, „und zwar ganz bewusst, um die Praxis möglichst schnell an die TI zu installieren.“
IT-Sicherheit der Anschlüsse an Telematikinfrastruktur erneut in der Diskussion
Berlin – Mehr als 90 Prozent der Arzt- und Psychotherapeutenpraxen, die über einen Konnektor an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sind, sollen nicht ausreichend gegen Hackerangriffe geschützt sein. Das haben NDR und Süddeutsche Zeitung in der gestern ausgestrahlten Sendung Panorama berichtet. Grundlage für den Bericht ist ein den Redaktionen vorliegendes internes Papier der Gematik [...]
Der Grund für den überwiegenden Parallelbetrieb in den Praxen sei darauf zurückzuführen, dass er gegenüber dem Reihenbetrieb die technisch weniger aufwändige, leichter zu realisierende Installation sei, hatte die Gematik gestern betont. Für den Anschluss an die TI und weitere Sicherheitsmaßnahmen wie Firewalls und Virenschutz seien die Praxen verantwortlich. Dies sei beim Parallelbetrieb erforderlich.
Ein Gematik-Sprecher stellte gestern klar, dass der Konnektor keine zusätzliche Sicherheitsrisiken in die Praxen hineinbringe. Das Vertrauen der Ärzte in den Konnektor dürfe nicht dadurch infrage gestellt werden, weil dem Konnektor eine mangelhafte Praxisinstallation oder unbedachte Internetnutzung in irgendeiner Form angelastet würde. „Der Konnektor ist die sicherste Komponente in der gesamten Praxis“, so der Sprecher.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat unterdessen eine Hotline (Rufnummer: 030 – 4005 / 2000 oder per E-Mail unter it-security@kbv.de) angekündigt, die Ärzten und Psychotherapeuten ab morgen (8 Uhr) für Fragen zum Anschluss an die TI nutzen können. Servicezeiten sind montags bis donnerstags 8 bis 18 Uhr, freitags 8 bis 17 Uhr. Die Kontaktdaten und Fragen der Anrufer werden aufgenommen. Es erfolgt ein fachlicher Rückruf spätestens am Morgen des Folgetages, so die KBV. © may/KBr/aerzteblatt.de
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