Politik
Strafvollzug für psychisch kranke Täter wieder in Landeshoheit von Thüringen
Mittwoch, 20. November 2019
Erfurt – Für die Betreuung psychisch kranker Straftäter soll in Thüringen statt privater Klinikbetreiber künftig wieder das Land zuständig sein. Der Maßregelvollzug komme damit nach 20 Jahren wieder in staatliche Hoheit, sagte Sozialministerin Heike Werner (Linke) gestern in Erfurt. Diese Grundsatzentscheidung habe die Landesregierung gefällt.
Werner sagte, es gehe um die „Wiederherstellung des verfassungsrechtlichen Normalzustandes“. Schließlich gehe es um einen Teil des Strafvollzugs und einen „hochsensiblen Bereich“. Zudem würden mindestens 3 bis 4 Prozent der bisherigen Kosten gespart. Nach Angaben von Werner gibt Thüringen in diesem Jahr 41 Millionen Euro für den Maßregelvollzug aus. 2002 war dieser Bereich privatisiert worden.
Mit der Rückübertragung in Hoheit des Landes liegt Thüringen allerdings nicht im Trend: Nur fünf Bundesländer, darunter Sachsen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, haben derzeit einen staatlichen Maßregelvollzug, elf eine private Regelung.
Nach Angaben der Ministerin wurden die über 20 Jahre laufenden Verträge mit den Helios Fachkliniken in Hildburghausen und dem Ökumenischen Hainich Klinikum Mühlhausen gekündigt. Sie liefen damit Ende 2021 aus, 2022 sei dann das Land für den Maßregelvollzug zuständig und werde dafür auch Personal einstellen.
In diesen beiden Krankenhäusern gebe es insgesamt 228 Plätze für verurteilte Straftäter, die psychisch oder suchtkrank seien. Von der Entscheidung betroffen seien rund 300 Fachkräfte, darunter Ärzte und Pfleger in den beiden Kliniken.
Werner kündigte Gespräche an. Es gehe um eine Übernahme des Personals in den Landesdienst. Zumindest bei den Betriebsräten der beiden Kliniken stoße die Verstaatlichung des Maßregelvollzugs auf Unterstützung.
Der Vertrag mit dem Asklepios Fachkrankenhaus Stadtroda mit 83 Plätzen für verurteilte Straftäter sei ebenfalls gekündigt worden. Er habe jedoch eine Laufzeit von 30 Jahren und bestehe damit noch bis Ende 2031. „Wir haben von unserem Kündigungsrecht gebrauch gemacht.“
Mit der Übernahme des Maßregelvollzugs würde auch möglichen Interessenkonflikten der privaten Klinikbetreibern vorgebeugt, auch wenn es dafür bisher keine Anhaltspunkte gebe. Schließlich handele es sich bei diesen um Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften müssten.
In den bisherigen Zahlungen des Landes für den Maßregelvollzug seien auch Gewinnzuschläge von bis zu 4 Prozent enthalten. Die Ministerin schloss einen Neubau für den Maßregelvollzug aus. Vorhandene Gebäude würden genutzt. © dpa/aerzteblatt.de

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