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Krankenhaus-IT: Digitaler Reifegrad lässt noch sehr zu wünschen übrig

Montag, 9. Dezember 2019

/sudok1, stockadobecom

Berlin – Klinische Prozesse werden nur partiell und unzureichend durch IT-Systeme un­terstützt, sodass der potenzielle Nutzen der Digitalisierung an vielen Stellen nicht aus­geschöpft werden kann. Das hat eine Zwischenauswertung von Nutzerdaten des Analy­setools „Check IT“ ergeben.

Mit dem vom Marburger Bund (MB) und dem Bundesverband Gesundheits-IT entwickel­ten Tool können Ärzte seit Ende Mai 2019 systematisch den Nutzen von IT-Lösungen in 88 klini­schen Einzelprozessen bewerten.

In die jetzt vorgelegte erste, nicht repräsentative Auswertung sind die Angaben von mehr als zweihundert Krankenhausärzten eingeflossen. Sie liefert detaillierte Daten zur Pro­zess­unterstützung (Verfügbarkeit & Nutzung), Nutzbarkeit (Usability) und zum Nutzen (Wirkung) von IT-Lösungen in klinischen Arbeitsprozessen.

Digitaler Reifegrad nur bei 48 Prozent

Der durchschnittliche digitale Reifegrad der teilnehmenden Kliniken liegt demnach bei lediglich 48 Prozent. Gründe für die unzureichende IT-Unterstützung liegen laut Marbur­ger Bund vor allem in der fehlenden Verfügbarkeit, im Nebeneinander von analogen und digitalen Prozessen und damit verbundenen Medienbrüchen sowie in einer unzureichen­den Funktionalität für eine vollständige Prozessunterstützung.

So gab etwa die Hälfte der Teilnehmer an, dass die notwendige Software nicht überall verfügbar ist, wo sie benötigt wird, sondern etwa nur an einzelnen Arbeitsplätzen oder in einigen Abteilungen. Nur 16 Prozent der Teilnehmer bejahten weitgehend oder vollstän­dig, dass mobile Endgeräte und damit nutzbare klinische Programme verfügbar sind, bei der WLAN-Verfügbarkeit waren dies 26 Prozent der Teilnehmer.

Die zehn häufigsten Nutzenpotenziale von IT in klinischen Prozessen

  • Die Dokumentationsqualität erhöht sich.
  • Die Verfügbarkeit von klinischen Informationen wird verbessert.
  • Bessere Bewältigung von Dokumentationspflichten und Bürokratie.
  • Der Status von Aufträgen und Verordnungen kann besser verfolgt werden.
  • Die Patientensicherheit wird höher.
  • Arbeitsabläufe werden durch Standardisierung von Behandlungsprozessen unterstützt.
  • Der Einsatz von Personal, Zeit, Raum und Material kann besser gesteuert werden.
  • Es erfolgt eine Standardisierung der klinischen Dokumentation in Struktur und Terminologie.
  • Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird verbessert.
  • Ein kontinuierliches Qualitätsmonitoring wird ermöglicht und verbessert.

Die technologischen und nicht technologischen Rahmenbedingungen sind nach Auf­fassung der Teilnehmer insgesamt meist nur minimal bis teilweise erfüllt. Zu Ersteren zählen beispielsweise Aspekte wie IT-Sicherheit, Infrastruktur, Standards, Interoperabili­tät oder Nutzerfreundlichkeit.

Nicht technologische Rahmenbedingungen umfassen die Wirtschaftlichkeit digitaler Pro­jekte, die Verfügbarkeit von Ressourcen, Governance und Gesetzgebung. Vor allem bei den erstgenannten Kategorien (Wirtschaftlichkeit und Ressourcen) werden große Defizite gesehen: Mehr als die Hälfte der Teilnehmer schätzt diese Kategorien laut Erhebung als gar nicht oder minimal erfüllt ein.

Im Hinblick auf die technologischen Rahmenbedingungen gaben beispielsweise 73 Pro­zent der Teilnehmer an, dass „Patientenkommunikation & sektorenübergreifende Vernet­zung“ gar nicht oder nur minimal umgesetzt seien, 67 Prozent schätzten dies entspre­chend für den mobilen (internen) Datenzugriff ein und 51 Prozent für Interoperabilität.

IT-Sicherheit als Nutzenhemmnis

Die mit deutlichem Abstand am ehesten erfüllten Rahmenbedingungen sind der Analyse zufolge ein kontrollierter Datenzugriff sowie IT-Sicherheit und Datenschutz. Dies scheint sich jedoch nicht fördernd auf die Nutzenentfaltung von IT auszuwirken – eher im Ge­gen­teil: Zwischen 29 und 32 Prozent aller Teilnehmer schätzten diese Rahmenbedingun­gen sogar als hemmend ein.

Als ebenso unzureichend bewerteten die teilnehmenden Ärzte die fehlende Unterstüt­zung durch IT-Programme, die häufig nicht die erforderlichen Funktionen haben, um alle Arbeitsschritte digital umzusetzen.

Sie kritisieren auch die fehlende Nutzerfreundlichkeit von Hard- und Software, etwa bei der Anmeldung und Authentifizierung. Vielfach schätz­ten sie die verfügbare Hard- und Software als veraltet ein.

Hintergrund: Mit der Checkliste sollen die klinischen Anwender im Krankenhaus eine Mög­lichkeit zur Selbsteinschätzung und zur Ableitung von Handlungsempfehlungen für eine prozessorientierte digitale Nutzenrealisierung erhalten.

Gleichzeitig soll das Analy­se-Tool bessere Daten zur Prozessunterstützung, zur Nutzbar­keit und zum Nutzen von IT-Lösungen in Krankenhäusern liefern, um Schwachstellen auf­zuzeigen und ein Benchmar­king auf diesem Gebiet zu unterstützen. © KBr/aerzteblatt.de

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