Ausland
Johnson & Johnson droht Millionenzahlung wegen mangelhafter Beckenbodennetze
Donnerstag, 21. November 2019
Sydney – Ein australisches Gericht hat den Pharmakonzern Johnson & Johnson heute der Fahrlässigkeit für schuldig befunden, weil er mangelhafte Beckenboden-Netzimplantate ohne ausreichende Tests oder Gesundheitshinweise auf den Markt gebracht hatte.
Bundesrichterin Anna Katzmann bestätigte eine Sammelklage von mehr als tausend Australierinnen, die gegen das Unternehmen vorgehen. Johnson & Johnson drohen damit Schadenersatzzahlungen in Millionenhöhe.
Die Frauen klagen über katastrophale Nebenwirkungen der Netzimplantate, die eigentlich die Beckenbodenmuskeln stärken sollen. Die Richterin schloss sich der Sicht der Klägerinnen an, wonach drei Firmen der Johnson & Johnson-Gruppe die minderwertigen Produkte ohne ausreichende klinische Tests auf den Markt gebracht und damit verbundene mögliche Gefahren heruntergespielt hatten.
„Die Risiken waren bekannt, nicht unerheblich, und konnten bedeutenden und schweren Schaden verursachen – wie der Beklagte selbst eingeräumt hat“, befand Bundesrichterin Katzmann. Angebracht gewesen wäre ein „sehr viel umsichtigeres Vorgehen“.
Laut den Anwälten der Klägerinnen verursachten die Implantate unter anderem Inkontinenz, Entzündungen und chronische Schmerzen. „Es war ein weiter Weg zur Gerechtigkeit für die vielen Frauen, deren Leben durch die fehlerhaften Netzimplantate zerstört wurden“, sagte Rebecca Jancuaskas von der Anwaltskanzlei Shine Lawyers, die die Sammelklage eingereicht hatte.
Über die Höhe des Schadenersatzes in dem Verfahren soll im kommenden Jahr entschieden werden. Der Prozess ist nur einer von von mehreren gegen Netzimplantat-Hersteller in aller Welt. Allein in den USA sind zehntausende Klagen anhängig.
Die Netze waren in Australien mehr als zehn Jahre lang im Handel, bis 2017. Das synthetische Gewebe sollte Frauen helfen, die nach Geburten an schwacher Beckenbodenmuskulatur oder unkontrolliertem Urinverlust litten. Die Netze sollten überdehntes oder gerissenes Gewebe unterstützen. Dazu wurden sie – ähnlich wie eine Hängematte – mit einer Operation im Becken fixiert.
Bei Frauen, die sich solche Netze einsetzen ließen, hatte dies unter anderem Gewebeschäden, Entzündungen und Inkontinenz zur Folge. Viele Betroffene gaben an, keinen schmerzfreien Sex mehr haben zu können. Entwickelt wurden die Netze von dem Pharmaunternehmen Ethicon, das zu Johnson & Johnson gehört. © dpa/afp/aerzteblatt.de

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