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Politik

Kassenverbände gegen Aufweichungen bei Morbi-RSA-Reform

Montag, 16. Dezember 2019

/picture alliance / Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Berlin –Im Vorfeld der Anhörung zum Faire-Kassenwettbewerbsgesetz am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestags werben alle Krankenkassenlager für ihre jeweiligen Positionen bei der geplanten Reform des Morbi-RSA. Der milliardenschwere Finanz­ausgleich zwischen den Krankenkassen ist inzwischen der Fokus des Gesetzes, ebenso wie einzelne Regelungen gegen die mögliche Manipulation von Diagnosen bei Versorgungs­verträgen sowie eine Reform des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes.

Nachdem vergangene Woche der AOK Bundesverband gemeinsam mit einigen Ärzteverbänden für Änderungen speziell bei Versorgungsverträgen geworben haben, sprachen sich heute in Berlin der Verband der Ersatzkassen (vdek), die Innungskran­kenkassen (IKK) sowie der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) gegen größere Veränderungen am Gesetzestext aus.

Reformpaket darf nicht aufgeschnürt werden

Es sei mit dem Gesetz ein „gutes, ausgewogenes Gesamtpaket gelungen“, hieß es von den Kassenverbänden, die gemeinsam 60,4 Prozent und damit 44,1 Millionen Menschen in der gesetzlichen Krankenkasse versorgen. Überlegungen, nun an einzelnen Komponenten des Morbi-RSA Veränderungen vorzunehmen, lehnen die drei Verbände ab: „Das Reformpaket darf nicht aufgeschnürt werden“, sagten unisono die drei Vorstandsvorsitzenden der Verbände, Ulrike Elsner (vdek), Franz Knieps (BKK-Dachverband) und Jürgen Hohnl (IKK), vor Journalisten in Berlin.

So müsse der Plan, ein Vollmodell zur Erfassung aller Krankheiten auch „zwingend“ mit der Einführung einer Manipulationsbremse versehen werden. Bislang werden im Morbi-RSA 80 Krankheiten erfasst, für die bei Dokumentation eines Arztes die Krankenkassen entsprechende zusätzliche Zuweisungen für ihre Versicherten erhalten. Auch müsste die geplante Regionalkomponente, mit der unterschiedliche Versorgungskosten in der Region berücksichtigt werden, erhalten bleiben.

Prävention besser finanzieren

Gestrichten werden sollte der Rechenparameter der Erwerbsminderungsgruppen und eingeführt werden sollte ein sogenannter Risikopool, mit dem Krankenkassen für besonders teure Therapien und Behandlungen ihrer Versicherten mehr Zuweisungen bekommen. Ebenso wirbt das Bündnis für die Einführung einer Präventionskomponente, damit auch diese Bemühungen einzelner Krankenkassen besser finanziert werden.

Die unterschiedliche Finanzierung der Krankenkassenverbände sowie die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds sei inzwischen eklatant, berichteten die drei Verbände. Nach aktuellen Zahlen von Herbst 2018 vergrößere sich die „Schere“ der Zuweisungen immer mehr: So bekämen die AOKen pro Versicherten 59 Euro mehr aus dem Gesundheitsfonds als es im Durchschnitt für die Versorgung benötigt werden würde. Bei dieser Berechnung liegen die Ersatzkassen bei minus 38 Euro und damit unter dem Schnitt, die Betriebs­kranken­kassen bei 29 Euro unter dem Schnitt und die IKKen erhielten 34 Euro weniger als der Durchschnitt.

„Und aus meiner Sicht sollte Betrug in der Gesetzlichen Krankenversicherung keinen Platz haben.“ Franz Knieps (BKK-Dachverband)

Dezidiert sprachen sich alle drei Verbände heute vor Journalisten gegen eine Aufweichung der geplanten Manipulationsbremse beim Morbi-RSA aus. „Es geht in dem Gesetz um eine Präzisierung sowie um eine einheitliche Prüfung der Verträge. Diagnosen können nicht weiter abrechnungsrelevant sein“, betonte vdek-Vorsitzende Elsner. Für Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK-Dachverbandes sei das „SGB V keine unverbindliche Empfehlung des Ministers“, daher müsse an der Manipulationsbremse bei Versorgungs­verträgen unbedingt festgehalten werden. Da es durch den Morbi-RSA immer mehr Daten über das Versorgungs- und Kodiergeschehen gebe, sei die „Anleitung zum Betrug“ durch Kodierung hier definitiv möglich. „Und aus meiner Sicht sollte Betrug in der Gesetzlichen Krankenversicherung keinen Platz haben.“

Auch andere Krankenkassen machen via Pressemitteilung in den vergangenen Tagen Stimmung für oder gegen das Gesetz: In einer Mitteilung der Siemens BKK, die nach eigenen Angaben eine Millionen Menschen versichert, lehne man zwar die „Verquickung von Kodierung und Vergütung“ ab. Gleichzeitig müsse die Qualität der Kodierung so gut sein, dass sie ein „realistisches Bild der Krankheitslage in Deutschland widerspiegeln“. „Aber das kann nur für alle Kassen gleichermaßen über Unterstützungssysteme in der Praxissoftware gelöst werden und nicht über Einzelverträge, die zu einem kassenbezogenen Kodierwettbewerb führen“, heißt es in einer Mitteilung.

Aus dem Landesverband der Betriebskassen in Bayern erklärt Vorstandsvorsitzende Sigrid König: „Wenn Krankenkassen mit einem Marktanteil von mehr als 60 Prozent gemeinsam das Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz befürworten, dann unterstreicht dies auch den dringenden Handlungsbedarf der Reform des Krankenkassenfinanzausgleichs. Das Zusammenspiel von AOK, Knappschaft, SPD und einem AOK nahen Wissenschaftler ist durchsichtig. Wir bitten den Koalitionspartner SPD, sich der wahren Sachlage anzunehmen“, hieß es heute in einer Mitteilung.

Während die Krankenkassen sich um die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds streiten, bedeutet das Faire-Kassenwettbewerbsgesetz für die Vertragsärzte, dass es in drei Jahren verbindliche Kodierregeln geben wird. Diese wurden 2012 noch aus damaligen Gesetzesvorhaben gestrichen. Hier sieht die KBV „weitere, nicht genauer definierte Kodiereffekte“, heißt es in der Stellungnahme zum Gesetz. © bee/aerzteblatt.de

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