Medizin
Cholesterin: Antisense-Oligonukleotid senkt Lipoprotein A
Montag, 6. Januar 2020
San Diego – Ein Antisense-Oligonukleotid hat in einer Phase-2-Studie bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen dosisabhängig die Produktion von Lipoprotein A in der Leber gehemmt. Die im New England Journal of Medicine (2020; doi: 10.1056/NEJMoa1905239) vorgestellten Ergebnisse haben bereits eine Phase-3-Studie veranlasst, die erstmals eine Behandlung des atherogenen Risikofaktors ermöglichen könnte.
Lipoprotein A (Lp(a)), gehört zu den Molekülen, die das fettlösliche Cholesterin im wasserlöslichen Blut transportieren. Es hat Ähnlichkeiten zum bekannteren LDL („Low-density Lipoprotein“) und ist wie dieses ein kardiovaskulärer Risikofaktor. Da die Medikamente, die das LDL-Cholesterin senken, einschließlich den PCSK9-Inhibitoren, bei Patienten mit erhöhtem Lp(a) nicht immer befriedigende Cholesterinwerte erzielen, könnte es für Medikamente, die die Konzentration von Lp(a) senken, eine medizinische Indikation geben.
Einen möglichen Ansatzpunkt bilden Antisense-Oligonukleotide, die an der Boten-RNA binden und dadurch die Produktion eines Proteins verhindern. Ein solches Antisense-Oligonukleotid ist AKCEA-APO(a)-LRx (auch ISIS 681257 oder TQJ230) der Firma Ionis Pharmaceuticals aus Carlsbad in Kalifornien, die sich auf die Entwicklung von Antisense-Oligonukleotiden spezialisiert hat.
Der Wirkstoff wurde in einer Phase 2-Studie an 286 Patienten getestet, die erhöhte Lp(a)-Werte (204,5 bis 246,6 nmol/l) hatten und bereits unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen litten. Die Patienten erhielten subkutane Injektionen von AKCEA-APO(a)-LRx in 3 unterschiedlichen Dosierungen (20 mg, 40 mg, 60 mg) in 2 unterschiedlichen Intervallen (alle 2 oder alle 4 Wochen) im Vergleich zu Placebo.
Nach den von Sotirios Tsimikas von der Universität von Kalifornien in San Diego und Mitarbeitern vorgestellten Ergebnissen wurden die besten Ergebnisse unter einer wöchentlichen Dosis von 20 mg erzielt. Fast alle Patienten (98 %) erreichten das Behandlungsziel, das in einer Senkung des Lp(a) auf unter 125 nmol/l (50 mg/dl) bestand.
zum Thema
- Studie im NEJM 2020
- Pressemitteilung des Herstellers
- Registrierung der aktuellen Studie
- Registrierung der Phase-3-Studie
aerzteblatt.de
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Diese Dosis, allerdings als einmalige monatliche Injektion von 80 mg, wurde deshalb für die Phase-3-Studie gewählt, die in diesen Wochen beginnen und an der weltweit 7.680 Patienten teilnehmen sollen. Ergebnisse sollen im April 2024 vorliegen – es sei denn, der primäre Endpunkt, eine Reduktion von schweren kardiovaskulären Endpunkten, wird bereits früher nachgewiesen.
Probleme zur Verträglichkeit sind bisher nicht aufgetreten. Die häufigste Nebenwirkung waren Lokalreaktionen an der Injektionsstelle. © rme/aerzteblatt.de

Lipoprotein (a): Nachher ist man immer schlauer
Obwohl schon etwas in die Jahre gekommen, so liefert doch die Übersichtsarbeit von Rüdiger Siekmeier, Hubert Scharnagl, Gert M. Kostner, Tanja Grammer, Tatjana Stojakovic und Winfried März im J Lab Med 2007;31(3):109–124 mit dem Titel „Lipoprotein(a) – Struktur, Epidemiologie und Funktion“ (findet sich frei herunterladbar auf der Verlagsseite von DeGruyter) einen umfassenden Überblick zu diesem interessanten Molekül. Insbesondere der Abschnitt „Lp(a) und Hämostase“ ist zu empfehlen. „So ist Lp(a) in der Lage, sowohl kompetitiv die Bindung von Plasminogen an Fibrinogen und Fibrin als auch die fibrinabhängige Aktivierung von Plasminogen zu Plasmin über den Gewebeplasminogenaktivator zu hemmen.“ Und weiter: „Darüber hinaus stimuliert Lp(a) die Synthese von Plasminogenaktivator-Inhibitor I (PAI-I) in Endothelzellen bzw. von PAI-II in Monozyten“. Damit nicht genug: „Eine weitere, ebenfalls die Entstehung von Thrombosen begünstigende Verbindung zwischen Lp(a) und dem fibrinolytischen System findet sich in dessen Eigenschaft, an Tissue Factor Pathway Inhibitor (TFPI), zu binden und diesen zu inaktivieren.“ Mit anderen Worten: Lp(a) kann nicht nur die Fibrinolyse hemmen, sondern auch die Gerinnung aktivieren, was beides im Endeffekt zu einer erhöhten Thromboseneigung führt.
Lassen Sie uns also abwarten, was das Ergebnis der Phase-3-Studie mit den „Antisense-Oligonukleotiden“ sein wird: Man darf gespannt sein.

Her Practicus
Hinsichtlich Cholesterinsenker: In diesem Portal war schon zu lesen, dass durch Senkung der Blutfette das Risiko für Gehirnblutungen steige. Ist auch nicht überraschend, denn wenn auf diesen Reparatur-Prozess hemmend Einfluss genommen wird, wird sein Zweck durchkreuzt: Sein Zweck ist die Verhinderung arterieller Lecke.

Herr Wolfbeißer
Dass Cholesterin nur bei einer enddothelialen Funktionsstörung zur Plaquebildung führt, ist lange bekannt - aber die Endothelfunktion wird nicht nur durch Rauchen gestört, sondern auch durch Bluthochdruck, Infektionen (Viren und Bakterien) und weitere Faktoren, die sich nicht so einfach beseitigen oder vermeiden lassen.

Therapieoption bei Lp(a) Erhöhung
412–423; Burgess et al. JAMA Cardiol 2018;3:619-627, (Lamina et al., JAMA Cardiol 2019; 4: 575–579).

Die medizinische Definition von Risikofaktor …
Eine Wissenschaft, die vorsieht, einen Risikofaktor zu bekämpfen, ohne Gewissheit darüber zu haben, ob er die unerwünschte Sache verursacht, kann nicht als solide bezeichnet werden. Aus der Wikipedia: »Es konnte jedoch bisher kein biologischer Mechanismus nachgewiesen werden, der über das Cholesterin bzw. einen erhöhten Cholesterinspiegel zur Plaquebildung führt«. Über das Lipoprotein-a verfügen nur solche Arten, deren Organismus nicht imstande ist, Vitamin C zu synthetisieren. Dieses Lipoprotein-a dient dazu, um die nachteilige Wirkung zeitweiligen Vitamin-C-Mangels für die Bindegewebe zu verhindern. Lipoprotein-a-Hemmung ist Befundkosmetik.

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