Medizin
Männliche Fertilität: Zink und Folsäure in Multicenterstudie ohne Effekt
Dienstag, 21. Januar 2020
Die Schlussfolgerung der Autoren, dass diese Studie die Nahrungsergänzung mit Zink und Folsäure bei Männern mit unerfülltem Kinderwunsch nicht rechtfertigen könne, hält auch Sabine Kliesch vom Universitätsklinikum Münster für richtig.
Die Männer erhielten täglich über 6 Monate entweder 5 mg Folsäure und 30 mg Zink (n = 1.185) oder einen Placebo (n = 1.185). Von 2.370 Männern im Durchschnittsalter von 33 Jahren, stellten fast 1.700 ein halbes Jahr nach der Supplementierung mit Nahrungsergänzungsmitteln Spermien zur Auswertung zur Verfügung. Die Ergebnisse der Lebendgeburten waren für alle Paare verfügbar.
Das Durchschnittsalter des Mannes liege unter dem typischen Alter (38 Jahre) derer, die ein Kinderwunschzentrum in Deutschland aufsuchen würden, erklärt Kliesch, die nicht an der Studie beteiligt war. Gleiches gelte für die Partnerinnen, die mit knapp 31 Jahren ebenfalls jung seien (36 Jahre bei Behandlung in einem Kinderwunschzentrum in Deutschland laut Deutschem IVF Register, DIR, 2019), so die Expertin der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU). „Die Ausgangswerte der Ejakulatuntersuchungen spiegeln zudem ein Patientenkollektiv wider mit eher moderaten Fertilitätseinschränkungen: die Patienten wiesen im Mittel eine Normozoospermie auf.“
Zink und Folsäure ohne EInfluss auf Zahl der Lebensgeburten
Ungefähr die Hälfte der Paare unterzog sich einer IVF, die andere Hälfte erhält leichtere Formen einer unterstützenden Kinderwunschbehandlung. Die Lebendgeburtenrate lag im Behandlungs- und Placeboarm relativ hoch, erklärt die Ärztin aus Münster auf Anfrage des Deutschen Ärzteblatts. Die Zahl der Lebendgeburten unterschied sich zudem nicht signifikant zwischen den Behandlungsgruppen (404 [34 %] in der Folsäure- und Zinkgruppe versus 416 [35 %] in der Placebogruppe; Risikodifferenz -0,9% [95% CI, -4,7% bis 2,8%]).
Die Spermienqualität beurteilten die Forscher anhand der Spermienkonzentration, Motilität, Morphologie, Volumen, und der Gesamtzahl der beweglichen Spermien. Auch hierfür konnte die Analyse nach 6 Monaten keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zur Placebogruppe finden. Allerdings lagen auch nur bei 67 % der behandelten Patienten Ejakulatergebnisse nach Therapie mit Zink und Folsäure vor, gibt Kliesch zu Bedenken.
Bei einem weiteren Paramenter konnten die Forscher hingegen Unterschiede nachweisen: Die DNA-Fragmentierung nahm bei Folsäure- und Zinksupplementierung signifikant zu im Vergleich zur Placebogruppe (29,7 % fargmentierte DNA versus 27,2 % in der Placebogruppe) Die absolute mittlere Differenz von 2,4 % (95 % CI, 0,5% bis 4,4%) hält Kliesch allerdings für „nicht sehr groß“. Apoptotische Spermien, die man an einer DNA-Fragmentierung erkennt, sind nicht in der Lage, Eizellen zu befruchten. Eine erhöhte DNA-Fragmentation der Spermien könne zudem mit schlechteren Schwangerschaftsraten und Aborten einhergehen, erklärt die Chefärztin in der Abteilung für Klinische und Operative Andrologie.
Auch gastrointestinale Symptome waren häufiger mit Folsäure- und Zink-Supplementierung im Vergleich zu Placebo (Bauchbeschwerden oder Schmerz: 66 [6%] gegenüber 40 [3%], bzw. Übelkeit: 50 [4%] versus 24 [2%]; und Erbrechen: 32 [3%] versus 17 [1%]).
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Eine frühere Studie konnte hingegen zeigen, dass eine gesunde Ernährung bei Männern die Spermienqualität verbessert (Human Reproduction 2008). Bei einer folsäurearmen Ernährung stieg die Zahl der Spermien mit chromosomalen Abberationen.
Auch in Deutschland würden Ärzte dazu neigen, ihren Kinderwunschpatienten Nahrungsergänzungsmittel zu empfehlen, sagt die Ärtztin vom Universitätsklinikum Münster und verweist auf zahlreiche Werbeaktivitäten der Hersteller. „Diese Studie ist definitiv höher zu bewerten als bisherige, zum Teil nicht gut kontrollierte Studien, die zudem deutlich geringere Fallzahlen aufweisen und zum Teil auch nicht die Lebendgeburtenraten als Ergebnisparameter berücksichtigen“, berichtet Kliesch und betont, dass Lebendgeburten das entscheidende Ziel bei Paaren mit Kinderwunsch seien. Bei der Empfehlung von Nahrungsergänzungsmitteln sei daher Zurückhaltung geboten.
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Ergänzung zu Schollbach
Interessant wäre gewesen, wie hoch der Spiegel an Dihydrotestosteron und Progesteron bei den Probanden war, ebenso der BMI bzw. der Körperfettgehalt und welche Vorerkrankungen die Probanden hatten. Eine Analyse von TH1 zu TH2 wäre ebenso interessant gewesen. Ferner, wie hoch der Magnesiumspiegel war. Sich nur auf Zink und Folsäure zu beziehen ist nicht wirklich sinnvoll. Zur Bildung von Hormonen im Körper braucht es eben ein wenig mehr inkl. Cholesterin, was ja so von vielen verflucht wird. Auch hier wäre interessant gewesen, wie viele von den Probanden haben Statine genommen? Alles in allem ist die Betrachtung zu oberflächig.

Dip.-Agr.-Ing

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